Europaabgeordnete zu Gast
Bei Diözesanversammlung des Frauenbundes in Altötting

12.03.2024 | Stand 12.03.2024, 11:00 Uhr
Harald Hampel

Sie verstehen sich als Lobby für Frauen (von links): Erika Schäffner-Hofbauer (stv. Diözesanvorsitzende), Gerda Stöfl (stv. Diözesanvorsitzende), Dr. Ute Zeilmann (Bundesvorstand), Tanja Kemper (Bildungsreferentin), Adelinde Grad (stv. Diözesanvorsitzende), Claudia Seibold (Diözesanvorsitzende), Maria Noichl MdEP, Sabine Slawik (KDFB-Landesvorstand), Walburga Westenberger (geistliche Beirätin), Annemarie Spielbauer (stv. Diözesanvorsitzende), Eva Wick (Landfrauen), Waltraud Lerchl (Verbraucherservice Bayern), Kathrin Plechinger (Geschäftsführerin Eltern-Kind-Gruppen) sowie Marianne Speckbacher (stv. Diözesanvorsitzende). − Foto: Hampel

Großen Zuspruch hat die Diözesandelegiertenversammlung des Katholischen Deutschen Frauenbundes der Diözese Passau gefunden, die am Wochenende erstmals in der Kreisstadt stattfand. Im Zentrum der Veranstaltung in der voll besetzten Stadthalle stand mit Blick auf den internationalen Frauentag die Stärkung von Frauenrechten in Europa.



Nach einem Wortgottesdienst zum Thema „Wasser“ begrüßte Diözesanvorsitzende Claudia Seibold die fast 180 Delegierten aus den örtlichen Zweigvereinen aus der ganzen Diözese. Die Grußworte eröffnete Dr. Ute Zeilmann vom KDFB-Bundesverband. Den Frauenverbänden sei es zu verdanken, dass auch Frauen in der katholischen Seelsorge tätig sein könnten, sagte sie. Aber auch Frauen, die Sorgearbeit leisteten, müssten finanziell abgesichert werden. Sabine Slawik vom Landesverband zeigte sich mit Blick auf den internationalen Weltfrauentag „begeistert“ von den Projekten vor Ort. Damit könnten Frauen für di den KDFB begeistert werden.

Pfarrkirchens Bürgermeister Wolfgang Beißmann nannte die Veranstaltung ein Signal für die Stärke der Gemeinschaft, die für die Rechte und die Wertschätzung der Frauen eintrete. „Es liegt an der Politik, hierfür die Rahmenbedingungen zu schaffen“, sagte er. Stv. Landrätin Edeltraud Plattner nannte den KDFB eine Organisation, die auf Basis der christlichen Werte ein Sprachrohr für die Frauen darstelle. Er sei auch ein anerkannter Gesprächspartner für die Politik und stelle so eine Verbindung von der „hohen Politik“ zur Gesellschaft vor Ort da. „Der Frauenbund tut den Frauen gut“, lobte sie.

„KDFB betreibt Lobbyarbeit für Frauen“



„Die KDFB versteht sich als politischer Verband, der Lobbyarbeit für Frauen betreibt“, unterstrich Tanja Kemper, Bildungsbeauftragte auf Diözesanebene, und stellte mit Maria Noichl die Referentin des Bildungsteils vor. Die frühere SPD-Landtagsabgeordnete ist seit zehn Jahren Mitglied des Europaparlaments.

Noichl erläuterte zunächst, wie auf europäischer Ebene bereits in den 1950er-Jahren mit der Herstellung von Lohngleichheit für Männer und Frauen „die Gleichstellung nicht nur diskutiert, sondern auch tatsächlich umgesetzt wurde“. Diese „fortschrittliche Basis“ sei 1999 mit dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit erweitert worden. 2009 kam die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten hinzu, gegen häusliche Gewalt gegen Frauen tätig zu werden, laut Noichl „die größte Gruppe der Menschenrechtsverletzungen in Europa“.

Aktuell seien jedoch „in der derzeitigen Kommission rückläufige Tendenzen“ erkennbar. Gleichstellung werde nach Noichl „nicht mehr nur als Gleichstellung von Geschlechtern, sondern als Gleichstellung vieler anderer gesellschaftlicher Bereiche“ angesehen. Dies sei paradox, da die Frauen anders als Minderheitsgruppen „mit 52 Prozent die Mehrheit der Bevölkerung darstellen“ und somit eine „Diskriminierung der Mehrheitsgesellschaft“ stattfinde.

Noichl stellte politische Agenda der EU vor



Noichl stellte dann anhand von fünf Begriffen die gleichstellungspolitische Agenda der EU vor. Man kämpfe für „protection“, also den Schutz von Frauen gegen Gewalt, für „participation“, die Beteiligung an Führungspositionen, „pay“ in Form transparenter Bezahlung und „empowering“ durch Bildung sowie für „peace“, also Frieden. Im Krieg würden als erstes Frauenrechte fallen, beklagte Noichl.

Für die Zukunft forderte sie, Vergewaltigung und andere geschlechterspezifische Gewalt in die Liste der europäischen Straftatbestände aufzunehmen, um die Strafgesetze der Länder entsprechend zu harmonisieren. „Gewalt gegen Frauen kann niemals Kultur und Tradition sein“, rügte sie die zögerliche Haltung einiger Mitgliedsstaaten.



Noichl: „Männer und Frauen müssen gemeinsam Sorgearbeit leisten“


Nötig sei auch ein „caredeal“, um die bezahlte und unbezahlte Sorgearbeit finanziell zu würdigen. „Männer und Frauen müssen gemeinsam Verdienstarbeit und Sorgearbeit leisten können“, forderte Noichl. Sorge bereitet ihr eine mögliche weitere EU-Erweiterung. „Die EU ist immer ein Mittelwert“, stellte sie fest. Frauen müssten darauf achten, dass bei einer Erweiterung am Ende nicht Frauenrechte zurückgefahren würden. Generell gelte es, „Mindeststandards für Frauenrechte in Europa einzuführen, die durch die Mitgliedsländer nicht mehr verändert werden können“, forderte Noichl.

Es gelte auch zu klären, „wie wir mit Staaten umgehen, die die Werte der Gleichstellung schleifen.“ Wer dies tue, „müsse es auf dem Kontoauszug merken“, folgerte sie unter großem Beifall der Delegierten. An den Vortrag schloss sich eine angeregte Diskussion an.

154 Zweigvereine haben 18749 Mitglieder



Beim anschließenden Konferenzteil stellten die Mitglieder des Diözesanvorstands ihren Tätigkeitsbericht für das Jahr 2023 vor. Der Mitgliederstand der 154 Zweigvereine betrug demnach 18749 Personen. Diözesanvorsitzende Seibold zeichnete dabei den Weg von Anträgen über die Landes- und die Bundesebene nach, die bei Annahme in die Lobbyarbeit bei Ministerien und Abgeordneten gingen.

Eva Wick sprach für die Landfrauenvereinigung, die sich für die Interessen der Frauen auf dem Land einsetzt. Bei der letztjährigen Landesgartenschau in Freyung konnte sich die Vereinigung einem breiten Publikum vorstellen. Waltraud Lerchl berichtete über den Verbraucherservice Bayern, der sich durch Bildungsangebote, Ausstellungen und Infostände „mit Fragen des täglichen Lebens“ beschäftige. Mit Beratungsstellen und Energiestützpunkten biete man anbieterunabhängige Verbraucheraufklärung.

Abschließend befassten sich die Delegierten mit Verbandsformalien wie der Entlastung der Vorstandschaft und Satzungsänderungen. Da sich noch Gesprächsbedarf zu angedachten Änderungen der Mustersatzung für die Zweigvereine abzeichnete, wurde diese Abstimmung vertagt. Begleitet wurde die Veranstaltung von einer Taschen- und Tücherbörse und einem Kreativmarkt zugunsten des Frauenhauses Passau. Der Zweigverein Pfarrkirchen bewirtete die Teilnehmerinnen mit einem Kuchenbuffet.