„Infam und hinterfotzig“
Fall Chrupalla: Innenminister Herrmann erhebt schwere Vorwürfe gegen die AfD

06.10.2023 | Stand 07.10.2023, 8:13 Uhr

Tino Chrupalla, Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion, äußert sich vor der Sitzung der Bundestagsfraktion der AfD im Deutschen Bundestag. − Foto: dpa

Nach dem Vorfall bei einer Wahlkampfveranstaltung in Ingolstadt hat AfD-Chef Chrupalla das Krankenhaus verlassen. Blutuntersuchungen sollen nun Licht ins Dunkel bringen. Die AfD spricht von einem „tätlichen Angriff“, Ermittler haben bisher keine entsprechenden Erkenntnisse. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann macht der rechtspopulistischen Partei schwere Vorwürfe.



Polizei und Staatsanwaltschaft haben weiter keine Erkenntnisse, die auf einen Angriff auf Chrupalla hindeuten. Die AfD geht wie bereits am Mittwochabend dagegen von einem „tätlichen Vorfall“ aus, wie die Bundesgeschäftsstelle am Donnerstag auf Nachfrage bestätigte. Am Donnerstagabend gab die Partei bekannt, dass der Politiker Ingolstadt inzwischen wieder verlassen hat. „Tino Chrupalla konnte mittlerweile Ingolstadt verlassen und wird sich in weiterführende ärztliche Behandlung begeben“, hieß es in einer Pressemitteilung. Alle geplanten Wahlkampftermine in Bayern seien abgesagt worden. Im Freistaat wird an diesem Sonntag ein neuer Landtag gewählt.

In einer gemeinsamen Mitteilung der Staatsanwaltschaft Ingolstadt und des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord hieß es am Donnerstag, bei der Veranstaltung am Mittwoch hätten „nach dem derzeitigen Kenntnisstand mehrere Personen Selfies mit Herrn Chrupalla gefertigt, bei denen es zu einem leichten Körperkontakt kam. Es liegen zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Erkenntnisse vor, dass Herr Chrupalla angegangen oder angegriffen wurde.“

Chrupalla-Vorfall in Ingolstadt: Ermittler und AfD haben unterschiedliche Meinungen



In der Mitteilung beriefen sich die Ermittler auf aktuell vorliegende Zeugenaussagen, unter anderem von Chrupalla selbst und auch von Personenschützern und Teilnehmern der Veranstaltung. Chrupalla habe später Schmerzen im Oberarm verspürt und sei „wegen weiterer gesundheitlicher Beschwerden“ ins Klinikum Ingolstadt gebracht worden, hieß es weiter. Dort sei eine „oberflächliche Rötung bzw. Schwellung“ festgestellt worden. Ein Sprecher von Chrupallas Büro hatte zuvor von einer „Einstichstelle“ gesprochen. Es liefen Untersuchungen auf mögliche Substanzen im Körper. Chrupalla werde „weiterhin auf der Intensivstation“ behandelt und sei auch weiterhin ansprechbar. Nähere Angaben machte der Sprecher auf Nachfrage nicht.

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Laut Polizei und Staatsanwaltschaft wurden dem AfD-Chef Blutproben entnommen. Zudem soll seine Kleidung untersucht werden. Die Ergebnisse stünden in beiden Fällen noch aus. Eine Sprecherin sagte, erfahrungsgemäß dauere es einige Tage, bis diese vorliegen. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hatte nach dem Vorfall ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Körperverletzung eingeleitet. Das Verfahren laufe gegen unbekannt, Verdächtige gebe es nicht. Bereits bei einem Anfangsverdacht werde ein solches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Ermittler riefen Zeugen auf, Fotos und Videos zur Aufklärung der Geschehnisse an die Kriminalpolizei zu schicken. Laut einem Polizeisprecher gingen bis Donnerstagnachmittag mehrere Mitteilungen in diesem Zusammenhang ein. Das Bildmaterial werde nun ausgewertet.

Herrmann: AfD will aus Vorfall mit Chrupalla Kapital schlagen



Bayerns Innenminister Joachim Herrmann betonte am Donnerstagabend, es gebe bislang keine Erkenntnisse, dass Chrupalla angegangen oder angegriffen worden sei, wenngleich von der Staatsanwaltschaft Ingolstadt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei. „Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln weiter mit Hochdruck“, betonte der CSU-Politiker allerdings auch. „Dabei gilt es auch, gesichertes Beweismaterial auszuwerten.“ Er machte der Partei schwere Vorwürfe. Es sei erschreckend, „wie infam und hinterfotzig die AfD im Landtagswahlkampf versucht, aus den Vorfällen bei ihrer eigenen Klientel Kapital zu schlagen, ohne die Ermittlungen abzuwarten“, kritisierte der CSU-Politiker am Donnerstagabend.

− dpa