Ausstellung in Passau
„Öffnet die Tore“: Halina Jaworski im Museum Moderner Kunst Wörlen

15.12.2022 | Stand 25.10.2023, 10:53 Uhr

In ihren großformatigen Werken wie „Ahnen I“ (1979, Acryl auf Leinwand) arbeitet Halina Jaworski mit geometrischen und architektonischen Elementen. −Foto: Rabenstein

Ansprechend und einladend, bunt und großformatig ist die neue Ausstellung im Museum Moderner Kunst Wörlen in Passau. Museumsdirektorin Marion Bornscheuer hat Halina Jaworski zu deren 70. Geburtstag eingeladen. Der Titel „Öffnet die Tore“ hätte nicht passender sein können.

Denn Türen, Tore, Bögen, Geländer, Durchblicke und Ausblicke assoziieren die Bilder oder ganz konkret auch Titel wie zum Beispiel „Das große Tor“, „Ein und Aus“ oder „Der Geheime Garten“. Jaworski ist eine Künstlerin, die ihren Bildern Titel gibt, wobei diese häufig philosophisch zu verstehen sind, etwa bei der Reihe „Ahnen“ oder bei „Ecksen“.

Drei unterschiedliche künstlerische Sprachen zeigt Halina Jaworski, die seriell schafft, in dieser Ausstellung. In ihren großformatigen, oft mehrteiligen Werken arbeitet sie mit geometrischen und architektonischen Elementen sowie kräftigen, die Farbflächen akkurat voneinander trennenden Linien. Fast monochrome Flächen liegen neben lebendig gestalteten Strukturen. Der Gegensatz von Ruhe und Bewegung, Spielerischem und Strengem fasziniert hier.

Eine andere künstlerische Welt zeigt Jaworski in ihren kleinformatigen Arbeiten mit erzählendem Charakter. Da sind zum einen die Collagen mit Ansichtskarten, aquarellierte, übermalte Fotos. Jedes erzählt eine kleine Begebenheit. Es macht Freude, diesen Geschichten nachzuspüren, ebenfalls in den „Insituativen Bildern“, die zwischen 2015 und 2022 entstanden sind. Jedes erzählt eine Geschichte: Berge und Seen, Menschen und Natur – vieles ist angedeutet und lässt sich interpretieren. Sie sind parallel zu einander gehängt, dazwischen gibt der Türbogen einen Durchblick auf „Angelus Novus – der rostfreie Engel“ (Acryl auf Leinwand, 1996).

Das ist eine wunderbare Hängung, das Auge schweift von den weltlichen kleinformatigen Themen in diese meditative, spirituelle Komposition. Blickt man vom „Angelus“ in die umgekehrte Raumachse, mündet der Blick der kleinteiligen Ansichtskarten in ein großes gleichschenkeliges Dreieck der siebenteiligen Installation „Freie Wahl“,1997. Dies ist eine hochpolitische Arbeit, denn in Polen begann mit dieser Wahl der Systemwechsel und die Konsolidierung der Demokratie im Land. Wie feinsinnig Halina Jaworski dies dargestellt hat!

Die Arbeit erzählt von ihrer Herkunft: Die Künstlerin lebt und arbeitet in Düsseldorf. Sie stammt aber aus dem polnischen Danzig. Von 1971 bis 1973 studierte sie an der Bezalel-Akademie für Kunst und Design in Jerusalem und von 1974 bis 1979 an der Kunstakademie Düsseldorf bei Prof. Günther Uecker. Sie war dessen erste Meisterschülerin.

In der dritten Werkgruppe mit Installation, Skulptur oder auch Leinwandreliefs zeigt sich die Künstlerin mal spielerisch („Tänzer“), mal ernsthaft („Warrior, weiß“) und immer auch philosophisch („Rachel und Jakob“). Oder auch politisch: Ein kleines Objekt trägt den schlichten Titel „1848, 1983“ und markiert zwei markante Punkte der polnischen Geschichte des Freiheitskampfes: 1848 den polnischen Aufstand in Posen gegen preußische Besatzung und 1983 das Ende des Kriegsrechts in Polen, das eingesetzt war, um die Solidarnosc zu zerschlagen.

Die Schau bietet einen bemerkenswerten Aspekt der zeitgenössischen Kunst, deren „Schmiede“ in Deutschland immer noch Düsseldorf ist. Und: Sie passt wunderbar ins MMK und ist perfekt mit spannenden Blickachsen gehängt.

Edith Rabenstein


Bis 26. Februar, Museum Moderner Kunst Wörlen, Passau, Bräugasse 17, geöffnet täglich außer Mo. von 10 bis 18 Uhr