Aus Stadt und Landkreis Passau
Zum Schutz von Wäldern: Bürgerinitiativen tun sich zusammen

26.01.2023 | Stand 26.01.2023, 19:00 Uhr

Vertreter von fünf Bürgerbewegungen gegen Waldrodungen aus Neuburg am Inn, Vilshofen, Thyrnau, Eging und Passau trafen sich zu einem ersten Austausch. −Foto: privat

Fünf Bürgerbewegungen aus Stadt und Landkreis Passau, die sich gegen die Rodung von Waldflächen stark machen, haben sich in Passau getroffen. Jede dieser Initiativen kämpft um Waldstücke, die in der Summe über 50 Hektar ausmachen. Insgesamt haben rund 30 Leute aus Neuburg am Inn, Vilshofen, Thyrnau und Passau – mit dabei waren auch Vertreter des Bund Naturschutzes – beschlossen, über gemeinsame Veranstaltungen und Aktionen zu beraten.

Am Neuburger Wald gehe es gleich um zwei Gewerbegebiete, erklärte Dr. Annette Weber von der Bürgerbewegung zum Schutz des Neuburger Waldes aus der Gemeinde Neuburg am Inn. Brummer Logistik plante, 2019 eine Erweiterung um 18 Hektar im Bannwald. Nach massiven Protesten der Bürger stellte das Unternehmen das Projekt zurück. Der Gemeinderat reduzierte die Fläche im Dezember 2020 auf sechs Hektar. Noch ruhe das Vorhaben, die Firma hält aber am Bau einer zweiten Kühlhalle grundsätzlich fest (PNP berichtete).

Die Firma AREG in Pfenningbach plant ebenfalls eine Erweiterung im Bannwald, auf einer Fläche von rund 1,5 Hektar. Nach artenschutzrechtlicher Prüfung, „die nach Meinung der Waldschützer eher formell und unzureichend durchgeführt wurde“, wie Annette Weber sagte, befindet sich das Verfahren in Abstimmung mit den Behörden. Beide Vorhaben betreffen Bannwald im Besitz der Staatsforsten. Dieser genießt im Waldgesetz besonderen Schutz. Allerdings eröffnet das Gesetz auch eine Lücke, wonach gerodet werden darf, wenn direkt angrenzend neuer Wald aufgeforstet wird, der „gleichwertig ist oder gleichwertig werden kann“. Diesen Passus im Gesetz bezeichneten die Waldschützer als „nicht mehr zeitgemäß“. Das Waldgesetz müsse angepasst werden.

Unter dem Wald des Marterbergs, der dem Kloster Schweiklberg gehört, liegt eine 20 Zentimeter dicke Kiesschicht. Reinhard Bieringer von der Bürgerbewegung „Wald statt Kies“ berichtete, dass das Kloster seinen Wald an ein Kiesunternehmen verpachtet habe und den Kies gemeinsam vermarkten möchte – zunächst auf neun Hektar. Die Waldschützer vermuteten dahinter eine „Salamitaktik“. Denn unter dem 38 Hektar großen Wald liege noch mehr Kies. Wie auch beim Vorhaben in Neuburg wird das Argument von neuen Arbeitsplätzen angeführt – ein Argument, das Reinhard Bieringer in einem Kieswerk fragwürdig fand.

In Thyrnau geht es um Siedlungsbau, für den ein am Ostrand des Ortes gelegenes, zwei Hektar großes Waldstück zwischen einer bestehenden Siedlung und der Staatsstraße nach Hauzenberg weichen soll, wie Elisabeth Pilsl und Gerda Bauer vortrugen. Die Grundbesitzer, fünf Bürger der Gemeinde, von denen einer selbst Gemeinderat sei, betreiben gemeinsam dieses Vorhaben, erklärten sie. Der Widerstand kommt vor allem von den Bewohnern der bestehenden Siedlung, denen der Wald als Lärmschutz dient und die ihn wegen seiner reichen Flora und Fauna schätzen. Zwar wurde er vom Sturm Kolle 2017 massiv in Mitleidenschaft gezogen, nun wachse aber ein natürlicher junger Mischwald. Der Reichtum an Tierarten sei größer geworden.

Das Jägerholz ist im Besitz der Stadt Passau – in Randlage zur Gemeinde Tiefenbach sollen hier vier Hektar Wald einem Gewerbegebiet weichen, wie Sonja und Robert Lehneis referierten. Zwar soll ein sechs Meter breiter Randstreifen stehenbleiben, aber die Gegner bezweifeln, dass eine ökologische Waldfunktion erhalten bleiben kann. Als Naherholungsraum für Bäckerreuth (Tiefenbach) wäre der Wald verloren. Die Stadt argumentiert mit ihrem hohen Bedarf an Gewerbegebieten. Die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat seien eindeutig, das Verständnis für ökologische Belange gering, monierten die Vortragenden.

Bereits seit Frühjahr 2021 gibt es in Eging Aktivitäten seitens der Westernstadt zur Erweiterung. Andreas Pontz und Helgard Gillitzer vom Bund Naturschutz berichteten dazu. Erste Rodungen von 7000 Quadratmetern und Geländeauffüllungen erfolgten ohne Genehmigung. Im April stellte der Bund Naturschutz Strafanzeige beim Landgericht Passau. Der Bund Naturschutz wendet sich insbesondere gegen die Rodung von bis zu 13 Hektar Wald zugunsten von Parkplätzen und einem Campingplatz. Beides sei in Eging ausreichend vorhanden, aber nicht im Besitz des Freizeitparks. Der BN schlug vor, mit der Gemeinde und den Besitzern die Nutzung von Parkplätzen und Campingplatz vertraglich zu sichern. Nach dem Treffen der Waldschützer war das Thema erneut im Gemeinderat Eging: Mit einer Mehrheit von 9:7 befürworteten ÜW und SPD die Planung.

Diskussion
Helgard Gillitzer äußerte in der Diskussion ihren Unmut, dass Naturschützer oft als kleinliche Schützer von Amphibien, Fledermäusen etc. wahrgenommen werden. In Wirklichkeit zwinge sie die aktuelle Gesetzeslage, sich auf das Auffinden seltener Tierarten in gefährdeten Gebieten zu konzentrieren, da es sonst keine juristische Möglichkeit gebe, gegen die Zerstörung von Wald und anderen Naturräumen vorzugehen. Die Waldschützer sind sich einig: Der Wald hat einen Wert an sich. Er müsse dringend einen höheren Schutzstatus erhalten. Sie fanden: Eine Rodung von Waldflächen für Gewerbegebiete müsse generell ausgeschlossen werden.

− red