Literaturfestival „Leseglück
„I-bims“-Comedian Willy Nachdenklich sorgt für Lachmuskelkater in Trostberg

06.02.2023 | Stand 17.09.2023, 3:45 Uhr

Sein Humor ist anarchisch, seine Sprache eigen: Willy Nachdenklich zeigt eines seiner „nachdenklichen Bilder“ beim Literaturfestival „Leseglück“ im Postsaal Trostberg. −Foto: Tine Limmer

„Hallo liebe Postkutscher. Geht’s euch schön? Toll, dass ich hier sein muss“, so begrüßt der Mann mit dem Künstlernamen Willy Nachdenklich die Gäste im spärlich besetzten Postsaalgewölbe Trostberg im Kreis Traunstein. „Da hab’ ich richtig Glück mit mir, weil ich hab’ einen heftigen Batzen Literatur dabei“, sagt der gebürtige Amberger beim Literaturfestival „Leseglück“. Er lacht über sich und seine Geschichten selbst. Die Zuhörer können sich des Humors – ausgestattet mit zartem Feingefühl ebenso wie der brutalen Wahrheit des Seins – nicht erwehren und klagen nach der Veranstaltung über Lachmuskelkater.

Willy Nachdenklich, so nennt sich der Stand-up-Comedian Sebastian Zawrel. Unter diesem Namen betreibt er eine „Faceburg- und Instagrammseite“ mit derzeit mehr als 300000 Followern. 2017 veröffentlichte der heute 39-Jährige sein „Vong“-Wörterburch als humoristisches E-Book und wurde dafür ausgezeichnet. „Vong“ bezeichnet einen im Internet entstandenen Jargon mit skurrilen Konstruktionen wie „Ich mag kein Spinat vong Geschmack her.“

Anglizismen, veränderte Grammatik, absichtliche Rechtschreib- und Tippfehler, Fehler in Groß- und Kleinschreibung, veränderte Buchstaben und Abweichungen von der Standardsprache machen diese Lesung zur Quatscherzählung. Willy Nachdenklich verändert Redewendungen, bis sie sie ihren ursprünglichen Sinn verlieren oder sich ins Gegenteil verkehren, er schreibt bewusst falsch und erfindet komische Neuschöpfungen. Er ist ein Wortverdreher, Sprachakrobat und Buchstabenjongleur, der es sich mit einer Brille samt dicken Augenbrauen und Plastiknase auf dem Bühnensofa bequem gemacht hat.

„Ich hab’ meine Gedanken aufgeschreiben“, gibt er bekannt. Hintergründig bringt einen Witz um den anderen, der sich erst auf das zweite Hören als solcher entpuppt. Er schweift ab, knüpft am Anfang wieder an, um dann schnurstracks auf ein nicht vermutetes Ende seiner Geschichte hinzuführen. Das klingt so: „Ein Mann geht in eine italienische Eisdiele und sagt: Una Knocki seniore mit die rote Soße drauf gemachen, aber molto presto jetzt. Ich haben Hunger. Eisverkäufer antwortet: Wir sin ein Tschelateria, hier gibt’s nur Stratiatella und so ’ne Sachen. Ich bim’s übrigens einer der von den berühmten Büld auf dem Bauarbeiter auf ein Stahlträger über New York Mittag machen. Der zweite von rechts, um genau zu sein.“
Der Gaga-Humor begeistert die Anwesenden. „Der weltbekannte Maler Johan Wolgang vom Göthe, hat sich in Vollrausch seine beiden Ohren abgeschnitten, lol“ – so treibt der Autor mit einem Schalk im Nacken den Abend mit „nachdenklichen Bildern“ und dessen Weisheiten auf die Spitze – auf den „Trost-Berg“.

Tine Limmer