Heiner Friedrich feiert 85. Geburtstag
„Das Maximum“ in Traunreut: Arnulf Rainers „Straßenräuber“ zum Jubiläum des Stifters

19.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:23 Uhr
Axel Effner

Zusammen mit der Künstlerin Maria Zerres, deren Werke im Museum „Das Maximum“ zu sehen sind und die die Rainer-Ausstellung kuratiert hat, diskutierte Bernhart Schwenk von der Pinakothek der Moderne in München über die spannungsreiche Wirkung der „Straßenräuber“ im neu eröffneten Kunst-Kabinett. −Fotos: Effner

Straßenräuber gehören nicht unbedingt zu dem Personenkreis, denen man begegnen, geschweige denn Auge in Auge gegenüberstehen möchte. Die wilden Gesellen gelten als erbarmungslos und unberechenbar, nicht selten lebensgefährlich. Umso reizvoller ist deshalb das Kunst-Experiment, sich auf eine hautnahe Begegnung mit den nicht weniger aufregenden „Straßenräubern“ von Arnulf Rainer einzulassen. Die um 1980 entstandene Werkgruppe ist einer der Höhepunkte, die seit Sonntag in der neu eröffneten Kabinett-Ausstellung zu Ehren des österreichischen Malers im Traunreuter Museum „Das Maximum“ zu sehen ist.

Mehrere Hundert Besucher zum Geburtstag

Sie ist Teil des Arrangements, mit dem das Stiftungskuratorium, der Freundeskreis und die Mitarbeiterinnen des Museums sowie viele Mitwirkende im Beisein mehrerer Hundert Besucher am Wochenende glanzvoll den 85. Geburtstag des Stifters Heiner Friedrich gefeiert haben. Eine Führung durch die Ausstellungsräume zeichnete dabei am Samstag mit deutlichen Konturen die Lebensstationen des im Chiemgau aufgewachsenen Wahl-New-Yorkers nach.

Als Galerist, Kunststifter und -experte sowie als Mäzen hat sich Friedrich national wie international einen Ruf als einer der bedeutendsten Wegbereiter und Förderer von Künstlern erworben, die heute zu den Großen der Kunstgeschichte zählen. Und doch war dem Träger des Traunreuter Kulturpreises auch die Heimatverbundenheit immer wichtig. Dies beweist nicht zuletzt die 2011 eröffnete Stiftung „Das Maximum“. Die Sammlung spielt vom Bestand her locker in einer Liga mit den großen Museen zeitgenössischer Kunst und ist doch als „Refugium der Kunst“ und „Kunstsetzung“ einzigartig.

Da erschien es nur konsequent, dass das Stiftungskuratorium zu Friedrichs Geburtstag dessen langgehegten Wunsch erfüllt hat, in einem zusätzlichen Kunst-Kabinett Werke seines langjährigen künstlerischen Wegbegleiters Arnulf Rainer zu zeigen. Die von Maria Zerres kuratierte Schau von 24 Meisterwerken des heute 93-Jährigen aus den Jahren 1978 bis 2012 erlaubt einen konzentrierten Einblick in das Werk des vielfach ausgezeichneten Österreichers, der sich vor allem durch seine legendären Übermalungen international einen Namen gemacht hat.

Neben den „Straßenräubern“, einer Serie von Karikaturen großer Literaten aus dem 19. Jahrhundert, die Rainer expressiv mit schwarzer Ölkreide und -farbe verfremdet und drastisch übersteigert hat, sind auch Beispiele seiner Fingermalerei, Überzeichnungen des Körpers – „Body Poses“ –, eine Totenmaskenübermalung und eines der für Rainer großen charakteristischen Kreuze zu sehen.

Voller Enthusiasmus erschloss Professor Dr. Bernhart Schwenk, Sammlungsleiter für Kunst der Gegenwart an der Pinakothek der Moderne in München, das Werk Rainers in seiner Einführung. Mancher werde in der direkten Konfrontation vor den wild und dunkel übermalten „Straßenräubern“ anfangs vielleicht erschro-cken zurückweichen. Zu erkennen sind im Liniengestrüpp Fratzen, verzerrte Gesichter und aufgerissene Augen. Hinter den wie zugewucherten Bildfassaden treiben sie gut geschützt, aber auch seltsam abgeschottet ihr Unwesen. Die in der drastischen Überarbeitung spürbar werdende Spannung lässt auch den Betrachter nicht kalt. Sie löst Abwehr und Ängste, Neugier, Faszination oder neue Erkenntnisse aus. Nicht zuletzt, wenn sich hinter den Straßenräubern – unscharf erkennbar – prominente Namen wie Schiller, Goethe oder Fichte verbergen.

Konfrontation mit den eigenen Fragen an das Leben

Mit dem Erlebnis der direkten Begegnung und dem intensiven Dialog mit dem Bild – als Spiegel einer geradezu existenziellen Konfrontation mit eigenen Fragen an das Leben – fügen sich die Werke Rainers sehr passend in das künstlerische Konzept des Museums und seiner Künstler ein, hob Schwenk hervor. Von sehr persönlichen Begegnungen und Gesprächen mit Arnulf Rainer und dessen Kunstverständnis berichteten die Künstlerin Maria Zerres und die Kunstkennerin Ksenija Protic, die dem „Maximum“ seit Beginn an eng verbunden ist.

Die Präsentation von Werken Arnulf Rainers, die vorerst für ein Jahr gezeigt werden, bilden den Auftakt zu einer losen Reihe, in der bisher nicht gezeigte Bestän-de der Sammlung des „Maximum“ erweiternd zur Dauerausstellung zu sehen sein werden.

Axel Effner


Museum „Das Maximum“, Fridtjof-Nansen-Straße 16, Traunreut, geöffnet bis Ende September Sa. und So. 12-18 Uhr, von Oktober bis 1. Dezember von 11-16 Uhr