Burghausen/Burgkirchen
„Wir werden einen Beitrag leisten“

Burghausen und Burgkirchen haben mehrere Projekte laufen, die beim Humusaufbau helfen sollen

13.12.2022 | Stand 17.09.2023, 8:32 Uhr

Franz-Xaver Maidl (v.l.), Thomas Sixt, Johannes Schuster, Simon Steinberger und Michael Mederle gehörten mit Wolfgang Hutterer (nicht im Bild) zu den Referenten, die in kurzen Referaten auf das Thema Humus eingingen. −Foto: Richter

Weltweit gesunde und kohlenstoffreiche Böden – das ist das Ziel der internationalen „4-Promille-Initiative“, die 2015 in Frankreich gegründet wurde, gilt ein humusreicher Boden schließlich als Schlüssel für Ernährungssicherheit und Klimaschutz. In Burghausen und Burgkirchen liegt darauf noch einmal mehr das Augenmerk, da hier das Grundwasser stark nitratbelastet ist – und Untersuchungen haben ergeben, dass ein hoher Humusgehalt im Boden dafür sorgt, dass weniger Nitrat im Grundwasser ankommt.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist Burghausen im vergangenen Jahr der 4-Promille-Initiative“ beigetreten und erforscht die TU München in zwei Forschungsprojekten in der Umgebung, wie diese kohlenstoffreichen Böden begünstigt werden können und wie eine Landwirtschaft im Sinne der Ziele der Initiative funktionieren kann. Gefördert werden die Untersuchungen vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

In einem Vortrag samt Podiumsdiskussion, der jüngst im Bürgerhaus stattfand, wurden die laufenden Forschungsprojekte vorgestellt und diskutiert. Die Resonanz war gut. Gut 60 Zuhörer hatten sich in dem Saal eingefunden, etwa genauso viele verfolgten die Diskussion online per Livestream. Burghausens Bürgermeister Florian Schneider zeigte sich in seinem kurzen Grußwort überzeugt, dass Bodenschutz und Landwirtschaft zusammen funktionieren können, vor allem, wenn das Thema so gut erforscht werde wie von der TU München. „Als Landwirte haben Sie die Hebel in der Hand“, sagte er. Die Stadt sei stolz darauf, der Initiative beigetreten zu sein, da sich diese wissenschaftlich fundiert und langfristig des Themas annehme.

Der darauf folgende Vortrag von Prof. Dr. Kurt-Jürgen Hülsbergen von der Technischen Universität München blieb recht theoretisch. Er informierte über die Zusammenhänge von Kohlen- und Stickstoff und dass es aktuell eher darum gehe, den Humus nicht zu verlieren, dessen Aufbau sei gerade weniger Thema. Pflanzen wie Klee, Luzerne und Gras durchwurzeln die Böden stark und helfen beim Humusaufbau, der Mais, der in der Region zumeist gepflanzt wird, gelte dagegen als Humuszehrer. „Der Anbau ist nicht per se schlecht, er kann durch eine Fruchtfolge wieder ausgeglichen werden. Man muss mit Mais in der Fruchtfolge intelligent umgehen.“

Johannes Schuster von der TU München stellte dann das in der Region angelegte Projekt „digisens“ vor, das den Zusammenhang von Düngung, Humusaufbau und Stickstoffumsatz im Boden untersucht. Dazu zeigte er auf, dass das, was an der Stelle eines Feldes historisch einmal war, noch immer Auswirkungen auf das Wachstum der Pflanzen haben kann.

Kollege Thomas Sixt präsentierte das Projekt „TerraBayt“, das in Burghausen/Burgkirchen die Wirkung von Pflanzenkohle bei der Düngung untersucht. Hierfür sei ein Dauerversuch angelegt worden, denn um Effekte bei der Düngung mit Pflanzenkohle – auch in Kombination mit weiteren Düngearten – zu sehen, brauche es lange Laufzeiten.

Franz-Xaver Maidl von der TU München ging in seinem Beitrag vorrangig auf den Trinkwasserschutz ein. Hier liefen in Burghausen und Burgkirchen bereits gute Maßnahmen, sagte er. Wolfgang Hutterer, der für ein Ingenieurbüro für ressourcenschonende Landwirtschaft sprach, plädierte für eine Umwandlung von Acker- in Grünland. Aus der Praxis berichtete der Burghauser Landwirt Simon Steinberger, der auch auf die Schwierigkeiten bei der Umsetzung einging. Einen weiteren Einblick in die Praxis lieferte Michael Mederle vom Maschinenring. Seit zwei, drei Jahren erkundigten sich Landwirte zunehmend nach Humusaufbau und die Effekte für den Klimaschutz und die Bodenfruchtbarkeit. „Die Landwirtschaft wird sich verändern müssen. Wir tun gut daran, diesen Gestaltungsprozess aktiv mitzugestalten und nicht nur über uns ergehen zu lassen“, lautete sein Fazit.

Wie es mit der Modellregion nun konkret weitergeht, dazu wollte Dr. Holger Lundt in der anschließenden Fragerunde, die von Umweltreferent Gunter Strebel moderiert wurde, mehr wissen. Hülsberger erscheint es als notwendige Konsequenz, die Zwischenfrüchte auf den Prüfstand zu stellen und bezüglich ihrer Nützlichkeit für den Humusaufbau zu bewerten. Es habe sich gezeigt, dass Kleegras gut geeignet sei, allerdings bringe Mais mehr Ertrag. Eine Lösung könnten Ausgleichszahlungen sein, die ein Landwirt für den Anbau von Kleegras erhält. Das wolle man im Modellversuch forcieren.

„Weg von Ideologien hin zum zielorientierten Tun“, das forderte Burgkirchens Bürgermeister Johann Krichenbauer in seinem Schlusswort. Auch plädierte er für Flexibilität. Nicht jede Maßnahme sei für jeden Landwirt geeignet. „Wir werden in Burghausen und Burgkirchen das Problem nicht lösen, aber wir werden einen Beitrag dazu leisten. Wir brauchen Neugier und Bereitschaft, Neues zu wagen.“

− jor