Chieming
Auch Lurche kämpfen mit Klimaerwärmung

Amphibienrettung im Landkreis Traunstein – Bund Naturschutz zeigt akute Probleme auf, aber auch Erfolge

24.03.2024 | Stand 24.03.2024, 17:16 Uhr

Der Bund Naturschutz setzt sich jährlich für die Amphibienrettung ein: Wolfgang Selbertinger (von links), Claudia Lahr, Beate Rutkowski, Annemarie Räder und Angelika Maier.

Die rückläufigen Zahlen bei den Amphibien, die der Bund Naturschutz in Bayern bei seinen Amphibienrettungen jährlich feststellt, sind ein Alarmzeichen. Bei einem Ortstermin bei Hart/Chieming im Landkreis Traunstein hat der BN Erfolge, aber auch akute Probleme aufgezeigt.

Steigende Temperaturen und leichter Regen locken die Tiere aus ihren Winterquartieren. Durch die bereits milden Temperaturen im Februar sind die Amphibien heuer so früh unterwegs wie noch nie in den vergangenen Jahrzehnten. Sie machen sich sofort auf den Weg zu dem Gewässer, in dem sie sich selbst von der Kaulquappe zum Frosch, zum Molch oder zur Kröte verwandelt haben. „Auf dieser Wanderung wird es für sie besonders gefährlich, wenn sie eine Straße überqueren müssen, auf der sie leicht überfahren werden können. Daher sind bereits seit Ende Februar bayernweit wieder viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer unterwegs, um den Tieren über die Straßen zu helfen“, erklärt Beate Rutkowski, stellvertretende BN-Landesvorsitzende und Kreisvorsitzende in Traunstein. „Wir merken die Auswirkungen des Klimawandels und des zunehmenden Verlustes von Lebensräumen jedes Jahr an den absoluten Zahlen bei den Amphibiensammlungen. Da der BN seit Jahrzehnten flächendeckend in ganz Bayern Amphibien rettet, können wir das gut anhand unserer eigenen Daten belegen”, erläutert Rutkowski.

„Der BN unternimmt, was in seinen Möglichkeiten steht, um den Tieren weiterzuhelfen. Ändern müssen sich aber die Landschaften und Rahmenbedingungen: Wenn wir Grasfrosch und Co. erhalten wollen, brauchen wir mehr intakte Feuchtgebiete, Flussauen und Gewässervielfalt in der Landschaft, sowie weniger Entwässerung, weniger Flächenverbrauch und weniger Straßenbau. Davon profitieren wir alle.“ Das sehr dichte Straßennetz in Deutschland und der in Bayern weiter fortschreitende Straßenbau seien aus verschiedenen Gründen problematisch. Durch die Straßen würden natürliche Lebensräume für viele Tierarten komplett zerschnitten, ein gefahrloses Überqueren könne kaum noch stattfinden. Dies führe zur genetischen Verarmung der voneinander getrennten Populationen. Hinzu komme die akute Gefahr, durch den Verkehr auf den Straßen zu Tode zu kommen. Außerdem trage der Straßenverkehr mit großteils fossilen Energiequellen auch zu einem beschleunigten Klimawandel bei.

„Daneben ist auch der Strukturverlust in unserer Landschaft problematisch. Intensiv betriebene Landwirtschaft mit Pestizideinsatz und mit nur wenigen Hecken und Altgrasstreifen oder monotone Fichtenwälder bieten keine ausreichenden Lebensräume für unsere heimischen Tier- und Pflanzenarten”, erklärt Annemarie Räder, BN-Regionalreferent für Oberbayern. Im Landkreis Traunstein organisiert der Bund Naturschutz schon seit den 90er Jahren Amphibienschutzzäune. „Landkreisweit gibt es derzeit neun betreute Querungsstellen“, berichtet Wolfgang Selbertinger, Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Traunstein.

„Auch wenn die Anzahl der Tiere an den einzelnen Zäunen oft schwankt, war sie in den vergangenen Jahren über den gesamten Landkreis hinweg noch relativ stabil. Im Jahr 2023 konnten so knapp 8000 Kröten, Frösche und Molche sicher zu ihrem Laichgewässer gelangen. Das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Vorkommen an einigen Übergängen stark zurückgegangen oder gar erloschen sind, teilweise durch den Verlust der Zielgewässer“, erläutert Rutkowski die Situation im Landkreis. „Da die Wanderperioden immer länger werden und auch die Rückwanderer und Jungtiere im Sommer geschützt werden müssen, fordern wir als BN an dieser Stelle ein fest installiertes Amphibienleitsystem.“

„In Hart bei Chieming werden schon seit fünf Jahren Grasfrösche, Springfrösche und andere Amphibien vor dem Verkehrstod gerettet“, so Zaunbetreuerin Angelika Maier. „In den vergangenen Jahren wurden jeweils fast 1500 Tiere gezählt, dabei circa 300 bis 500 besonders geschützte Springfrösche. Wir danken für diese wichtige Tätigkeit nicht nur den Ehrenamtlichen, die den Zaun jeden Morgen und Abend betreuen, sondern auch dem Bauhof des Landratsamtes, der das Material angeschafft hat und den Auf- und Abbau übernimmt. Hier sieht man ein Beispiel, wo die Zusammenarbeit von allen Beteiligten sehr gut funktioniert.“

− red




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