Mit zwei Bussen unterwegs
Auch Deggendorfer waren bei der Großdemo in Berlin dabei

15.01.2024 | Stand 15.01.2024, 19:00 Uhr

Hans Nickl vor dem Brandenburger Tor. Der Nebenerwerbslandwirt aus Grattersdorf war gestern beim Protest in Berlin dabei. − Fotos: privat

Wer in aller Herrgottsfrüh in einen Bus nach Berlin steigt und um 15 Uhr dieselbe Strecke zurück nach Deggendorf antritt, muss schon einen guten Grund haben, der so eine Tortur rechtfertigt: die Bauerndemo in Berlin zum Beispiel. Mit zwei Bussen waren auch Landwirte, Handwerker und Spediteure aus den Landkreisen Deggendorf, Regen und Straubing am Montag in die Hauptstadt gefahren.

Organisiert hatte die Fahrt der Bauernverband um Kreisobmann Michael Klampfl. „Wir haben eine Fahrgemeinschaft mit dem Landkreis Regen gegründet“, sagt der Landwirt und Bürgermeister von Außernzell. Er selber war gestern nicht in Berlin dabei, informierte sich aber natürlich über den Verlauf.

Mit besonderem Interesse verfolgten wohl auch viele andere, daheim gebliebene Bauern die Rede von Bundesfinanzminister Christian Lindner, der heftig ausgebuht wurde, als er mit Blick auf die aktuelle Haushaltslage betonte, der Bund könne die geplanten Subventionskürzungen nicht zurücknehmen, es dürfe aber „kein Sonderopfer der Landwirtschaft geben“. Immerhin: Lindners Angebot zum Dialog kam zumindest bei Michael Klampfl an. Auch er findet: „Jetzt ist die richtige Zeit für Gespräche mit der Politik und ich spüre diese Gesprächsbereitschaft auch unter den Landwirten im Landkreis Deggendorf.“

Um 2 Uhr früh in Deggendorf losgefahren



In Berlin mit dabei war Hans Nickl, ein Nebenerwerbslandwirt aus der Gemeinde Grattersdorf, der im zweiten Beruf landwirtschaftliche Betriebe zertifiziert. Um 2 Uhr in der Früh war er in Deggendorf in einen der zwei Busse gestiegen. Da saßen die in Viechtach zugestiegenen Protestler schon drin und in Hunderdorf nahm ein weiterer Schwung Platz.

In der Bundeshauptstadt angekommen, entdeckte der Grattersdorfer bei weitem nicht nur Landwirte, sondern auch „Handwerker, Spediteure, Lastwagenfahrer und viele kleine mittelständische Unternehmen, die auch um ihre Existenz bangen“. Hans Nickl war schon bei der Trecker-Demo 2019 dabei, als es in Berlin ebenfalls gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung ging. „Aber dieses Mal waren es eindeutig mehr Teilnehmer – und vor allem mehr aus anderen Branchen“, war sein Eindruck vom Montag.

Kein Wort von der Lindner-Rede verstanden



Von der Lindner-Rede haben die Deggendorfer kein Wort verstanden. „Die Leute haben ihn ausgepfiffen und ausgebuht. Er hätte versucht, zu reden, aber die Menge war so grantig. Mit Trompeten, Pfeiferl, Sirenen und Lufthupen haben die gewerkt und gefetzt. Er war wirklich nicht zu verstehen, nur dass jeder seinen Beitrag leisten muss.“ Aus Sicht der Deggendorfer ist trotzdem alles „gesittet“ abgelaufen: „Das sind ganz normale, brave Leute, die auf die Straße gehen – da war nichts von wegen von rechts unterwandert.“

Kleinem Betrieb steht Wasser schon seit Jahren bis zum Hals



Hans Nickl wehrt sich gegen Aussagen, wie, die Bauern würden den Kragen nicht mehr voll kriegen. „Einem kleinen Betrieb wie mir steht das Wasser schon seit Jahren bis zum Hals mit Düngeverordnung, Rettet die Bienen und Blumenwiesen anbauen.“ Das Agrardiesel habe das Fass nur noch zum Überlaufen gebracht: „Den Leuten platzt der Kragen, nicht nur den Landwirten, auch ganz normalen Leuten. Sie gehen jetzt auf die Straße. Denen reicht’s einfach, weil beim eigenen Bürger nichts mehr ankommt. Der muss nur noch zahlen. Die Politiker meinen, sie könnten das aussitzen, aber das glaube ich nicht.“

Der 43-Jährige begleitete auch viele der Aktionen in der Region: in Straubing, auf der Deggendorfer Ackerloh, den Korso in Iggensbach, das Mahnfeuer in Oblfing oder am Sonntagabend das „Mahnfeuer“ in Parkstetten, wo die Polizei sage und schreibe 11000 Teilnehmer zählte. „Das war gigantisch“, berichtet er: „So etwas habe ich noch nie gesehen.“

BBV-Kreisobmann: „Deutlich machen, wofür wir uns einsetzen“



Eine zufriedene Zwischenbilanz zieht BBV-Kreisobmann Michael Klampfl, was die Proteste im Landkreis Deggendorf angeht. Alles sei „angemeldet und diszipliniert“ abgelaufen. „Die Behinderungen haben sich in Grenzen gehalten. Es wird überall darüber gesprochen. Das bewegt nicht nur die Landwirte, sondern auch viele andere Berufsgruppen“, ist er überzeugt. Jetzt sei es an der Zeit, „das Feuer warm zu halten und deutlicher zu machen, wofür wir uns einsetzen“.