Durchmarsch in die Landesliga
1100 Einwohner und eine Sensation: Warum der SV Neufraunhofen besonders (und) erfolgreich ist

10.05.2023 | Stand 25.10.2023, 11:04 Uhr

Ein Meister, drei Mannschaften: die Kicker aus drei SVN-Mannschaften feierten am Sonntag ausgelassen die Sensation. −Foto: Alfred Brumbauer

Statistisch gesehen ist jeder zweite Neufraunhofer Augenzeuge eines kleinen Fußball-Wunders geworden: 550 Fans – das sind satte 50 Prozent aller Einwohner des 1100-Seelen-Dörfchens im Landkreis Landshut – erlebten am Sonntag im Waldstadion hautnah mit, wie ihr SV Neufraunhofen sich durch einen 1:0-Erfolg über die TuS Pfarrkirchen als Aufsteiger sensationell den Meistertitel in der Bezirksliga West und damit den Durchmarsch in die Landesliga sicherte.

„Kameradschaft – dieses Wort prägt unseren Verein“, steht in großen Lettern über der Homepage des 1933 gegründeten Traditionsvereins aus dem Isar-Inn-Hügelland zwischen Landshut, Erding und Vilsbiburg. Und dass der Slogan keine leere Worthülse ist, sondern dass Teamgeist und Kameradschaft quasi die DNA des Dorfklubs ist – das bestätigt der 32 Jahre junge SVN-Vorsitzende Michael Gerauer nach zwei Tagen Feier-Marathon im Gespräch mit der Heimatzeitung

„Bei uns wird jeder Spieler auch für wichtige Aufgaben neben dem Platz eingespannt. Beim Training zweimal die Woche wird nicht nach erster, zweiter oder dritter Mannschaft getrennt – wir trainieren alle gemeinsam“, erklärt Gerauer den beneidenswerten Zusammenhalt im Verein. „Zwei Spieler sind dann immer für die Brotzeit danach zuständig – und zwei fürs Abspülen.“ Im übrigen ist die komplette Vorstandsriege des Vereins kaum älter als 30

Der Vorstand ist auch der torgefährlichste Angreifer



Es kommt also nicht von ungefähr, dass der sympathische Vereinsvorstand auch noch auf dem Platz vorausgeht – mit der Nummer 10 als bester Torschütze der Schwarz-Weißen. 14-mal hat Gerauer diese Saison schon eingenetzt, genauso oft wie Sturmkollege Stefan Brenninger – einer von drei Brenninger-Brüdern im Team. „Die wohnen gleich neben dem Fußballplatz und ihr Vater Herbert hat die meisten von uns schon von klein auf in der Jugend trainiert.“ Als bereits fixer Bezirksliga-Meister die restlichen drei Saisonspiele abschenken, das kommt für Neufraunhofen nicht in die Tüte. „Schließlich haben wir ja auch noch das Finale um die niederbayerische Meisterschaft, vermutlich gegen Künzing“, so Gerauer, „darauf sind wir richtig heiß.“


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Ebenso typisch wie kurios kam der SVN zu seinem Erfolgscoach Alex Auhagen. Gerauer erzählt: „Wir hatten uns nach der Corona-Krise in der Vereinsführung neu aufgestellt – aber wir standen ohne Trainer da. Zufällig entdeckten wir dann in einem Fußball-Onlineportal die Anzeige ‘A-Lizenz-Inhaber sucht Verein im Raum Velden‘ – und mit Alex Auhagen hat die Chemie von Anfang an gestimmt. Als Fußballer kann ich nur sagen: er hat in den letzten zwei Jahren jeden Spieler besser gemacht.“

„Von Sonntagmittag bis Montagabend nicht heimgekommen“



Als Mittelfeldspieler Stefan Haas am Sonntag kurz vor der Halbzeitpause den Ball elegant über Pfarrkirchens Keeper Marcel Fischer zum 1:0 ins Tor lupfte, war der Jubel unter den Anhängern riesengroß – und der Sensations-Coup wurde von Minute zu Minute greifbarer. Nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Tim Grunert brachen dann alle Dämme im Waldstadion und es wurde gefeiert, was das Zeug hielt. „Von Sonntagmittag bis Montagabend um 20 Uhr bin ich nicht heimgekommen“, gesteht Gerauer mit einem Schmunzeln.

2022 noch Kreisligist, 2023 schon Landesligist – das ist nur mit einer verschworenen Einheit, mit Konstanz und Ausgeglichenheit möglich. Aber dazu zählen halt nicht nur eine ambitionierte Mannschaft, ein Top-Trainer und eine harmonierende sportliche Führung um Abteilungsleiter (Michael Koller) und Teammanager (Claus Riedi). Nein, Michael Gerauer vergisst in der Stunde des historischen Aufstiegs-Coups auch die vermeintlich kleinen Rädchen des Erfolges nicht. „Bedanken möchte ich mich besonders auch bei den Damen in der Küche des Vereinsheims, jeweils zwei Spielerfrauen und Mitgliederinnen der Vorstandschaft, die bei jedem Heimspiel an die 100 warme Essen rauszaubern. Da gibt‘s eben nicht nur Wurstsemmeln wie bei anderen Klubs, unsere Damen sorgen mit ihren Kochkünsten auch für gute Umsätze, von denen der Verein profitiert.“ Tja, in Neufraunhofen hat der Erfolg nicht nur viele Väter und Mütter – er schmeckt auch nach Schnitzel und Schweinsbraten.