Deggendorf
Dem Auerhuhn auf der Spur

Bayernweites Monitoringprojekt war auch im Bayerischen Wald erfolgreich

21.12.2022 | Stand 17.09.2023, 7:57 Uhr

Auf der Suche nach Auerhuhn-Hinweisen sind Thomas Bauer von der Fachstelle Waldnaturschutz und Rangerin Lea Stier vom Naturpark Bayerischer Wald auf der Rusel fündig geworden: Die Stoßfeder stammt von einem Hahn, der diese bei der Mauser verloren hat. −Foto: Ernst Lohberger/AELF

Das Auerhuhn ist nicht nur eine der bekanntesten, sondern zugleich auch eine der sensibelsten Waldvogelarten Bayerns. Bereits geringste Beunruhigungen können für den größten heimischen Waldvogel gefährlich werden. Um ungünstige Veränderungen in seiner Bestandsentwicklung zu erkennen und bei Bedarf rasch gegenzusteuern zu können, soll ein bayernweites Beobachtungs- und Erfassungsprogramm – ein sogenanntes Monitoring – regelmäßig verlässliche Daten zum Zustand und Lebensraum des scheuen Waldbewohners liefern.

Um darüber genauere Informationen zu erhalten, hat diesen Herbst erstmalig bayernweit ein Auerhuhn-Monitoring stattgefunden. Auch im Bayerischen Wald wurden vier Flächen erfasst. Im Landkreis Deggendorf wurden die Erhebungen im Ruselgebiet durchgeführt.

„Das Auerhuhn hat in Deutschland nur noch einen geringen Brutbestand. Bayern beherbergt den mit Abstand größten Teil dieser Population und trägt damit auch eine hohe Verantwortung für unser größtes heimisches Raufußhuhn“, erklärt Förster Tobias Schropp, der das Auerhuhn-Monitoring im Bayerischen Wald koordiniert. Gesicherte Vorkommen gibt es aber auch in Bayern derzeit fast nur noch in den Alpen und in den bayerisch-böhmischen Grenzgebirgen. Um diesen „Restbrutbestand“ zu schützen, wurden in den zurückliegenden Jahren extra für den streng geschützten Waldvogel landesweit Schutzgebiete ausgewiesen und erfasst. Diese Vogelschutzgebiete sind Teil des bekannten, europaweit etablierten Schutzgebietssystems Natura 2000. Die Erstaufnahme der Vogelschutzgebiete ist in Bayern inzwischen abgeschlossen.

Damit liegt nun der umfangreichste Datensatz für das Auerhuhn in Mitteleuropa vor. Um aber auch künftig über gesicherte Informationen zu Bestandsentwicklung und Lebensraum zu verfügen, wurde diesen Herbst bayernweit erstmalig die systematische und regelmäßig wiederkehrende Erfassung durchgeführt. Auf vier ausgewählten Flächen im Bayerischen Wald werden nun in einem Sechs-Jahres-Turnus in jeweils ein bis zwei Durchgängen eine Bestandsaufnahme und eine Lebensraumerfassung durch Mitarbeiter der Fachstelle Waldnaturschutz Niederbayern durchgeführt. Dabei wird ein Raster mit 200 mal 200 Meter großen Flächen über die ausgewählten Bereiche gelegt. An den Gitterpunkten halten die Spezialisten der Fachstelle Ausschau nach direkten oder indirekten Hinweisen wie Spuren, Exkrementen, Federn oder Schlafbäumen.

Die Aufnahmen haben gegen Ende der Mauserzeit zwischen August und Oktober stattgefunden. In diesen Wochen sind die meisten Nachweise zu erwarten. Unterstützt wurde die Fachstelle dabei tatkräftig von den Rangern des Naturparks Bayerischer Wald.

Die Aufnahmeflächen liegen überwiegend im Staatswald des Forstbetriebs Bodenmais. Beteiligt haben sich aber auch einige Privatwaldbesitzer, denen das Auerhuhn besonders am Herzen liegt.

Der Vogel stellt hohe Ansprüche an seinen Lebensraum: Als Taiga-Bewohner ist das Auerhuhn an lichte, großflächige und störungsarme Nadelmischwälder angepasst. Besonders sagen ihm strukturreiche Waldgebiete mit ausreichend Heidelbeerbewuchs zu. Aber auch genügend Ameisenhaufen sind wichtig, da vor allem für die Aufzucht ihrer Jungen die Ameisen wertvolle Proteine liefern. Solch geeignete Strukturen findet das Auerhuhn noch in den Hochlagen der Bayerwald-Berge.

„Doch auch wir Menschen schätzen die Berge zur Erholung“, sagt Thomas Bauer, Mitarbeiter und Auerhuhn-Kartierer an der Fachstelle. „Die menschliche Aktivität in Form von Wandern, Radfahren, Mountainbiken und Campen im Sommer sowie Ski- und Schneeschuh-Tourengehen im Winter steigt rasant. Das Problem stellen dabei Personen dar, die die markierten Wege verlassen. Dadurch wird das sehr störungsempfindliche Auerhuhn großflächig beunruhigt.“ Auerwild merkt sich diese Stör- und Gefahrenstellen und meide diese dauerhaft, so Bauer weiter. Der Lebensraum schrumpfe also immer mehr, weil Gebiete mit ständig starken Beunruhigungen langfristig nicht mehr vom Auerhuhn genutzt werden.

Tobias Schropp ergänzt: „Ein weiteres Problem sind vor allem die Störungen im Winter. Das Auerhuhn braucht für seine Flucht viel Energie. Energie, die ihm möglicherweise am Ende des rauen und schneereichen Winters für die Fortpflanzung fehlt. Oder schlimmer noch, das Auerhuhn überlebt den Winter erst gar nicht.“ Die beiden Experten wünschen sich, dass sich möglichst alle Wintersportler an die Wegmarkierungen halten und so zum Auerhuhn-Schutz im Bayerischem Wald ihren Teil beitragen.

Die Ergebnisse aus dem Monitoring werden bis zum Frühjahr 2023 ausgewertet. Sie sollen aussagekräftige Kennzahlen liefern, um einen möglichen Rückgang der Population und Veränderungen des Lebensraums rechtzeitig erkennbar zu machen. Nicht zuletzt stellen sie die Grundlage für das Gebietsmanagement und für künftige Handlungsempfehlungen zum Erhalt der Art dar, so die Experten.

Das Auerhuhn

Etwa 600 Auerhühner leben heute im Grenzgebirge zwischen Osser und Dreisessel, vorwiegend in den Hochlagenwäldern. Das ist laut Fachstelle Waldnaturschutz gerade die Mindestgröße, die eine isolierte Population zum Überleben braucht. Lebensraumverluste
in der Vergangenheit, die zunehmenden Störungen, aber auch mögliche Folgen des Klimawandels sorgen dafür, dass die Zukunft des größten Hühnervogels Europas in Gefahr ist.

− dz