Schnelle Genesung nach konservativer Behandlung
Halbmarathon kurz nach Kreuzbandriss: Passaus Patrick Weber schafft’s ohne OP

21.01.2022 | Stand 19.09.2023, 3:07 Uhr

Neun Monate nach seinem Kreuzbandriss lief Patrick Weber (links) wieder für den 1.FC Passau in der Landesliga auf – ohne dass sein Knie operiert wurde. −Foto: Mike Sigl

Die Geschichte klingt abenteuerlich. Zwei Wochen nach seinem Kreuzbandriss sitzt Patrick Weber bereits wieder auf dem Rad, fährt locker die ersten Kilometer. Weitere vier Wochen später beginnt er mit leichtem Lauftraining. Und knapp vier Monate nach der schweren, von allen Sportlern gefürchteten Knieverletzung absolviert der 30-Jährige einen Halbmarathon. Ein erstaunlich schneller Heilungsprozess – und für Weber die Bestätigung, dass seine Entscheidung die richtige war. Die Entscheidung gegen eine Operation.

Ende November 2020, bevor das Coronavirus den Fußball mal wieder in den Lockdown zwingt, verdreht sich Weber im allerletzten Training das Knie. Es knackt laut − und der Offensivspieler weiß sofort: Das Kreuzband ist durch. Die gleiche Verletzung hat er sich schließlich ein paar Jahre zuvor schon einmal zugezogen. Damals wählt Weber den klassischen Weg. Operation. Krücken. Schiene. Reha. Dieses Mal will es der Landesliga-Fußballer vom 1.FC Passau anders machen. Nicht etwa, weil die OP nicht gut verlaufen wäre. "Nein", sagt er, "ich hatte einfach keine Lust darauf, wieder einige Wochen nur rumzuhängen und mit Krücken herumzulaufen."

Schaldings Patrick Rott als Vorbild



Über seinen ehemaligen Mitspieler Patrick Rott ist Weber auf die konservative Behandlung aufmerksam geworden. Rott, der heute für Schalding aufläuft, reißt sich 2019 ebenfalls das Kreuzband, begibt sich daraufhin in die Hände des Physiospezialisten und Naturheilpraktikers Uwe Fröhlich in Ansbach und feiert rund acht Monate später ein Comeback in der Regionalliga. Ähnliches hatte zuvor auch der Ex-Schaldinger Christian Piermayr geschafft, der sich in Salzburg erfolgreich vom Ägypter Mohammed Khalifa (mittlerweile im Ruhestand) behandeln ließ. "Ich habe mich intensiv mit Patrick Rott ausgetauscht und selbst viel über den alternativen Weg informiert. Am Ende war ich überzeugt, dass ich es auch versuchen will", berichtet Weber und sagt zu sich selbst, nachdem der Kreuzbandriss via MRT-Untersuchung bestätigt wird: "Wenn es nicht klappt, kannst du dich immer noch operieren lassen."

Doch ein chirurgischer Eingriff ist bislang nicht nötig. Unmittelbar nach der Verletzung trainiert Weber mit Physiotherapeut Daniel Ritzer, mit dem er gut befreundet ist. "Mir ging es von Beginn an sehr gut. Nach zwei Wochen konnte ich ohne Probleme leichtes Training auf dem Fahrrad machen", erzählt er. Dreimal begibt er sich dann zur Behandlung nach Ansbach. Nebenher absolviert er einen umfangreichen Aufbauplan. "Ich habe schon sehr viel gemacht und fast täglich trainiert. Verschiedenste Stabilitätsübungen, Krafttraining, Ausdauer. Das Knie hat eigentlich nie reagiert und ich konnte die Belastung immer weiter steigern."

Als der 1.FC Passau im Juni die Sommervorbereitung aufnimmt, steht auch Weber wieder auf dem Platz. Rund sechs Monate sind nach seinem Kreuzbandriss vergangen, das Knie scheint stabil. Dennoch will der Passauer nichts überstürzen. Er trainiert erst individuell, steigert dann langsam das Pensum."Mir war es völlig egal, ob ich nach acht oder neun Monaten wieder spiele", sagt er. Anfang August mischt Weber dann im Trainingsalltag voll mit. Der damalige Coach Günther Himpsl will sogar einen besseren Bewegungsablauf erkennen als vor der Verletzung und stellt Weber im Abschlussspiel auf. "Eigentlich wollte ich vor meinem Comeback nochmals ein MRT machen, um zu sehen, wie es aussieht. Und um ein besseres Gefühl zu haben. Aber das hat sich dann irgendwie nicht mehr ergeben." So kehrt Weber am 17. August gegen Bad Kötzting zurück auf die Landesliga-Bühne – und steht drei Wochen später sogar erstmals wieder in der Startelf.

Mitte Oktober im Spiel gegen Lam verletzt sich der Offensivspieler allerdings erneut. Wieder ist das lädierte Knie betroffen. Bei einer MRT-Untersuchung wird eine Patellaluxation diagnostiziert. Und das gerissene Kreuzband? "Man hat bei der Untersuchung nicht wirklich gesehen, dass am Kreuzband etwas ist. Ich denke, die Verletzung kam eher dadurch zustande, dass mein Knie einfach überlastet war."

"Arzt sieht keinen Grund, warum ich nicht spielen soll"



Mittlerweile ist Patrick Weber längst wieder beschwerdefrei. Zur Sicherheit lässt er sich ein paar Wochen nach der Verletzung bei einem Knie-Spezialisten in München untersuchen. "Der Arzt meinte, dass sich das Knie gut anfühle und stabil sei. Sogar stabiler als das andere. Er sah keinen Grund, warum ich nicht spielen sollte." Ähnlich gut verläuft Anfang dieser Woche ein Untersuchung im Straubinger Sportorthopädicum, wo per Leistungsdiagnostik das Knie unter Belastung getestet wird (return to play). "Alle Werte waren top, es gab keine Auffälligkeiten", berichtet Weber. Daher steigt er am heutigen Donnerstag beim Vorbereitungsstart der Passauer wieder ganz normal ins Training ein. "Sicher", sagt er, "das Band kann vielleicht wieder reißen. Aber dieses Risiko hast du nach einer OP genauso."

Mehr als ein Jahr nach seiner schweren Verletzung steht für ihn fest. "Ich würde alles wieder genauso machen." Im Profi-Bereich, wenn die Spieler schnellstmöglich auf dem Platz zurückkehren sollen, sei eine Operation wahrscheinlich sinnvoll. Für ihn als Amateursportler aber sei der Weg ohne Skalpell die bessere Alternative gewesen. Einen Halbmarathon – so viel steht zumindest fest – wäre Patrick Weber nur knapp 12 Wochen nach einer Kreuzband-OP garantiert nicht gelaufen ...