Mandant bestreitet Tat
Nach Vorwürfen: Deshalb muss der Traunsteiner Gerichtspräsident selbst vor Gericht

Amtsgericht München sieht beim Traunsteiner hinreichenden Tatverdacht – Nach Einspruch jetzt Verhandlung

29.03.2024 | Stand 08.04.2024, 11:53 Uhr

Mitte Oktober 2023 wurde der Präsident des Landgerichts Traunstein (im Bild) vorläufig suspendiert, inzwischen ist er in Ruhestand gegangen und seine Nachfolgerin Anja Kesting steht fest. − Foto: Herbert Reichgruber

Der zuständige Richter am Amtsgericht München sieht einen „hinreichenden Tatverdacht“, dass Vorwürfe sexueller Belästigung einer Angestellten durch den ehemaligen Präsidenten des Landgerichts Traunstein, Prof. Dr. Ludwig Kroiß, berechtigt sind.



Das zeigt ein am Gründonnerstag erlassener Strafbefehl gegen Kroiß in dieser Sache, wie ein Gerichtssprecher bestätigte. Der Verteidiger des 1958 geborenen Traunsteiners hat dagegen sofort Einspruch eingelegt und erklärt, sein Mandant bestreitet die Vorwürfe weiterhin. Deshalb wird nun voraussichtlich in einem Prozess am Amtsgericht München über den Strafbefehl und die erhobenen Vorwürfe entschieden.

Ex-Gerichtspräsident bestreitet Vorwürfe



Wie Dr. Martin Swoboda, Richter und Pressesprecher am Amtsgericht München, der Mediengruppe Bayern mitteilte, wird er vor einer Terminierung der Verhandlung zum „vorgeworfenem Sachverhalt und Tatvorwurf sowie zur Höhe des im Strafbefehl beantragten Strafmaßes keine Stellung nehmen“. Es ist zudem noch nicht klar, wann darüber am Amtsgericht München verhandelt wird. In der Verhandlung sollen dann aber bei der Verlesung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft erstmals die konkreten Vorwürfe bekannt werden. Ob die Verhandlung öffentlich geführt wird, ist noch nicht klar. Bei Sexualdelikten ist ein Ausschluss der Öffentlichkeit grundsätzlich möglich.

Gernot Lehr, medienrechtlicher Anwalt des seit Ende Januar pensionierten Gerichtspräsidenten, erklärte gegenüber der Mediengruppe Bayern, dass sein Mandant noch am Gründonnerstag durch seinen Strafverteidiger, den Münchner Rechtsanwalt Andreas von Máriássy, Einspruch gegen den Strafbefehl habe einlegen lassen. Lehr betonte: „Der Strafbefehl hat weder eine tatsächliche noch eine rechtliche Grundlage, zumal das Amtsgericht den Eingang einer angekündigten umfassenden Stellungnahme nicht abgewartet hatte.“ Zu diesem Vorwurf erklärte Gerichtssprecher Swoboda: „Der zuständige Richter wahrt die Rechte des Angeklagten zu jeder Zeit, wie dies auch in den vergangenen Monaten seit Eingang des Strafbefehlsantrages bei Gericht der Fall war.“ Näher wollte er sich dazu am Karfreitag nicht äußern.

Vorläufig suspendiert, jetzt Pensionskürzung?



Der Bonner Rechtsanwalt Gernot Lehr versicherte, dass „unser Mandant mit Nachdruck den gegen ihn erhobenen Vorwurf bestreitet“. Wie berichtet, geht es um den Vorwurf, der ehemalige Gerichtspräsident habe eine Mitarbeiterin am Landgericht Traunstein gegen ihren Willen umarmt und auf den Mund geküsst. Auch wenn bis zum Abschluss des Verfahrens die Unschuldsvermutung gilt, hatten die Vorwürfe gegen den Traunsteiner schon Folgen. Das zuständige Dienstgericht beim Landgericht Nürnberg-Fürth hat ihn mit Beschluss vom 13. Oktober 2023 vorläufig des Dienstes enthoben und angeordnet, dass die Hälfte der laufenden Dienstbezüge einbehalten wird.

Auch gegen diese Entscheidung hatte Kroiß Beschwerde zum Dienstgerichtshof eingelegt. Bevor dort darüber entschieden wurde, ist der Traunsteiner Ende Januar auf eigenen Wunsch aus dem Justizdienst ausgeschieden. Dadurch hatte sich die vorläufige Enthebung aus dem Dienst erledigt und über die Beschwerde musste nicht mehr entschieden werden. Der Dienstgerichtshof hatte mit Beschluss vom 27. Februar das Beschwerdeverfahren eingestellt und die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben. Mit der Akzeptanz eines Strafbefehls hätte der ehemalige Gerichtspräsident eine öffentliche Verhandlung vermeiden können. Allerdings: Wie die Bild-Zeitung berichtet, soll es im Strafbefehl um über 90 Tagessätze gehen. Offiziell bestätigt wird dies bisher nicht. Trifft dies aber zu und würde der Traunsteiner den Strafbefehl akzeptieren, würde er als vorbestraft gelten. Damit könnten ihm Pensionskürzungen drohen. Denn noch prüft das zuständige Dienstgericht, ob „eine weitere vorläufige Maßnahme erforderlich ist“, wie am Karfreitag Dr. Andrea Leonhardt, Pressesprecherin des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz, der Mediengruppe Bayern bestätigte.

In Justizkreisen wird der Fall mit großem Interesse verfolgt. Schließlich ist Kroiß ein angesehener Jurist und der Landgerichtsbezirk Traunstein einer der größten in Bayern. Als Präsident hatte er das Landgericht Traunstein seit Oktober 2019 geführt. Es ist zuständig für fünf Amtsgerichte und den Bezirk mit den Landkreisen Altötting, Berchtesgadener Land, Mühldorf, Rosenheim, Traunstein sowie der Stadt Rosenheim. Kroiß hält an der Universität Passau seit 2009 regelmäßig Vorlesungen und ist seit 2013 Honorarprofessor an der juristischen Fakultät in Passau. Er hält dort nach Auskunft der Uni Lehrveranstaltungen über Familien- und erbrechtliche Verfahren. Ludwig Kroiß ist zudem Autor zahlreicher juristischer Fachbücher.