Quelle noch unklar
Neue Chemie-Gefahr für Altöttinger Trinkwasser: GenX nachgewiesen

Vergleich mit „PFOA-Schadenskulisse“

21.11.2022 | Stand 19.09.2023, 3:50 Uhr

GenX wird in den USA als Verarbeitungshilfsmittel unter anderem in der Textilproduktion verwendet – wie vormals PFOA. −Foto: dpa

Dem Trinkwasser und damit der Gesundheit der Bürger im Landkreis droht eine neue Gefahr: GenX heißt die Chemikalie und gehört wie PFOA auch zu den polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS).



Sie ist in mehreren Trinkwasserversorgungen im Landkreis nachgewiesen worden, in einer steht die Konzentration nur knapp unter dem geltenden Leitwert.

Landrat Erwin Schneider, sein Geschäftsstellenleiter Dr. Robert Müller und Gesundheitsamtsleiter Dr. Franz Schuhbeck haben über das Thema in der Sitzung des Umweltausschusses des Kreistags im Altöttinger Sparkassensaal informiert. GenX sei im September 2021 im Trinkwasser im Landkreis detektiert worden, das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit habe erst ein akkreditiertes Verfahren zur Messung entwickeln müssen. Im Bereich der PFAS gibt es etwa 5000 Stoffe, von denen erst rund 50 analysiert werden könnten. Das Verarbeitungshilfsmittel, das in den USA als Ersatz für PFOA zum Einsatz komme, sei sehr umweltstabil. Auf Nachfrage von Gunter Strebel (Grüne) hieß es, über die Verweilzeit im Körper sei noch wenig bekannt. Wie GenX sich anreichert, wisse man noch nicht. Die Substanz werde nicht abgebaut, nur ausgeschieden. Und es sei nicht einfach, sie in Wasser oder Blut zu messen. Die sogenannten validierten Messwerte seien an die Wasserversorger weitergegeben worden.

GenX: Nicht so leicht aus dem Wasser zu filtern

Dr. Schuhbeck sagte, in den Niederlanden und den USA seien etwaige gesundheitliche Folgen an Tiermodellen eruiert worden. Bei Ratten habe es Veränderungen im Blut gegeben mit der Folge eines verminderten Immunsystems, bei Mäusen seien Leberschädigungen und eine „Toxizität in der Reproduktion und Entwicklung“ festgestellt worden. Die Studien seien sehr aktuell, stammten aus 2019 und 2021.

Wie bei PFOA gilt: Die Chemikalie hat nichts im Trinkwasser zu suchen. „Das sind Substanzen, die ich im Trinkwasser nicht sehen möchte. Wir wollen Trinkwasser von größter Reinheit“, sagte Schuhbeck. Ein Problem könnte werden – technisch wie finanziell: GenX lässt sich mit Aktivkohlefilteranlagen nicht so leicht aus dem Wasser herausfiltern wie PFOA. Wobei Dr. Schuhbeck klar machte: Die Konzentrationen seien minimal gering und der Leitwert besage, dass bis zu diesem kein gesundheitlicher Nachteil zu befürchten sei.

Bezüglich der Verbreitung besteht Grund zur Annahme, dass das PFOA-belastete Gebiet auch durch GenX geschädigt sein dürfte. Und nachdem die Messanalytik immer ausgereifter werde, könnten noch weitere derartige Stoffe nachgewiesen werden, zeichneten die Behördenvertreter ein düsteres Bild. Landrat Schneider erklärte: „PFAS sind in allen Industrienationen von Relevanz.“ Manfred Zallinger (Freie Wähler) fragte: „Wann kriegen wir das in den Griff, was sagen wir dem Bürger?“ Der Gesundheitsamtsleiter antwortete, so lange Wasser aus dem belasteten Grundwasserkörper entnommen werde, müsse damit gerechnet werden, dass neue Substanzen zutage kommen.

Wir kam GenX in die Umwelt?

Dr. Müller sagte, nach jetzigem Stand des Wissens erinnere ihn viel an die „PFOA-Schadenskulisse“. Ungeklärt sei die Frage, wie GenX in die Umwelt gekommen ist. Godehard Mayer vom Genehmigungsmanagement im Chemiepark Gendorf, der in der Sitzung zum Thema „Fischmonitoring an der Alz“ referierte (wir berichten noch), erklärte, in Gendorf sei GenX nicht hergestellt und nicht als Betriebsstoff verwendet worden.

Landrat Schneider abschließend: „Das ist ein ungutes Thema. Bei PFOA sind wir ein Hotspot, vielleicht werden wir es auch bei GenX.“Die Substanz gehört zu den sogenannten „ewigen Chemikalien“ und wird von der EU als „besonders besorgniserregend“ eingestuft.

− ecs