Landgericht Schweinfurt
Prozess um Einsturz bei Brückenbau: Zähe Beweisaufnahme

06.04.2023 | Stand 06.04.2023, 21:47 Uhr

Landgericht Schweinfurt - Außenansicht von Landgericht und Amtsgericht Schweinfurt. - Foto: Daniel Karmann/dpa/Archivbild

Der Prozess um die tödlichen Folgen des Einsturzes eines Traggerüstes beim Bau der Schraudenbach-Talbrücke soll noch bis in den Mai oder gar Juni dauern. Das liegt vor allem an der zähen Beweisaufnahme.

Der seit Jahren anhängige Prozess um die tödlichen Folgen des Einsturzes eines Traggerüstes beim Bau der Schraudenbach-Talbrücke an der Autobahn 7 bei Schweinfurt geht in die nächste Verlängerung. Es werde am Donnerstag «definitiv nicht» - wie ursprünglich vorgesehen - zu einem Urteil kommen, sagte die Vorsitzende Richterin am Landgericht Schweinfurt, Claudia Guba, am Mittwoch. Das Urteil wird nun frühestens im Mai erwartet, möglicherweise erst im Juni. Hintergrund sind langwierige Befragungen des Bausachverständigen Johann Kollegger durch die Angeklagten und deren Verteidiger sowie eine Reihe angekündigter Beweisanträge.

Die Angeklagten versuchten am Mittwoch, die aus ihrer Sicht ungünstigen Passagen im Gutachten Kollegers zu verwässern. Mehrmals rief Richterin Guba die Angeklagten und Anwälte zur Ordnung und mahnte einen geordneten Prozessablauf an.

Den unter anderem wegen fahrlässiger Tötung angeklagten Prüfingenieuren wird in dem Verfahren am Landgericht Schweinfurt angelastet, die Statikberechnungen für das Traggerüst nicht gewissenhaft genug geprüft und überwacht zu haben. Einem der Angeklagten, der den Prüfauftrag weitergegeben hatte, wird fahrlässige Tötung durch Unterlassen vorgeworfen.

Der Gutachter hatte vor allem fehlende Teilberechnungen zur Tragfähigkeit der eingestürzten Konstruktion bemängelt. Zudem sei der Aufbau des Traggerüstes nicht durchgehend von einem Prüfingenieur beaufsichtigt worden - wäre dies geschehen, hätte nach seiner Ansicht erkannt werden können, dass sich einzelne Bauteile verdächtig verformen.

Die Angeklagten selbst sehen die Schuld dagegen bei den beteiligten Baufirmen und gehen von Ausführungsfehlern der Bauleute aus. Unter anderem geht es etwa um die Frage, ob beim Errichten der Stahlkonstruktion ausreichend starke Schrauben verwendet wurden. Auch die Art der Verbindung der Bauteile ist Gegenstand der Diskussionen.

Inzwischen wird der Prozess nur noch gegen drei der ursprünglich vier Angeklagten geführt. Das Verfahren gegen einen Statiker wurde abgetrennt, nachdem seine Verteidigerin aus gesundheitlichen Gründen verhindert war.

Der Prozess hatte bereits vor mehr als drei Jahren in Schweinfurt begonnen und war zwischenzeitlich wegen der technisch höchst komplexen Materie unterbrochen worden. Für den Mittwoch hatte das Landgericht ursprünglich die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigern vorgesehen.

Bei dem Einsturz des Traggerüstes, auf dem während des Betonierens die Schalung lagert, in die der noch nicht feste Beton gegossen wird, war im Jahr 2016 ein kroatischer Bauarbeiter ums Leben gekommen. 14 weitere Menschen wurden auf der Baustelle nahe des Ortes Werneck (Landkreis Schweinfurt) zum Teil schwer verletzt.

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