Mahnung zur wehrhaften Literatur
Fürstenzeller Schüler erinnern an Bücherverbrennung

22.06.2023 | Stand 14.09.2023, 22:47 Uhr
Katharina Zauner

90 Jahre ist es her, dass es unter der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten in deutschen Städten zu systematischen kulturpolitischen „Säuberungen“ kam, bei denen Werke verbrannt wurden, die als „undeutsch“ galten. Darunter berühmte und die deutsche Literatur prägende Schriftsteller wie Heinrich Mann, Joachim Ringelnatz, Oskar Maria Graf und Bertolt Brecht.

„Undeutsch“ war dabei alles, was sich kritisch zu den politischen und gesellschaftlichen Umständen dieser Zeit und der Vorgehensweise der Regierung äußerte oder von dieser als anstößig empfunden wurde. Eine Ära der staatlichen Zensur und Kontrolle der Kultur wurde eingeläutet, um das Motto „Wider den undeutschen Geist“ durchzusetzen. Ein Autor, dessen Geschichten wir schon in unseren Kindertagen lauschten, mischte sich selbst unter die Studierenden, Professoren und Parteifunktionäre, begleitet von gewaltbereiter SS und SA. Erich Kästner sah mit eigenen Augen, wie Teile seiner Werke unter jubelnden Zurufen den Flammen anvertraut wurden.

Maristen-Schüler führen Bühnenstück auf



Und eben hier setzt das Bühnenstück an, das die Theatergruppe des Maristengymnasiums Fürstenzell unter Leitung von Alois Pribil dieses Jahr zum Besten gegeben hat. „Das Haus der Bücher“ von Michael Paul und Anja Kurz gibt einen Einblick in die Erfahrungswelt damaliger Autoren, die innerhalb weniger Tage von beliebten Schriftstellern zu verdächtigen und verfolgten Reichsfeinden wurden.

Im echten „Haus der Bücher“, seinerzeit eine der bedeutendsten Buchhandlungen Europas, kamen in Königsberg die Schriftsteller zusammen, die etwas auf sich hielten. Es diente als Hauptschauplatz der Theaterbühne, auf der die jungen Schauspieler die schwere und bedrückende Thematik mit dem entsprechenden Feingefühl, aber ebenso mit der nötigen realistischen Darstellung zu behandeln vermochten, die eben notwendig ist, um das Geschehene nicht zu verharmlosen.

Schriftsteller mussten bei Verbrennungen zusehen



Bewegend stellten die Schüler dar, wie eine Gruppe von Autoren, u.a. Kurt Tucholsky und Joachim Ringelnatz, gemeinsam mit dem Leiter der Buchhandlung versuchen, Bücher zu tarnen, um sie vor der Verbrennung, dem Vergessen zu retten.

Aufgrund der packenden schauspielerischen Darbietung konnte das Publikum die Gefahr regelrecht fühlen, in die sich die Literaten dabei begeben haben. Eindrucksvoll stellte die Theatergruppe das Ereignis der Bücherverbrennung selbst dar, indem die Kulisse nach draußen verlegt wurde, wo die Literaten – wie seinerzeit Erich Kästner – zusehen mussten, als unter Fackelzügen und rechtsextremen Tiraden die eigenen Werke dem Feuer übergeben wurden.

Es gab auch Widerstände



Dass es bereits 1933 – im Rahmen dieser Ereignisse – Widerstand gegeben hat, zeigt auch dieses Theaterstück. Welche Gefahr ein solcher Widerstand mit sich brachte und welcher Mut und welche Bewunderung den Widerstandsleistenden daher zugedacht werden muss, untermauert das Ende des Dramas mit Schrecken und Tod.

Welche verheerenden Folgen es nämlich haben kann, wenn ein Staat, eine Gesellschaft keine anderen Meinungen mehr zulässt, erkannte Heinrich Heine bereits 1823: „Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“ Er prophezeite, was unfassbar brutale Wirklichkeit wurde.

Und da die Geschichte nunmal die Eigenart hat, sich zu wiederholen, ist es umso wichtiger, dieser zu Gedenken, damit nicht in Vergessenheit gerät, was sich niemals wiederholen darf. Diesem Erinnerungsauftrag kam das MGF mit seiner Theateraufführung in gebührender Weise nach.