Deggendorf
Martina Schwarzmann: Skurrile G’schichten von „dahoam“

09.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:59 Uhr
Josefine Eichwald

„Danke, dass ihr da seid“: Nachdem die Eintrittskarten wegen der Corona-Verschiebungen lange Zeit am Kühlschrank hängen geblieben waren, hat die Liedermacherin und Kabarettistin Martina Schwarzmann an zwei Abenden die Deggendorfer Stadthalle gerockt. −Foto: Eichwald

Eigentlich ist es „ganz einfach“ – und trotzdem ist das, was Martina Schwarzmann am Samstag- und am Sonntagabend in der Deggendorfer Stadthalle so unprätentiös, oft auch lakonisch zelebriert hat, ein Phänomen: Denn mit simplen Alltags-Geschichten von „dahoam“, freilich ausgeschmückt und überzeichnet, mit Begebenheiten aus dem Familien- und Landleben hat die Kabarettistin und Liedermacherin zweimal 2000 Fans aus dem Häuschen gebracht.

Das hörbare Dauerschmunzeln bei ihrem „persönlichen Neujahrsempfang“ am Samstag – es war Martina Schwarzmanns erster Auftritt 2023 – wurde nur von gelegentlichem Hüsteln oder Räuspern aus der Halle unterbrochen. Und anfangs von einem kurzen, lautstarken Wortwechsel draußen: „Da unterhalten sich zwei“, reagierte Schwarzmann spontan amüsiert und forderte ihr Publikum zum „staad sei“ auf, „dass man was hört“.

Die anekdotischen Plaudereien ergänzten sich mit den einfach gestrickten Songs zur Gitarre. Die haben nachdenkliche Momente wie in „Ewig lem is nix“ oder witzig-absurde wie in „Flach zammgfahrna eitrockneter Frosch“. Die Lieder machen das Gesagte mit Herzblut und erfrischender Poesie zu Episoden aus einem Guss, etwa wenn es darum geht, dass Schwarzmann „die Schnauze voll hat von dem Heimatscheiß“, und wenn sie sich wünscht, dass die Welt wieder bunt wird „und ned nur blau und weiß“. In diesem Zusammenhang bezieht sie Stellung zur Frage, wie selbstverständlich sie Dialekt spricht: „Der kommt einfach so raus, wie wenn man in d’Hosen bieselt.“

So sind ihre humoristischen Schlussfolgerungen oft sehr grobkörnig und deftig geradeheraus, wie beim Lied „Sonne aus dem Arsch“, und manchmal ist auch ein wenig zu viel Schmarrn dabei, zum Beispiel, wenn sie aus Silberfischchen mit dem Thermomix Silberglanz herstellt.

In Tonlage und Ausdruckskraft wunderbar differenziert parodiert Martina Schwarzmann den Männerstammtisch mit dem Austragsbauer Karl, 75, dem Hax, dem Flex und dem Schädel. Da sei sie „vorbeigehendes Mitglied“, wenn sie sich in der Semmelschlange beim Bäcker einreiht.

Sie belächelt den Veganer, der zweiter Schützenkönig geworden ist und eine Tofukette umgehängt bekommen hat, samt den Leserbriefen, die dann erschienen sind und Fragen aufgeworfen haben, warum ein Veganer schießen können muss, „weil das Gemüse doch ned weg läuft“. Und sie erzählt von E-Mails mit der Betreffzeile „nur so“, wo sie was erzählen will und es egal ist, wann es gelesen wird. Sie würdigt das „tiny house“: „Host koa Arbeit, schaust nur raus...“

Dabei weiß sie genau, wann sie als erste ein Problem hat: „Wenn mir Google nix vorschlägt.“ Sie berichtet von einfach gestrickten Lösungen für den Haushalt wie dem Kompressor als Mittel gegen die Eiterpustel, von überreifen Bananen, die im Toaster stecken geblieben sind, weil man dort doch auch altes Brot aufbacken kann und über Verhaspelungen, die sich Bekannte leisten, wie „Umgebungsstraße“. „Des kannst so ned stehen lassen“, hat sie korrigiert, dass das „Umgehungsstraße“ heißt, weil man ja den Ort umfahre. Mit der Erläuterung sei sie jedoch gescheitert, ebenso wie beim Baggerfahrer, der eine „Syphilisarbeit“ hat, weil das Erdreich immer wieder runterrutscht.

Im Zugabe-Abspann erklärte Martin Schwarzmann, warum sie nicht in den sozialen Netzwerken ist und dass ihre Kids schon durchblicken lassen, dass andere berühmter sind – „des san Schauspieler“, die auf zwei Bücher und einen Kinofilm verweisen können. „I hab kocht“, entgegnet sie ihnen dann, nicht ohne zu betonen, dass sie „irgendwann eine nackerte Wasserleiche im Tatort mimen würde – des wär mir am liebsten, weil ich mir keine fremden Texte merken kann“. Und dann trägt sie am Ende den Titel vom „Pony“ im Country-Sound vor: „Gib Gas und galoppier und lass die ganze Scheiße hinter Dir.“ Der Abend mündete in einem anhaltend kräftigen Schlussapplaus.
Josefine Eichwald