Osterhofen
Aufbruch in eine smarte Zukunft

Immobilientour der ILE Donauschleife besichtigt "DeinHaus 4.0" in Wolfs Bauherrenstudio

08.05.2022 | Stand 19.09.2023, 2:33 Uhr

Gemeinsam kann man viel erreichen: Bürgermeister und Geschäftsleiter der Kommunen in der ILE Donauschleife besichtigten in Wolfs Bauherrenstudio mit Prof. Dr. Horst Kunhardt (5.v.r.) und Geschäftsführer Alois Konrad (4.v.r.) das Projekt "DeinHaus 4.0". −Fotos: Kufner

Die Heimat der Zukunft ist digitalisiert und sie wird im Landkreis Deggendorf bereits entwickelt und gebaut: Dank künstlicher Intelligenz und modernsten Sensoren länger gesund bleiben und in den eignen vier Wänden wohnen können – das geht schon heute mit dem Forschungsprojekt "DeinHaus 4.0" der TH Deggendorf. In 75 Haushalten läuft derzeit ein Versuch unter realen Bedingungen. Bei ihrer Immobilientour informierten sich die Bürgermeister und Geschäftsleiter der ILE Donauschleife am Samstag in Osterhofen in einem Musterhaus im Bauherrenstudio der Firma Wolf über das Projekt.

"Wir kommen nicht mit dem Stemmeisen", schmunzelte Prof. Dr. Horst Kunhardt, als er zusammen mit Laboringenieur Alexander Pflieger "DeinHaus 4.0" vorstellte. Trotz etlicher aktiver und passiver Sensoren, Computer und Router sei alles innerhalb einer Stunde eingebaut, versprach Prof. Kunhardt. "DeinHaus 4.0" soll auch Vorbehalte gegenüber modernen Technologien wie künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen abbauen.

Da gibt es passive Sensoren wie eine automatische Herdabschaltung, die ohne Zutun der Hausbewohner funktionieren. Bei aktiven Sensoren muss man selbst aktiv werden, sich zum Beispiel auf eine Waage stellen. Spannend wird es, wenn man die zahlreichen Sensoren im Haus miteinander verknüpft: Der Einplatinenrechner "Raspberry Pi 3B+" bildet das Herzstück von "DeinHaus 4.0". Hier laufen Daten wie etwa Herzfrequenzwerte sowie die Erkennung von offenen Türen oder nicht aus dem Tablettenspender entnommenen Medikamenten zusammen.

Vier Millionen Datensätze hat das Projekt bereits gesammelt, 1,8 Millionen sind bereits ausgewertet. Das höre sich zunächst nach viel an, sei aber kein Vergleich zu den zigfach größeren Datenbergen, die Apple und Google anhäufen, verdeutlichte Prof. Kunhardt. Besonders bei sensiblen Gesundheitsdaten sei es vielen Menschen vermutlich lieber, wenn die Daten sicher im Rechenzentrum der Hochschule lägen, so Prof. Kunhardt.

Für die Zukunft kann er sich kommunale Rechenzentren für Gesundheitsdaten vorstellen. Auch die Krankenkassen und Organisationen wie das BRK könnten als Dienstleister auftreten. Das letzte Wort soll aber immer der Mensch haben: Die Maschine kann zwar mögliche gesundheitliche Probleme erkennen, die Diagnose muss aber ein Arzt aus Fleisch und Blut treffen.

"DeinHaus 4."0 liefert auch wichtige Impulse für die Hausärzteversorgung der Zukunft. Alexander Pflieger schilderte ein Beispiel aus dem Praxisversuch: Ein Teilnehmer vermutete fehlerhafte Blutdruckmessungen. Bei einer Überprüfung der Daten stellte sich heraus, dass sich unbemerkt die Schlafqualität des Teilnehmers verschlechtert hatte. Mit diesem Hinweis leitete der Hausarzt eine weitere Behandlung ein.

Dieser Prozess lässt sich automatisieren: Je mehr Daten ein künstliches neuronales Netzwerk zum Lernen zur Verfügung hat, desto besser kann es Krankheitsmuster erkennen und gegebenenfalls eine Warnung aussprechen. Die in "DeinHaus 4.0" eingesetzten Sensoren und Produkte sind alle im Massenmarkt verfügbar: Angefangen beim britischen Einplatinenrechner Raspberry Pi, der als Lernplattform ins Leben gerufen wurde, um Kindern das Programmieren beizubringen. Ziel der Briten: mehr Ingenieure, weniger passives Konsumieren von Medien und Technik.

"DeinHaus 4.0" liefert aber auch der Industrie wichtige Impulse. So kam man im Projekt auf die Idee, Staubsaugerroboter zur Erkennung bewusstloser Personen zu nutzen. Ein bekannter Hersteller versprach, über diese Idee nachzudenken. Wer weiß, vielleicht saugt ein smarter, digitalisierter Heinzel-Bot bald nicht nur, sondern erkennt auch ohnmächtige Hausbewohner und ruft den Rettungsdienst?

Bürgermeisterin Liane Sedlmeier lobte die Zusammenarbeit in der ILE Donauschleife: "Wenn man gemeinsam etwas machen möchte und sich gut versteht, kann man viel erreichen."

Geschäftsführer Alois Konrad von der Firma Wolf hieß die Besucher im Bauherrenstudio willkommen und rief die Bürgermeister "zu einer Revolution von unten" auf: Wegen hoher Entsorgungskosten und damit verbundener Bürokratie gestalten sich Ersatzbauten in Ortskernen oft als schwierig. Wenn aber nur noch am Rand gebaut wird, veröden die Innenbereiche, so Konrad weiter. Im Hinblick auf die Altersstruktur in den Ortskernen und Wohngebieten, aber auch im Hinblick auf das Geschäft der Bauwirtschaft rief Alois Konrad die Kommunen zum Handeln auf.

"DeinHaus 4.0" kann täglich von 10 bis 18 Uhr im Bauherrenstudio der Firma Wolf in Osterhofen besichtigt werden. Eine Musterwohnung der Immobiliengruppe Erl befindet sich in Deggendorf. Geführte Besichtigungen sind an beiden Standorten freitags nach vorheriger Terminabsprache möglich.

− mik