Sieben Konzerte in einer Woche
Traunsteiner Sommerkonzerte eröffnet mit Gustav Mahler, Kurt Weill und Tom Waits

03.09.2023 | Stand 12.09.2023, 22:19 Uhr

„Singt“ auf der Posaune: Frederic Belli in Traunstein. −Foto: Schweiger

„Was ist ein Gentleman?“, heißt es in einem gängigen Musikerwitz. Die Antwort: „Jemand, der Posaune spielen kann, es aber nicht tut.“ Wenn er es doch tut, so intensiv, blitzsauber und farbenreich wie Frederic Belli am Wochenende zu Beginn der Traunsteiner Sommerkonzerte im dortigen Kulturforum Klosterkirche, dann überstrahlt dies sämtliche Vorurteile. Umso mehr, als in Anlehnung an Mendelssohns „Lieder ohne Worte“ Frederic Belli die Posaune als Ersatz für die menschliche Stimme einsetzte.

Ein so spannendes wie einzigartiges Experiment, das im perfekten Zusammenspiel mit Nicholas Rimmer am Klavier und Johannes Fischer am Schlagwerk faszinierende Klänge erzeugte. Gewidmet war das Programm des Trios, das seit über 15 Jahren zusammenspielt, zwei außergewöhnlichen Songschreibern des 20. Jahrhundert: Kurt Weill (1900-1950), berühmt für seine Lieder und Theatermusiken, und dem 1949 geborenen US-Sänger, Schauspieler und Schriftsteller Tom Waits, dessen Debütalbum „Closing Time“ vor genau 50 Jahren herauskam. Für beide war die populäre Musik ihrer Zeit Inspirationsquelle und Ausgangspunkt für eigene Kompositionen. Das Milieu ihrer Lieder sind die Straße, Nachtclubs, Bordelle, der Hafen. Sie erzählen melancholische Geschichten von der Liebe und den Abgründen des Lebens. Ergänzt wurde das Programm zudem mit Werken von Franz Schubert.

Breitgefächert war die Auswahl der Stücke, melancholisch und flott, besinnlich und schräg und mit reichlich Raum für Improvisationen. Neben dem Programm-Titel „All the World is Green“ erklangen von Waits „Cemetary Polka“ und „Soldier’s Things“, von t Weill u.a. „Lost in the Stars“ und „Nannas Lied“ vertreten, von Schubert das „Heidenröslein“.

Mit frenetischem Beifall bedacht, rundeten einige Zugaben dieses grandiose Konzert in der vollbesetzten Kirche ab.

Nach einer Pause wurde „The Lodger“ von Alfred Hitchcock gezeigt, ein Stummfilm aus dem Jahr 1927, in dem London von einem Frauenmörder terrorisiert wird, dessen Opfer jung und blond sind. Just zu dieser Zeit quartiert sich ein düsterer, aber gut aussehender Reisender in der Pension der Familie Bunting ein, der nachts verschwindet und erst in den frühen Morgenstunden zurückkehrt. Da auch die Tochter des Hauses blond ist, fasst ihr Verlobter, ein Polizeibeamter, bald schon einen schrecklichen Verdacht. Zu dieser Aufführung lieferten Johannes Fischer und Nicholas Rimmer einen dynamischen Soundtrack.

Am Freitagabend war die Reihe der Traunsteiner Sommerkonzerte, die binnen einer Woche sieben Konzerte umfasst, eröffnet worden mit Gustav Mahlers „Lied von der Erde“, gesungen von Ferdinand von Bothmer und Franziska Gottwald. Seit 2021 leitet Maximilian Hornung die Sommerkonzerte.

Wolfgang Schweiger