Landkreis Passau
Risiko Hitze: Expertenrunde mahnt zur Vorsicht

24.07.2023 | Stand 13.09.2023, 6:39 Uhr

Trinken nicht vergessen – das ist einer der Tipps aus der Expertenrunde: (v.l.) Dr. Heidi Brandl (Ärztin am Gesundheitsamt), Lisa Fraunhofer (Geschäftsstelle der Gesundheitsregionplus), Peter Ranzinger (Klimaschutzbeauftragter, Landratsamt), Werner Kinateder (Flächenmanagement, Landratsamt), Michael Wenig (Kreisgeschäftsführer BRK), Stefan Burgstaller (Geschäftsführer Gesundheitszentrum & St. Josef Apotheke Fürstenzell), Daniela Schalinski (Fachstelle Senioren, Landratsamt), Claudia Kirmair (Caritasverband Stadt und Landkreis), Michael Hisch (ARGE Heimleiter), Josef Mader (Geschäftsführer der Gesundheitseinrichtungen). −Foto: LRA

Aufgrund des Klimawandels treten häufiger Hitzeereignisse auf, die zu gesundheitlichen Belastungen führen können – auch im Landkreis Passau. Daher wurde über die Gesundheitsregion Plus Passauer Land ein Vernetzungstreffen mit Akteuren aus dem Landkreis initiiert.

Ziel der Veranstaltungen war es, über die Auswirkungen der Hitzeereignisse aufzuklären und Maßnahmen zu diskutieren. Dazu informiert die Gesundheitsregion Plus in einer Pressemitteilung.

Die Landkreis Passau Gesundheitseinrichtungen bieten bereits kostenfreie Wasserspender in den Krankenhäusern an, berichtete Geschäftsführer Josef Mader. Im Landkreis sollen generell vermehrt Refill-Stationen an vorhandenen Wasserhähnen etabliert werden, bei denen man kostenfrei seine Flasche auffüllen darf. Mitmachen können alle; ein Aufkleber am Eingang zeigt es an. Auf www.refill-deutschland.de können diese kostenfrei heruntergeladen und die Station in einer Karte verzeichnet werden. Apotheker Stefan Burgstaller plädierte in der Expertenrunde für ein gesteigertes Bewusstsein für Sportveranstaltungen insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Daniela Schalinski von der Fachstelle Senioren und Claudia Kirchmair für den Caritasverband für Stadt und Landkreis Passau unterstrichen die Bedürfnisse von älteren, gebrechlichen oder vorerkrankten Menschen. „Langfristig gedacht, sind insbesondere auch bauliche Anpassungen erforderlich. Wichtig ist, dass Förderrichtlinien in Zukunft auch bauliche Maßnahmen miteinbeziehen, die sich positiv auf den Hitzeschutz auswirken“, findet Klimaschutzbeauftragter Peter Ranzinger. Michael Hisch, Vorsitzender der ARGE Heimleiter, wies in diesem Kontext auf die Refinanzierung von Maßnahmen in Heimen hin, diese sollte in Zukunft etabliert werden.

„Großteil der Hitzetode wäre vermeidbar“

Wie gefährlich Hitze ist und wie man sich schützen kann, erklärt Dr. Heidi Brandl vom Gesundheitsamt Passau. Sie ist Leiterin des Fachbereiches Prävention und Gesundheitsförderung.

Wie gefährlich ist die Hitze?
Heidi Brandl: Die Zahl der Hitzetage steigt, auch im Landkreis. Typischerweise wird ab einer Wochenmitteltemperatur von etwa 20 Grad ein Anstieg der Gesamtmortalität sichtbar. 2022 gab es in Deutschland rund 4500 hitzebedingte Sterbefälle. Selten führt Hitzeeinwirkung direkt zum Tod. Meistens ist es eine Kombination aus Hitze und Vorerkrankungen.

Wer ist besonders gefährdet?
Heidi Brandl: Der größte Anteil hitzebedingter Sterbefälle entfällt laut RKI auf die Altersgruppe ab 75. Der Körper kann sich dann der Hitze nicht mehr so gut anpassen. Einige Ältere vergessen zu trinken oder schränken sich ein, um häufige Toilettengänge oder Inkontinenz zu vermeiden. Eine zusätzliche Gefährdung kann von Medikamenten ausgehen, die zu einer Verschiebung des Wasser- und Elektrolythaushaltes führen oder das Durstempfinden beeinflussen können. Hier sollte man Rücksprache mit dem Hausarzt halten. Hitze gefährdet auch Menschen mit akuten und chronischen Erkrankungen, Hilfs- und Pflegebedürftige, Schwangere und Kinder. Bis zur Pubertät produzieren sie weniger Schweiß und erzeugen mehr Stoffwechselwärme.

Wo lauern für gesunde Erwachsene Risiken bei großer Hitze?
Heidi Brandl: Es gibt zum Beispiel Arbeitsplatzbedingte Risiken, wie schwere körperliche Tätigkeiten im Freien. Das ist zusammen mit Hitze eine fatale Kombination. Auch die Arbeit in nicht klimatisierten Räumen belastet den Körper. Die Innenraumtemperatur sollte nicht über 26 Grad steigen.

Wie wirkt sich große Hitze aus?
Heidi Brandl: Zu den Gesundheitsgefahren gehört eine Belastung des Herz-Kreislaufsystems, vor allem bei Menschen mit Vorerkrankungen am Herzen. Hitze erhöht das Risiko für Infarkte, aber auch für Luftnot. Menschen mit Atemwegserkrankungen wie COPD oder Asthma sind stärker belastet. Das Risiko von Nierenversagen erhöht sich. Auch auf das Gehirn wirken sich die hohen Temperaturen aus: Die Konzentrationsfähigkeit ist vermindert, Kopfschmerzen und Schwindel können auftreten und das Schlaganfallrisiko steigt. Flüssigkeits- und Elektrolytmangel können Muskelkrämpfe auslösen.

Wie kann man sich schützen?
Heidi Brandl: Ein Großteil der hitzebedingten Gesundheitsstörungen, besonders Todesfälle, können vermieden werden. Bei heißem Wetter sollte die Trinkmenge um mindestens 0,5 Liter pro Tag gesteigert werden. Gut geeignet sind Wasser, Saftschorlen, Tees mit wenig oder ohne Zucker, alkoholfreies Bier usw. Getränke sollten nicht eiskalt sein, denn das vermindert das Durstgefühl, und nicht zu heiß, sonst droht eine Überhitzung von innen. Liegen Krankheiten wie Herzschwäche vor sollte die Trinkmenge mit dem Hausarzt besprochen werden. Gut ist auch, Aktivitäten auf die kühleren Stunden zu verschieben, Schatten zu suchen, den Körper zu kühlen und leichte Kleidung zu wählen. Besonders zu schützen sind gefährdete Personen. Schon tägliche telefonische Kontakte können helfen einen sich langsam verschlechternden Gesundheitszustand zu erkennen. In der Nachbarschaft sollte man auf alleinstehende Menschen achten und diese gegebenenfalls unterstützen kühlere Orte aufzusuchen.

Was raten Sie bei Sportfesten?
Heidi Brandl: Zusätzlich zur Hitze ist hier die Ozonbelastung zu berücksichtigen. So gilt es, Sportevents in den Nachmittagsstunden zu vermeiden und generell an warmen Tagen Maßnahmen zu ergreifen wie vermehrte Pausen im Schatten und gesteigerte Flüssigkeitszufuhr bei sportlicher Tätigkeit. Nicht zu vergessen ist ein ausreichender UV-Schutz.