„Einziger ehrenvolle Mann im Verfahren“
Missbrauchsprozess in Traunstein: Klage gegen Kardinal Wetter zurückgenommen

20.06.2023 | Stand 14.09.2023, 22:59 Uhr

Andreas Perr (Rechts), der angibt, von einem Wiederholungstäter in Garching an der Alz (Landkreis Altötting) missbraucht worden zu sein, kommt mit seinem Anwalt Andreas Schulz (Mitte) zum Prozess am Dienstag. −Foto: Reichgruber

Kurz vor dem Prozess um die Zivilklage eines Missbrauchsbetroffenen gegen den mutmaßlichen Täter und das Erzbistum München und Freising ist die Klage gegen den früheren Erzbischof, Kardinal Friedrich Wetter, zurückgenommen worden. Das bestätigte das Landgericht Traunstein am Dienstag kurz vor Verhandlungsbeginn.



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„Kardinal Wetter ist der einzige ehrenvolle Mann in diesem Verfahren“, sagte Klägeranwalt Andreas Schulz. Man habe es dem hochbetagten Mann darum ersparen wollen, vor Gericht erscheinen zu müssen.

300.000 Euro Schmerzensgeld gefordert



Andreas Perr, der angibt, von einem Wiederholungstäter in Garching an der Alz (Landkreis Altötting) missbraucht worden zu sein, hat diesen Priester sowie das Erzbistum München und Freising verklagt. Er fordert 300.000 Euro Schmerzensgeld. „Ich hoffe mit einem guten Gefühl, dass sich was ändert“, sagte er vor Beginn der mündlichen Verhandlung.

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Wetter war Münchner Erzbischof, als der Priester auch nach einer Verurteilung wegen Missbrauchs nach Garching versetzt wurde und dort weiter Kinder missbrauchte. Wetter hatte nach der Vorstellung des Münchner Missbrauchsgutachtens persönliche Verantwortung für Fälle in seiner Amtszeit übernommen und vor dem Traunsteiner Verfahren als erster Beklagter erklärt, sich nicht auf Verjährung berufen zu wollen.

Papst-Verfahren abgetrennt



Unter den Beklagten war bis vor kurzem auch der inzwischen gestorbene Papst Benedikt XVI., der Erzbischof von München und Freising war, als der mutmaßliche Täter von NRW nach Bayern versetzt wurde. Von ihm hatte der Kläger weitere 50.000 Euro gefordert. Das Verfahren gegen ihn wurde allerdings einen Tag vor dem Start des Prozesses abgetrennt, weil auch ein halbes Jahr nach dem Tod des emeritierten Papstes unklar ist, wer seine Rechtsnachfolge antritt und damit auch das Verfahren gewissermaßen erbt.

− dpa