Lärmschutz gefordert
Leben an der Schnittstelle zwischen A8 und B20

10.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:23 Uhr

Familie Brüderl wohnt gegenüber vom Sportplatz, dahinter treffen die beiden Verkehrswege bei der Autobahnbrücke aufeinander. −Foto: Annabella Angerer-Schneider

„Es ist brutal laut, 24/7“, beschreibt Sabrina Brüderl das Leben ihrer Familie „an der Schnittstelle zwischen A8 und B20“. Sie bewohnt gemeinsam mit Mann, Kindern und Schwiegereltern die Jahnstraße 13 a, direkt gegenüber des Fußballplatzes. Schon seit Längerem kämpfe sie um Lärmschutzmaßnahmen, bislang ohne Erfolg. „Ich habe nie eine Antwort von der Gemeinde gekriegt.“

Dabei, und das ist Brüderl wichtig, ist ihr an einer „Gesamt-Pidinger Lösung“ gelegen. „Ich bin viel mit dem Kinderwagen unterwegs und egal wo, in Piding ist immer Straßenlärm. Manchmal habe ich das Gefühl, die Leute hören das schon gar nicht mehr.“ Sie steht gemeinsam mit Nachbarin Gabi Binder vor ihrem Haus und blickt auf die vorbeiziehenden Autos, die auf der Brücke, wo sich Bundesstraße und Autobahn kreuzen, aufeinandertreffen. Mit einem Heulen fährt ein Lkw vorbei. „Heute ist es leise“, sagen die Frauen. „Es sind Osterferien.“

Lesen Sie auch: Pidinger Gemeinderat will Lärmschutz an der B 20 anpacken

Nur wenn alle, dreifach-verglasten und für den besseren Schallschutz nachgerüsteten, Fenster verschlossen sind, kehrt Ruhe ein im Hause Brüderl. Ansonsten begleitet sie das dumpfe Dröhnen auf Schritt und Tritt. „Wir sagen immer, wir leben am mittleren Ring“, sagt Sabrina Brüderl halb im Scherz, halb im Ernst. Offiziell stehe ihr Haus viel zu weit weg von der Autobahn, um von den Lärmemissionen stark betroffen zu sein. „Aber das ist doch keine theoretische, sondern eine menschliche, emotionale Frage“, sagt Brüderl.

Rechtsweg als letzter Ausweg

Dass die Gemeinde hier nichts gegen die Belastung durch den Verkehr unternehme, sei enttäuschend, sagt Brüderl. „Es kommt einem manchmal so vor, als sei das egal.“ Der letzte Ausweg wäre in Brüderls Augen den Rechtsweg zu gehen und wie im Fall der Laufener Ortsdurchfahrt, sich ans Bayerische Verwaltungsgericht zu wenden. Nun komme zwar zumindest an der B20 Schwung in das Thema Lärmschutz, allerdings nur in dem Teilbereich bis zur Stoißer Ache. Anwohner wie die Brüderls, die außerhalb davon leben, wären also nicht geschützt. „Im Bachviertel wohnen Einheimische, die in Piding arbeiten. Auch dort wäre ein Lärmschutz bitter nötig.“

Eine von ihnen ist Gabi Binder, die an der Bachstraße 11 lebt. Ihr Haus würde der geplante Abschnitt gerade noch mitabdecken. Zum Verstummen bringen werde die angedachte Wand den Verkehr von der anderen Seite natürlich nicht, vor allem nicht im 1. Stock, wo sich die Schlafzimmer befinden, sind sich Binder und Brüderl einig. Dazu müsste die 3,5 Meter hohe Wand mindestens fünf Meter messen.

24 Stunden lang dem Lärm ausgeliefert

Eine üppige Thujahecke schirmt Binders Garten zumindest optisch von der B20 ab, das Brummen der Motoren dringt jedoch unvermindert durch das dichte Grün. Wenn sie ihren Terrassentisch abwischt, sind die Lappen schwarz vom Feinstaub, erzählt Binder. Über eine Leiter klettert sie auf den Spielturm ihrer Enkel und zeigt auf die nur wenige Meter weiter verlaufende Straße. „In den 1950er-Jahren haben meine Schwiegereltern das Haus gebaut, damals sind hier zwei Autos am Tag vorbeigefahren. In den 1980ern haben sie das erste Mal wegen Lärmschutz angefragt, ohne Ergebnis. Erst als sie das neue Baugebiet ausgewiesen hat, hat die Gemeinde sich damit auseinander gesetzt.“ Es habe sie geärgert, als sie hörte, für die geplante Kinderkrippe am Freizeitgelände sei die Lautstärke der 85 Meter entferntem A8 problematisch. „Meinen Enkeln wird zugemutet, 24 Stunden lang dem Lärm ausgeliefert zu sein.“

Den Pidingern beim Abendessen ins Wohnzimmer reinschauen

Sabrina Brüderl selbst fährt regelmäßig über die A8 zur Arbeit an den Mondsee. „Auf österreichischer Seite fahre ich 45 Kilometer komplett hinter Lärmschutzwänden. Und auf deutscher Seite kann man den Pidingern beim Abendessen ins Wohnzimmer reinschauen.“ Die Autobahn, von der sie auch selbst profitiere, stellt Brüderl dabei nicht in Frage. Doch der gesamte Landkreis ziehe seinen Vorteil daraus, während die Lasten nur einige wenige tragen.

Dabei würde eine Lärmschutzwand entlang der Autobahn auch Chancen eröffnen, zum Beispiel könnte darin nach dem Vorbild Alt- und Neuöttings Photovoltaikmodule integriert werden, die dabei helfen könnten, die Gemeinde stromunabhängig zu machen, so Brüderls Überlegung.