Burgkirchen/Alz
„Für die Industrie ist es zehn nach zwölf“

Ernste Lageschilderung beim Nachbarschafts- und Mandatsträgergespräch des Chemieparks Gendorf – Aber auch Chancen

27.04.2024 | Stand 27.04.2024, 11:00 Uhr

Beim „Nachbarschaftsgespräch“ im Bürgerzentrum Burgkirchen (von links): Tilo Rosenberger-Süß, Leiter Kommunikation InfraServ Gendorf, mit den Referenten Dyneon-Standortleiter Stephan Führer, Dr. Christoph von Reden, Geschäftsleiter InfraServ Gendorf, Dr. David Heinze von der Energiewirtschaft InfraServ Gendorf und Dr. Christian Hackl, Geschäftsführer H2-Reallabor Burghausen. − Foto: Gerlitz

Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie im bayerischen Chemie-Dreieck ist untrennbar mit den Energiepreisen verbunden. Genau das legt den Managern die Stirn in Sorgenfalten.

Auf die heimische Industrie warten in den nächsten Jahren enorme Herausforderungen. Und dass diese bewältigt werden können, ist alles andere als selbstverständlich. Diese Sorgen bezüglich der langfristigen Zukunft teilten die Referenten beim Nachbarschafts- und Mandatsträgergespräch des Chemieparks Gendorf am Donnerstagabend im Bürgerzentrum Burgkirchen/Alz. Rund 100 Besucher waren gekommen (Bürgermeister, Kreistags-, Stadt- und Gemeinderatsmitglieder, Behörden- und Vereinsvertreter).

Deutliche Worte fand eingangs Dr. Christoph von Reden, Geschäftsleiter der InfraServ Gendorf: „Willkommen im fünften Jahr der Multi-Krise!“ Noch funktioniere die Wirtschaft, deswegen sei vielen der Ernst der Lage nicht bewusst. Aber wie solle es weitergehen? Aus der Sicht des InfraServ-Geschäftsleiters ist es für die Industrie in Deutschland „nicht fünf vor, sondern zehn nach zwölf“. Folglich müsse die Schönfärberei ein Ende finden.

Welche Auswirkungen die große Politik auf die deutsche Chemie-Industrie hat, verdeutlichte Dr. Christoph von Reden mit folgenden Zahlen: „Umsatz- und Produktionsrückgänge prägen das Bild der Branche. Innerhalb von zwei Jahren nahm die Produktion der chemischen Industrie in Deutschland um rund 20 Prozent ab. Die deutsche Chemie-Industrie ist sehr nervös.“

Auch im Chemiepark Gendorf trafen nach den Worten des InfraServ-Geschäftsleiters die stark gestiegenen Energiepreise die ansässigen Unternehmen hart. Die InfraServ als Standortbetreiber sei der Energiepolitik ausgeliefert. Dr. Christoph von Reden: „Wir haben kein Bundeswirtschaftsministerium, sondern ein Klimaministerium.“

Im Chemiepark Gendorf sei die Produktion um rund 400000 Tonnen gesunken. „Diese Menge ist nicht einfach weg, sondern woanders hingegangen.“ Für von Reden ist der Strompreis entscheidend dafür, dass sich die exportorientierten Unternehmen im Chemiepark Gendorf im weltweiten Wettbewerb behaupten können. Aber: „Wir sind Strompreisweltmeister.“ Gerade im Chemiepark Gendorf werde besonders viel Strom benötigt. Doch der Ausbau der erneuerbaren Energien komme nicht schnell genug voran.

Chancen erkennt von Reden im klimaneutralen Umbau des Chemieparks. Dieser umwälzendsten Veränderung in der über 80-jährigen Geschichte der Gendorfer Chemieindustrie widme sich der Standortbetreiber mit großem Engagement. Wenn dies gelinge, habe Gendorf als Standort für innovative Chemieproduktion auch langfristig eine Zukunft.

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