Passau
Pontifikalrequiem im Dom zum Abschied von Papst emeritus Benedikt XVI.

07.01.2023 | Stand 17.09.2023, 6:02 Uhr

Bischof Stefan Oster würdigte dabei das im Bistum Passau in Marktl geborene ehemalige Kirchenoberhaupt zum einen als hochgebildeten intellektuellen Kopf, der mit herausragenden Gaben beschenkt war und diese mitteilte und weiterverschenkte, zum anderen als einen Betenden, für den Jesus die erste Realität seines Lebens war −Foto: Lampelsdorfer

Mit einem Pontifikalrequiem haben die Gläubigen des Bistums Passau am Samstag im Dom St. Stephan Abschied von Papst emeritus Benedikt XVI. genommen.



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Bischof Stefan Oster würdigte dabei das im Bistum Passau in Marktl geborene ehemalige Kirchenoberhaupt zum einen als hochgebildeten intellektuellen Kopf, der mit herausragenden Gaben beschenkt war und diese mitteilte und weiterverschenkte, zum anderen als einen Betenden, für den Jesus die erste Realität seines Lebens war: „Von ihm her und auf ihn hin hat er gelebt und gedacht“. So habe er auch die schweren Prüfungen durchgestanden, die ihm in seiner Amtszeit auferlegt waren.

Unglaublich bereichernd seien die Begegnungen mit ihm und seinem Denken gewesen, so Bischof Oster vor den Mitgliedern des Domkapitels, vielen Priestern und Ordensleuten sowie Abordnungen der kirchlichen Verbände, die mit Fahnenabordnungen dem Papst emeritus die letzte Ehre erwiesen. Als Vertreter der Politik feierten u.a. Staatsminister Christian Bernreiter und der niederbayerische Regierungspräsident Rainer Haselbeck den Gottesdienst mit. Oster zeichnete in seiner Predigt das Bild eines Mannes des Glaubens, mit großen Stärken, aber auch Schwächen, wie sie jedem Menschen zueigen sind.

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Papst Benedikt habe den Glauben, die Kirche, die Welt, die Gesellschaft, die Geschichte und Kultur so erklärt, dass man neue Einblicke gewann, Zusammenhänge sah, die einem zuvor nie aufgefallen waren. In all seiner Gelehrtheit sei er ein Beter gewesen, ein Empfangender, der vor Gott auf die Knie ging und mit ihm in einem engen Vertrauensverhältnis stand. „Ich bin überzeugt, dass Joseph Ratzinger von seiner Jugend an in diese Freundschaft mit dem Herrn immer tiefer hineingewachsen ist und dass sie jetzt hier ihre Erfüllung finden darf“, so Bischof Oster. Dafür stünden auch die letzten überlieferten Worte Benedikts kurz vor seinem Tod „Herr, ich liebe dich“.

Auch Missbrauchsskandale ein Thema



Thema war freilich auch die schwere Krise der Kirche, ausgelöst durch all die Missbrauchsskandale. „Allzu lang hatte die Kirche die Institution selbst geschützt und kaum einen Blick für die Betroffenen gehabt“, so Oster. Sie sei weitgehend blind gewesen für die dramatischen Folgen, die Missbrauch für einen Menschen haben kann. Joseph Ratzinger sei in seiner Zeit als Münchner Erzbischof von 1977 bis 1982 in höchster Verantwortung gestanden. Fehler, die damals gemacht wurden, habe er zutiefst bedauert.

Als Präfekt der Glaubenskongregation in Rom habe er als einer der ersten in verantwortlicher Stellung in der Kirche die dramatische und auch weltweite Dimension des Themas erkannt und sei entscheidende Schritte der Veränderung, der Reinigung und Erneuerung gegangen, habe dann als erster Papst Opfer von sexuellem Missbrauch getroffen. Doch nicht die kirchenpolitischen Krisen, die Skandale um die Pius-Brüder und aus dem Vatikan gestohlene Dokumente, die abnehmende Wertschätzung des großen Theologen in der eigenen Zunft, besonders im eigenen Land, sondern die Erfahrung der abnehmenden Kraft für das große Amt im zunehmenden Alter hätten ihn zu seinem Rücktritt bewogen, dem ersten eines Papstes seit vielen hundert Jahren: „Er hat damit für das Papsttum einen echten Schritt ins Heute getan“.

Seine Trennung vom Amt und sein Rückzug ins kleine klösterliche Anwesen im Vatikan hätten Benedikt XVI. freilich von seinem Herrn nicht getrennt: „Er war wohl die letzten zehn Jahre noch mehr ein Beter im Herzen der Kirche und zugleich einer, der die Entwicklungen in Kirche und Welt überaus interessiert und wach verfolgt und begleitet hat“, so Bischof Oster. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von der Dommusik u.a. mit Ausschnitten aus dem Mozart-Requiem.