Interview zum Ruhpolding-Spektakel
„Ein Quantensprung“: Bitterling mit bisherigen Saisonleistungen sehr zufrieden

09.01.2024 | Stand 09.01.2024, 18:20 Uhr

DSV-Sportdirektor Biathlon Felix Bitterling freut sich auf die Heimrennen von 10. bis 14. Januar 2024 in Ruhpolding. − Foto: imago images

Seit 1. April 2022 ist Felix Bitterling DSV-Sportdirektor Biathlon. Und es hat sich seither einiges getan im Team, die Umstrukturierungen scheinen erste Früchte zu tragen. Die deutschen Skijäger sind so gut wie schon lange nicht mehr in die Saison gestartet und konnten auch die übermächtigen Norweger immer wieder mal ärgern. Im Gespräch mit heimatsport.de erklärt der 46-jährige Berchtesgadener, der in Ruhpolding wohnt, wie zufrieden er mit den bisherigen Saisonleistungen ist und wie sehr er sich auf die Wettkämpfe im Chiemgau (10. bis 14. Januar) freut.

Herr Bitterling, der zweite Heimweltcup steht an. Wie groß ist die Vorfreude?
Felix Bitterling: Es fängt schon mit den Weltcups an, die in der Nähe von Deutschland sind – beispielsweise Hochfilzen. Wenn man merkt, dass mehr und mehr deutsche Fans vor Ort sind. Die beiden Heimweltcups sind mit der WM die Saisonhöhepunkte. Natürlich nimmt man sich viel vor, man schaut in der Heimat ungern den anderen beim Feiern zu. Wir freuen uns extrem auf diese Woche und wollen vorne mitspielen.



Wie sehr freuen Sie sich persönlich auf die Wettkämpfe in der Heimat?
Bitterling: Ich kenne in Ruhpolding nahezu jeden, der irgendwie mit Biathlon zu tun hat. Das fängt mit kleinen Gesprächen an, wenn man zur Post oder zum Bäcker geht. Es ist schon etwas Besonderes, wenn man nicht immer über etwas spricht, was im Ausland stattfindet, sondern es dort über die Bühne geht, wo man lebt. Von daher ist es sicherlich nochmal schöner.

In Oberhof gab’s zuletzt drei Podestplätze. Wie zufrieden sind Sie mit den Ergebnissen?
Bitterling: Wir können zufrieden sein, wir reden schließlich von der absoluten Weltspitze. Mit der Biathlon-Historie in Deutschland werden nur Podestplätze gezählt, aber wenn man sich die Ergebnisse anschaut, vor allem bei den Einzelwettkämpfen, war es immer sehr eng. Es wäre sehr hart zu sagen, es war keine gute Leistung, wenn ein Schuss zu viel daneben gegangen ist und man deshalb das Podium um zwei Plätze verpasst. In den Sprints waren wir sehr gut mit den entsprechenden Platzierungen. Im Verfolger haben wir es in Oberhof nicht ganz so rübergebracht, wie auch schon ein, zwei Mal zuvor. Das ist ein Punkt, den wir noch lernen müssen, nämlich wie man einen Verfolger auch von vorne bestreitet. Das ist etwas, was sich mit der Erfahrung einstellt. Aber ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Die Männer-Staffel war sehr gut, da haben wir sogar eine Zeit lang die Norweger gepiesackt, danach haben wir viel riskiert und vielleicht noch etwas Lehrgeld gezahlt. Bei der Damen-Staffel war es von Anfang bis Ende nicht das, was wir können. So wünscht man sich den Staffelauftritt vor heimischem Publikum natürlich nicht, umso mehr möchten die Mädels bei der Staffel am Mittwoch (10. Januar) zeigen, dass das ein Ausrutscher war.

Das deutsche Team ist beim Weltcup in Östersund – positiv gesehen – furios in die neue Saison gestartet. Wie sehr pushen solche Ergebnisse das gesamte Team?
Bitterling: Der Saisonstart ist einer von ein, zwei Terminen im Jahr, die extrem ausschlaggebend dafür sind, was im Weiteren passiert. Wenn du mit einem schlechten Saisonstart loslegst, läufst du von einem Event zum anderen, dazu die öffentliche Diskussion, wodurch der kontinuierliche Druck steigt. Das ist uns erspart geblieben. Es war ein Mega-Start, es hätte nicht besser laufen können. Im Team merkt man, dass das Selbstvertrauen ein komplett anderes ist. Das ist eine Sache, die kannst du nicht theoretisch ausdiskutieren, das muss man fühlen und erleben, jeder für sich. Danach hatten wir einen ziemlich hartnäckigen Infekt in der Mannschaft mit sowohl Corona- als auch Grippe-Fällen. Bis auf zwei Leute war, glaube ich, jeder Einzelne – egal ob Athlet oder Betreuer – betroffen. Deshalb haben wir uns in Hochfilzen schwer getan. Vor diesem Hintergrund war Hochfilzen jetzt keine solche Katastrophe wie es schon wieder geschrieben wurde. Von Oberhof nehmen wir Rückenwind mit.

Wie zufrieden sind Sie generell mit den bisherigen Saison-Leistungen Ihrer Athleten?
Bitterling: Die Richtung stimmt. Das heißt aber nicht, dass wir nichts mehr zu arbeiten haben – und auch nicht, dass wir nicht noch andere oder höhere Ziele haben. Wir müssen ein bisschen mehr Konstanz in die Leistungen reinbringen. Bei allem Positiven haben wir zu viele Platzierungs-Schwankungen. Daran arbeiten wir, Schritt für Schritt. Wenn man schaut, wo wir hergekommen sind, und wenn man die Platzierungen mit denen von der Vorsaison zur selben Zeit vergleicht, ist das Quantensprung.

Wie sieht es konkret bei den heimischen Sportlern Franzi Preuß, Sophia Schneider und Johannes Kühn aus?
Bitterling: Wir haben im Sommer immer wieder gesagt, dass wir überzeugt sind, dass Franzi noch sehr viel Weltklasse in sich hat – und das hat sie gezeigt. Wir haben alle zusammen ein gutes Setup für sie gefunden. Obwohl sie einen kompletten Weltcup verpasst hat, ist sie vorne dabei, ihre schlechteste Platzierung bisher war Rang 7. Da muss man nicht viel sagen. In einem ausgeglichenen Damenfeld ist sie zurück an der Weltspitze – genau dort, wo sie hingehört. Sophia hatte mit Platz 5 in Östersund einen sehr guten Start. Nachdem sie krank war, hatte sie ein schwieriges restliches erstes Trimester. In Oberhof hat sie in Sprint und Verfolgung einen guten Schritt gemacht, in der Staffel lief es gar nicht. Aber wir denken, dass ihr Ruhpolding einen Push geben wird. Johannes ist sehr konstant in dieser Saison, auch wenn er noch keinen Podestplatz erlaufen konnte. Beim Schießen hat er sich stabilisiert. Vor dem Hintergrund, dass er noch nicht seine Topform im Laufen erreicht hat, lässt das – gerade im Hinblick auf die WM – hoffen.


Interview: Christina Aicher

(die ausführliche Version des Interviews, auch mit dem heiklen Thema Fluorverbot, lesen Sie in der PNP-Printausgabe vom Mittwoch, 10. Januar 2024, unter anderem im Trostberger Tagblatt, Alt-Neuöttinger Anzeiger und Reichenhaller Tagblatt)