Pflicht vor Kür
So kommentieren die Fraktionssprecher den Etat des Landkreises Rottal-Inn

06.03.2024 | Stand 06.03.2024, 9:31 Uhr

Alle Hände gingen nach oben, als der Kreistag den Haushalt für das Jahr 2024 verabschiedet hat. − Foto: Schön

Dass der Landkreis Rottal-Inn in den nächsten Jahren vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen steht, darin waren sich alle Fraktionen bei der jüngsten Sitzung des Kreistags einig. Denn nicht nur der Neubau des Berufsschulzentrums verschlingt viel Geld. Die Kreisräte rechnen obendrein damit, dass der Landkreis die nächsten Jahre Defizite der Rottal-Inn Kliniken auffangen muss.

Vor diesem Hintergrund beantragten Grüne und ÖDP, die Kreisumlage nicht nur um einen, sondern um zwei Prozentpunkte zu erhöhen. Dieser Antrag wurde jedoch mit 37:15 Stimmen abgelehnt. Der Kreishaushalt wurde jedoch einstimmig abgesegnet.

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Mandl: CSU steht hinter dem Neubau des Berufsschulzentrum

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„Natürlich schlagen heute zwei Herzen in meiner Brust“, meinte CSU-Fraktionssprecher Matthäus Mandl. Das Herz des Bürgermeisters, für den die Erhöhung der Kreisumlage finanzielle Einschnitte bedeute. Auf der anderen Seite das Herz des Fraktionsvorsitzenden, der natürlich wisse, dass eine Erhöhung der Kreisumlage in der derzeitigen finanziellen Situation umgänglich sei. Daher werde er mit „Bauchschmerzen“ dem Haushalt zustimmen.

Mit dem Etat stelle man die Weichen für die Zukunft. Da es wichtig sei, in Bildung und Ausbildung zu investieren, stehe die Fraktion hinter dem Berufsschulzentrum – auch wenn es den Landkreis vor finanzielle Herausforderungen stelle. Denn gerade der Mittelstand brauche qualifizierte Arbeitskräfte.

Auch die Gesundheitsvorsorge sei sehr wichtig. „Unsere Rottal-Inn Kliniken, auf deren Erfolg der letzten Jahre wir sehr stolz sein können“, würden gemeinsam mit den Haus- und Fachärzten einen unverzichtbaren Beitrag leisten, so Mandl. Zwar sei für die Zukunft mit einem Defizit zu rechnen, „aber wir brauchen die Rottal-Inn Kliniken und es ist unsere Pflicht, finanzielle Lücken in diesem Bereich abzudecken“, betonte er. Die Investitionen in die Infrastruktur, so etwa in die Kreisstraßen, den Kreisbauhof Benk oder die Schulen, seien weitgehend unverzichtbar. Gleichwohl werde man künftig genau unterscheiden müssen, was Pflichtaufgabe und was freiwillige Leistung sei.

Feldmeier (SPD): Freiwillige Leistungen auf Sinnhaftigkeit prüfen



Die SPD-Fraktion werde dem Haushalt zustimmen, sagte Alfred Feldmeier. Allerdings stelle die erneute Erhöhung der Kreisumlage für die Kommunen eine weitere Bürde dar. Daher beantrage man mit der Zustimmung zum Haushalt, dass auch der Landkreis sein Scherflein beitrage und ebenfalls Einsparungen vornehme. „Wir haben nun ein Jahr Zeit bis zur nächsten Haushaltsaufstellung, die Ausgabenseite zu durchforsten.“ Denn in den nächsten Jahren erwarte man ein ordentliches Defizit in den Krankenhäusern, das der Landkreis ausgleichen müsse. Die freiwilligen Leistungen sollten auf ihre Sinnhaftigkeit geprüft werden, um im nächsten Jahr nicht noch einmal eine Kreisumlagenerhöhung vornehmen zu müssen.

Reiser (Grüne): Angesichts der Verschuldung mehr Geld einnehmen



Die größte Baustelle des Landkreises – sowohl baulich als auch finanziell – stellte Günther Reiser (Grüne) in den Mittelpunkt. So sei man beim Berufsschulzentrum mittlerweile bei Baukosten von 155 Millionen Euro angelangt. Er habe schon vor drei Jahren gewettet, dass man bei Fertigstellung die 200 Millionengrenze erreichen werde.

Fakt sei, dass man angesichts des zu erwartenden Schuldenstands von 120 Millionen Euro in den nächsten Jahren mit mehreren Millionen Euro für Tilgung und Zins rechnen müsse, so Reiser. Zudem sei die Berufsschule nicht das einzige größere Bauvorhaben. Daher schlug er vor, die Kreisumlage um zwei Prozentpunkte anzuheben. Denn je weniger man jetzt erhöhe, desto mehr müsse man in den nächsten Jahren erhöhen. Zumal die Umlagekraft bestimmt nicht steigen werde. „Angesichts der Verschuldung muss mehr Geld eingenommen werden“, meinte er.

Rettenbeck (ÖDP): Beträchtlicher Zuschussbedarf beim Theater



Die 49 Prozentpunkte Kreisumlage forderte auch Sepp Rettenbeck (ÖDP). Denn der Finanzbedarf des Landkreises bleibe durch die geplanten Investitionen sehr hoch. „Das werden die Gemeinden in den nächsten Jahren umso mehr über die Kreisumlage zu spüren bekommen.“ Die Freude darüber, dass man jetzt nur um einen Punkt erhöhe, würde bei den Kommunen, wenn es ihnen noch schlechter gehe, schnell verfliegen, prophezeite er.

Ein Treiber werde in den nächsten Jahren auch die drastisch höheren Zinszahlungen sein. Diese werden sich laut Rettenbeck bis 2027 auf über vier Millionen Euro fast verzehnfachen. Beträchtlich bleibe aus seiner Sicht auch der Zuschussbedarf zum Theater an der Rott. Auch wenn der Sanierungsbedarf mit 15 Millionen Euro Gesamtkosten und gut sieben Millionen Euro Eigenmittel im Vordergrund stehen würden, wolle er auch auf den jährlichen Zuschussbedarf von rund einer Million Euro hinweisen.

Neu und beträchtlich sei auch der Zuschussbedarf bei den Rottal-Inn Kliniken. Man werde heuer knapp zehn Millionen Euro für Verlustausgleich (6,5 Millionen Euro) und Krankenhausumlage (3,5 Millionen Euro) an den Freistaat aufbringen müssen. Denn die Landkreise und kreisfreien Städte müssten laut Rettenbeck über diese Umlage den Fördertopf des Freistaates zu 50 Prozent füllen. In diesem Zusammenhang rief er die Abgeordneten auf, dafür zu sorgen, dass die Kommunen hier entlastet werden.

Schießl (FW): Defizit der Rottal-Inn Kliniken im Vergleich zu anderen Landkreisen niedrig



Man habe sich bewusst dafür ausgesprochen, die Kreisumlage nur um einen Punkt zu erhöhen, sagte Werner Schießl (Freie Wähler). Denn im vergangenen Jahr sei man von einer Steigerung der Schulden um zwölf Millionen Euro ausgegangen. Das sei aber nicht der Fall gewesen. Daher sei man eher zurückhaltend in Sachen Erhöhung.

Das Defizit der Rottal-Inn Kliniken höre sich relativ hoch an, meinte Schießl. Im Vergleich zu anderen Landkreisen sei dies aber wenig. Man wirtschafte zwar gut, aber nichtsdestotrotz müsse man zu einer besseren Wirtschaftlichkeit kommen.

Niebler (FDP): Keine Erhöhung der Kreisumlage auf Vorrat



Oliver Niebler (FDP) begrüßte es, dass die Kreisumlage nur um einen Prozentpunkt erhöht wird. Denn auch die Gemeinden würden „stöhnen und ächzen“ unter den finanziellen Belastungen. Eine Erhöhung auf Vorrat sollte sich von selbst verbieten, wenn der Haushalt so darstellbar sei.

Er habe wenig in die Richtung gehört, die Ausgabe zu verringern oder die Einnahmen zu erhöhen. Die Möglichkeiten seien begrenzt. So würde die Erhöhung der Personalkosten bei 3,5 Prozent liegen und damit unterhalb der Inflationsrate. Daher könne man nicht behaupten, der Landkreis werfe mit Geld um sich, sagte Niebler.

Graf von Deym (UWG): Aufgaben der Kommunen werden immer mehr



Der ÖPNV habe in den letzten Jahren eine erhebliche Kostensteigerung erfahren, sagte Moritz Graf von Deym für die UWG. Die Entscheidung, den Rufbus einzustellen, sei genauso richtig wie auch bedauernswert. So begrüßenswert das Deutschlandticket sei, mache es dem Kreis jedoch sehr viel Arbeit. „Auch in diesem Punkt wird der Kreis wieder einmal alleine gelassen“, kritisierte er. Es sei ein Armutszeugnis der großen Politik, dass es immer noch nicht gelinge, auf dem Land ein attraktives Nahverkehrsnetz zu verwirklichen.

Die UWG habe immer betont, dass nur aus finanziell gesunden Kommunen ein ebensolcher Landkreis entstehen können. Die gestiegene Umlagekraft von 17,4 Prozent sei zwar erfreulich. Dies dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass nicht nur die Aufgaben des Landkreises, sondern auch die der Kommunen immer mehr und kostenintensiver werden.

Den gefundenen Kompromiss, die Kreisumlage um einen Prozentpunkt anzuheben, sei aus Sicht der UWG tragbar, „obwohl uns letztes Jahr eine gleichbleibende Umlage von 47 Prozentpunkten in Aussicht gestellt wurde“, wie er bemerkte. Angesichts der massiv steigenden Verschuldung und der zu erwartenden Kostensteigerungen würde sich die Fraktion einen ehrlicheren Ausblick wünschen.

Florian Haag (AfD): Bei freiwilligen Aufgaben Rotstift ansetzen



Aus Sicht von Florian Haag (AfD) seien Aufwendungen für Krankenhaus, Schulen, Landkreisinfrastruktur Kosten, an denen man mit Blick in die Zukunft nicht sparen sollte. Dies seien vielmehr Investitionen, um einen Status quo im Landkreis zu halten. Dass notwendige Investitionen in eine schwierige wirtschaftliche Zeit fallen, umrahmt von derzeit immer steigenden Investitionskosten, könne nur als gegeben hingenommen werden, fügte Haag hinzu.

Allerdings bedürfe es auch einer klugen und vorausschauenden Finanzplanung und einer Überprüfung von Einsparmöglichkeiten. Daher halte er es für dringend ratsam, bei etwa 60 freiwilligen Aufgaben den Rotstift anzusetzen. Würden nur die fünf größten Positionen hinterfragt und eingespart werden, könnten die fehlenden 2,5 Millionen Euro aus dem Ergebnishaushalt ausgeglichen werden, rechnete Haag vor. Das bedeute natürlich Einschnitte. Aber wer ein Kreiskrankenhaus und eine gute Schulinfrastruktur erhalten wolle, müsse zu solchen Einschnitten bereit sein.