Kostbare Reliquienaltärchen
Burgmuseum Rupertiwinkel ab 1. Mai wieder offen

27.04.2024 | Stand 27.04.2024, 11:00 Uhr

Die Reliquienaltärchenkönnten aus dem ehemaligen Augustiner-Eremitenkloster stammen. − Foto: Sabine Schwab

Von Richard Ruhland

Die namhafte Dipl. Restauratorin Sabine Schwab aus Kößlarn wurde mit der Restaurierung zweier Kunstwerke aus der reichhaltigen Tittmoninger Museumssammlung beauftragt. Bei den aufwändig mit Silberapplikationen verzierten Schreinen handelt es sich um Reliquiare. Die ca. 55 Zentimeter hohen, um 1750 hergestellten Reliquiarschreine dienten zu besonderen Anlässen als zusätzlicher Altarschmuck. Die kunstvollen, barocken Holzgehäuse wurden von so genannten Kistlern (Schreiner) hergestellt. Ihre schwungvolle Gestaltung orientierte sich dabei meist an den großen, zeitgenössischen Kirchenaltären.
Im Prinzip ist die Herstellung der Reliquiare fast immer gleich. Auf der Rückseite der Holzrahmung sind in Aussparungen Kästen aus Weichholz eingesetzt, welche innen mit rotem Samt ausgekleidet sind. Auf diese Textilunterlage ist ein üppiger Dekor von Klosterarbeiten aufgenäht, in welche kleine in Gaze gehüllte Reliquien eingefügt sind. Auf Zetteln (lateinisch Cedulae) sind in sehr feiner Schrift die Namen der verehrten Heiligen und Märtyrer zu lesen. Bei den Reliquien handelt es sich um kleine Knochenpartikel deren Zuordnung an tatsächlich verehrte Personen und bekannte Märtyrer nur fiktiv zu verstehen ist. Zu lesen sind auf den kleinen Zettelchen Namen von Personen wie S. Vincentia, S. Innocentia, S. Laureati, S. Columba, wobei der Buchstabe S. für Sankt steht.
Die Herstellung dieser sakralen Schmuckwerke erfolgte meist durch Klosterinsassen, daher werden derartige Objekte auch als Klosterarbeit bezeichnet. Wobei nicht nur weibliche Ordensmitglieder, sondern auch eine Reihe von Ordensbrüdern für Ihre große Kunstfertigkeit in der Herstellung solcher Werke bekannt sind.
Der Begriff Klosterarbeit bezeichnet somit die filigrane Verarbeitung einer Vielzahl einfacher, kostengünstiger Materialien, wie Silber- und Golddrähte, Pailletten, Glassteine, Perlenimitationen, Glimmer, Pergament, Papier oder Wachs, die in vielfältigen Techniken zu haarfeinen Gebilden verarbeitet werden. Aus den Drähten werden Schmuckformen gebildet, in die als weitere Bestandteile Glassteine, Glasperlen sowie echte Süßwasserperlen und Pailletten integriert werden. So entsteht ein dichtes Gespinst aus äußerst zarten Drahtgebilden mit funkelnden Steinen und glänzenden Perlen. Die einzelnen Schmuckgebilde wurden meist auf rotem Samt oder Seide aufgenäht. Als Träger für den Samt diente fast immer ein einfacher Karton. Diese einzelnen Komponenten konnten dann unkompliziert in das Holzgehäuse eingebaut werden.
Nach dem Ende des dreißigjährigen Krieges entwickelte sich die Stadt Augsburg zu einem bedeutenden Handelszentrum zahlreicher, unterschiedlicher Kunstgewerbe. Diese süddeutsche Kunstmetropole hatte sicher auch auf die Gestaltung dieser beiden prunkvollen Reliquiare einen großen Einfluss.
Das Museum Rupertiwinkel ist vom 1. Mai bis 3. Oktober geöffnet (Mi - So, 14 Uhr bis 17 Uhr).
Der „Troadkasten“ mit Landwirtschafts-, Handwerker- und Scheibensaal kann ohne Führung besichtigt werden. Eine Besichtung aller Burgräume und Sammlungen ist nur mit Führung möglich (Do - So, jeweils 14 Uhr). Auskunft unter Tourist-Info, Tel. 08683/7007 10.