„Der Oide sticht a bloß oamoi...“
Warum an der Deggendorfer Wirtschaftsschule Schafkopfen auf dem Stundenplan steht

29.04.2024 | Stand 29.04.2024, 15:10 Uhr

Kartln schon wie die Großen: Alex (v.l.), David, Leo und Philip beim Schafkopfkurs an der Deggendorfer Wirtschaftsschule. − Foto: Stefan Schmidbauer

Dieses Fach besuchen die Schüler wirklich gern. Im Rahmen des Programms „Brückenbauer“ wird an der Wirtschaftsschule Deggendorf seit dem vergangenen Schuljahr ein Schafkopfkurs angeboten. Da drückt sogar eine Lehrerin freiwillig wieder die Schulbank.

In Folge der Corona-Pandemie wurde im Mai 2021 für Bayerns Schulen das Förderprogramm „gemeinsam.Brücken.bauen“ aufgelegt. Das Ziel: In der Coronazeit verlorene Sozialkompetenz soll auf kreative Weise an den Schulen aufgeholt werden. Dass an der Wirtschaftsschule heute Schafkopfen auf dem Stundenplan steht, ist dabei wie so oft dem Zufall zu verdanken. Studienrat Florian Abel erinnert sich: „Die Idee kam in einer Vertretungsstunde auf. Die Schüler fragten mich, ob sie Schafkopfen dürften.“ Allerdings bräuchten sie dafür einen vierten Mann. Da waren die jungen Kartler bei Abel genau an den richtigen geraten.

„Das wär doch eine Idee fürs Brückenbauen. Dieser Gedanke war damals schnell gefasst“, erzählt der stellvertretende Schulleiter, Studiendirektor Christian Alt, selbst begeisterter Schafkopfer. Gesagt, getan – mit Florian Abel und Oberstudienrat Martin Wenninger waren auch gleich zwei Coaches gefunden und so dreht sich seit dem vergangenen Schuljahr jeden zweiten Montag für 90 Minuten lang alles um Sauspiel, Solo, Wenz und Geier.

Kurs für Schüler der 6. bis 9. Klassen offen



Der Kurs richtet sich Jahrgangsübergreifend an Schüler der 6. bis 9. Jahrgangsstufe. „Hauptsächlich haben wir Jungs im Kurs“, sagt Martin Wenninger, „aber auch ein Mädl ist dabei.“ Die junge Dame habe sich zum Kurs gemeldet, weil bei ihr im Schützenverein regelmäßig Schafkopf gespielt werde und sie einfach wissen wollte, wie das funktioniert. Weitere weibliche Unterstützung kommt aus dem Lehrerkollegium. Denn auch eine Lehrerin drückt beim Schafkopfen freiwillig wieder die Schulbank.

Betrachtet man die Sache genauer, stellt man schnell fest, dass sich Schafkopfen durchaus ganz gut auf dem Stundenplan macht. Denn neben dem Spaß am Spiel wird ganz automatisch Sozialkompetenz vermittelt. Das sonst omnipräsente Handy hat Sendepause. Auch Frustrationstoleranz ist gefragt, wenn es einmal nicht so läuft und man einfach „keine gescheiten Karten“ bekommt. Brauchtumspflege und der Erhalt eines bayerischen Kulturguts sind inklusive.

Gespielt wird an der Wirtschaftsschule nach den klassischen Regeln: Lange Karte, nur Sauspiel, Solo, Wenz und Geier. Um Geld wird natürlich nicht gezockt, aber die Punkte werden akribisch mitnotiert und nach jeder Stunde digital gespeichert. So wird übers ganze Jahr Statistik geführt. Zwei Dinge sind dann aber für einen Schulkurs doch ungewöhnlich:

„Beim Schafkopfen sind wir alle per Du“



„Beim Schafkopfen sind wir alle per Du“, lacht Florian Abel. Siezen, das würde beim Kartln einfach nicht passen. Zumal – und auch das ist für Unterricht sicher nicht normal – Schimpfen und Grantln ausdrücklich erlaubt sind. „Das gehört zum Schafkopfen einfach dazu“, unterstreicht Martin Wenninger, „genauso wie die Sprüche.“ Gerade beim Sprücheklopfen könnten die Lehrer durchaus etwas von ihren Schülern lernen. „Soboidst aloa spuist, san alle genga di“, „was liegt, des bickt“, „Der Oide sticht a bloß oamoi...“ oder „Auf den Wenz gehören Asse, wenn mas ned hat, dann muss mas lasse“ sind nur ein paar der unzähligen Schafkopfweisheiten. Was die Sprüche betrifft, haben sich die Schüler schon ein beeindruckendes Repertoire angeeignet.

Das können sie auch brauchen, denn einmal im Jahr wird zum Schafkopfturnier mit Lehrern und Eltern eingeladen. „Im letzten Jahr hat ausgerechnet ein Lehrer von der Berufsschule gewonnen“, gibt Studienrat Abel etwas zerknirscht zu. Damit sich diese Schmach heuer nicht wiederholt, dafür üben die Wirtschaftsschüler mit großem Ehrgeiz. Ob auf dem Pausenhof oder beim Warten auf den Schulbus – Gelegenheit zum Schafkopfen findet sich eigentlich täglich. Da ist dann auch das Handy uninteressant.

Abel und Wenninger freuen sich, dass ihre Idee mit dem Schafkopfkurs so gut ankommt. Auch die Eltern finden es toll, von Lehrerkollegen anderer Schulen kommt nur positives, manchmal fast ein bisschen neidisches Feedback. Und selbst der Reporter von der Deggendorfer Zeitung, der den Kurs besuchen durfte, denkt sich heimlich: „Schad, dass es das nicht schon zu meiner Schulzeit gegeben hat....“