Pfarrkirchen
Heinrich: „Wir brauchen mehr Heilerziehungspfleger“

19.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:09 Uhr

Tauschten sich über bessere Zugangsvoraussetzungen zum Beruf des Heilerziehungspflegers aus: (von links) Hochschulkoordinator und KWA-Berater Georg Riedl, Bezirkstagspräsident Olaf Heinrich, die stv. Leiterin des KWA-Bildungszentrums Silvia Wieser, Leiterin Bettina Schmidbauer, KWA-Vorstand Horst Schmieder, MdL Martin Wagle, Bezirkstagsvizepräsident Dr. Thomas Pröckl und die Schulvertreter Robert Paulus, Carola Wohlmannstetter und Tobias Waldmann. −Foto: Bezirk Niederbayern

Ein vielseitiger Beruf, der bei der Arbeit mit Menschen mit Behinderung sehr bedeutsam ist: Heilerziehungspfleger sind in den verschiedensten Einrichtungen für Menschen mit Handicap sehr gefragt. Allerdings ist die Zahl derer, die diese Ausbildung durchlaufen, derzeit rückläufig. Das liegt vor allem an den Zugangsvoraussetzungen. Dass diese sich zum Positiven ändern sollen und dabei alle an einem Strang ziehen müssen, darüber war man sich bei einem Gespräch von politischen und schulischen Vertretern am Bildungszentrum des KWA („Kuratorium Wohnen im Alter“) in Pfarrkirchen einig.

Praktikumszeit verkürzen

Der frühere Pfarrkirchner Bürgermeister Georg Riedl, inzwischen Hochschulkoordinator des European Campus Rottal-Inn und Berater der KWA bei deren Neubauplänen in Pfarrkirchen, hatte verschiedene Akteure zu einem runden Tisch ins KWA-Bildungszentrum eingeladen. Auslöser war, dass Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich in einem PNP Interview Mitte Dezember angekündigt hatte, in Landshut eine neue Berufsfachschule für Heilerziehungspflege initiieren zu wollen. Dies hatte Riedl etwas überrascht, da es bei der KWA in Pfarrkirchen eine solche gebe und auch noch Plätze frei seien.

Bei dem jetzigen Treffen, an dem neben Heinrich auch Bezirkstagsvizepräsident Dr. Thomas Pröckl auch MdL Martin Wagle sowie Vertreter der Schule und des KWA teilnahmen, war auch dessen Vorstand Horst Schmieder mit dabei. Er verwies darauf, dass insgesamt über 2800 Mitarbeiter für das KWA (es ist eine gemeinnützige Aktiengesellschaft, die vielfach Träger von Alterswohnstiften in Deutschland ist und auch Bildungseinrichtungen betreibt), tätig seien. Am KWA-Bildungszentrum in Pfarrkirchen würden derzeit über 650 Schüler zu Pflegefachkräften und in anderen sozialen Berufen unterrichtet, sagte er laut einer Pressemitteilung des Bezirks. Auch Heilerziehungspfleger würden hier ausgebildet.

So erfolgreich die Schule in der Gesamtheit auch sei, die Zahlen in der Heilerziehungspflege seien derzeit rückläufig, bedauert Schulleiter Robert Paulus. Gerade die letzten Jahrgänge seien schwächer, und es sehe nicht so aus, als würden die Zahlen künftig in die Höhe schnellen. Dies sei auch im Bayerntrend so. „Wir bieten seit 20 Jahren eine hervorragende Ausbildung, müssen aber natürlich auch schauen, wie es mit der Heilerziehungspflege weitergeht“, so Paulus. In Pfarrkirchen werde das dreijährige Modell angeboten. Der Vorteil gegenüber dem zweijährigen Modell sei eine engere Verzahnung mit der Praxis und, dass die Schüler dann als Arbeitnehmer in Unternehmen auch ein Einkommen haben. Dieses sei aber auch von Einrichtung zu Einrichtung unterschiedlich.

Allerdings, so schränkten Paulus und seine Kollegin Bettina Schmidbauer, Leiterin des Bildungszentrums, ein: Es seien gerade die Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung des Heilerziehungspflegers, die viele Interessenten im Vorfeld abschrecken. Denn es werde vorher ein zweijähriges Praktikum verlangt, bei dem es weder eine geregelte Vergütung noch eine Begleitung gebe und bei der die Praktikanten oft durchaus schon Verantwortung tragen müssen. So hörten viele schon vor Beginn der Ausbildung wieder auf, sagten die Schulvertreter.

Sie fordern eine Verkürzung der Praktikumszeit auf ein Jahr und eine fachliche Begleitung in dieser Zeit, zum Beispiel durch die Fachschule. Zudem wäre es wünschenswert, wenn die Auszubildenden während ihrer schulischen Zeit, wie in anderen Ausbildungen auch, Bafög erhielten. „Viele Interessenten können sich die Ausbildung ganz einfach nicht leisten.“

Angebot in Landshut soll keine Konkurrenz sein

Heinrich, Pröckl und Wagle stellten sich hinter verbesserte Zugangsmöglichkeiten für die Ausbildung zum Heilerziehungspfleger und wollen sich dafür einsetzen, wie sie versicherten. Ein zusätzliches Angebot der Lebenshilfe in Landshut, die in Zusammenarbeit mit den Barmherzigen Brüdern ebenfalls eine Fachschule für Heilerziehungspflege einrichten will, solle der guten Arbeit in Pfarrkirchen keinesfalls Konkurrenz machen, betonte Heinrich. Es sei vielmehr ein Angebot für Menschen im Raum Landshut, die den Beruf gerne ergreifen möchten, aber nicht jeden Tag eine einstündige Fahrt nach Pfarrkirchen auf sich nehmen könnten.

Wie Heinrich erklärte, sei die Lebenshilfe Landshut zunächst auf das KWA-Bildungszentrum in Pfarrkirchen zugekommen mit der Frage, ob es die Trägerschaft übernehmen wolle. Für den Bezirk, der das Unternehmen lediglich ideell und mit Räumlichkeiten in der Anfangsphase unterstützt, sei eine Ausbildung von zusätzlichen Heilerziehungspflegern auch in Landshut essenziell. „Wir haben hier ein Bezirksklinikum mit eigenem Bedarf. Wir wollen uns jedoch im ganzen Regierungsbezirk dafür stark machen, dass wieder mehr Menschen diesen Beruf ergreifen“, so Heinrich weiter. Auch in Pfarrkirchen werde bedeutsame und segensreiche Arbeit geleistet. Es sei wichtig, „dass wir alle an einem Strang ziehen, um bessere Zugangsvoraussetzungen für diesen Beruf schaffen. Wir brauchen unbedingt mehr Heilerziehungspfleger.“

Pröckl fügte an: „Ich kann nicht nachvollziehen, warum es zwei Jahre Aufwärmphase braucht. Ein Jahr würde reichen.“ Und MdL Wagle bekräftigte: „Wenn man neue Mitarbeiter gewinnen will, dann muss man diese auch entsprechend vergüten.“

− red