Mit 18 Jahren in die Biathlon-Elite
„Sie hat vor nichts Angst“: Ruhpolding-Sensation Julia Tannheimer (18) – zwischen Schule und Weltspitze

13.01.2024 | Stand 13.01.2024, 11:45 Uhr

Glücklich nach einem „krassen“ Rennen: Julia Tannheimer. − Foto: imagoimages

Julia Tannheimer blieb bei ihrer furiosen Weltcuppremiere lange cool.

Die euphorisierten Biathlon-Fans brachten sie ebenso wenig aus der Ruhe wie die Weltklasse-Konkurrenz um Elvira Öberg oder Julia Simon. Die Interviews wurden dann allerdings zur Mammutaufgabe. „Wenn ich mit fremden Menschen reden muss, bin ich sehr aufgeregt“, sagte die 18-Jährige ganz schüchtern. Sie sei auch „bei Referaten vor der Klasse“ nervös.

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Anders sah es im Hexenkessel Chiemgau Arena vor 11.500 Zuschauern aus: Bei ihrem Debüt im Sprint von Ruhpolding lief sie mit fehlerfreiem Schießen auf Platz 15, wurde drittbeste Deutsche. Die große Magdalena Neuner war bei ihrer Weltcuppremiere an gleicher Stelle im Jahr 2006 26 Ränge weiter hinten gelandet – und dabei sogar sechs Monate älter. Vier Wettkämpfe brauchte die spätere Olympiasiegerin damals für ein Topergebnis wie Tannheimer.

Frischer Wind im Team



„Es ist verrückt, was sie für ein Rennen gemacht hat“, sagte Trainer Sverre Olsbu Röiseland über die Ulmerin: „Sie ist ein gutes Mädchen. Sie hat vor nichts Angst. Es ist fantastisch, was sie geleistet hat. Ihre Energie auf der Strecke, sie geht vom ersten Meter an Vollgas, das ist einfach cool.“ Anführerin Franziska Preuß schwärmte schon von einem „frischen Wind“ im Team.

Tannheimer gehört zum Nachwuchskader, auf den der Deutsche Skiverband setzt. Und dank der neuen Philosophie werden Athletinnen wie sie und Selina Groptian (19) oder Johanna Puff (21) schon früher an den Weltcup herangeführt. „Ihr gehört die Zukunft“, hatte Sportdirektor Felix Bitterling bereits vor dem Sprint gesagt.

Tannheimer ist eine laufstarke Athletin, Reserven hat sie im Schießen. Auch zu ihrer eigenen Überraschung blieb sie das erste Mal in dieser Saison fehlerfrei. „Allein mit dem Schießen und den Schießzeiten weiß ich aber, dass es noch nicht ganz für vorne reicht“, sagte Tannheimer.

Priorität hat das Abitur



Dennoch: „Es war total krass, das ganze Rennen“, sagte Tannheimer, die erst im Dezember im zweitklassigen IBU Cup debütiert hatte und dort schon im achten Rennen gewann: „Die Fans sind krass hier. Ich bin sehr zufrieden, hätte niemals gedacht, dass ich alle zehn Schuss treffe.“ Sie könne es „noch gar nicht glauben“, das Gefühl sei „einfach richtig schön“.

Dabei liegt ihre Priorität woanders. „Ich gehe ja noch zur Schule, deswegen wollte ich erst mal mein Abi machen“, erzählte Tannheimer, die am Mittwoch ihre nächste Klausur schreibt. Auf das Abi könne sie sich dank ihrer „ziemlich coolen Lehrer“ trotz des Leistungssports gut vorbereiten. „Ich kann die Arbeiten dann schreiben, wenn es bei mir am besten reinpasst. Ich habe Mathe zum Beispiel jetzt in den Ferien nachgeschrieben“, erzählte die 18-Jährige.

Dennoch würdigten die Trainer ihre Raketen-Entwicklung. „Julia ist sehr gut in der Schule“, sagte Sportdirektor Felix Bitterling: „Sie vertritt extremen Leistungsgedanken – das gilt fürs Schulische und fürs Sportliche. Das zeigt, was ihr Anspruch ist.“

Tannheimers Kommentar zur Erfüllung der halben WM-Norm: ein sekundenlanger und zugleich äußerst sympathischer Lachanfall. Die deutsche Nachwuchshoffnung lässt eben lieber erfrischende Taten als große Worte sprechen.

− sid/red