Giftschlange auch im Bayerwald
Zu Unrecht gefürchtet: Die Kreuzotter ist das Reptil des Jahres

01.05.2024 | Stand 01.05.2024, 8:00 Uhr

Zum Verwechseln ähnlich schauen sich die Kreuzotter (links) und die Schlingnatter. − Fotos: Pauli/Zoder

Bei vielen Menschen löst der Name einen leichten Schauder aus: die Kreuzotter ist die Giftschlange in Deutschland schlechthin. 2024 ist sie das Reptil des Jahres und kommt auch im Bayerwald vor. Ralf Braun, Leiter der Umweltstation Haus am Strom in Jochenstein, gibt Infos zu dieser Schlange und erklärt, warum sie oft verwechselt wird.

„Tatsächlich ist das Gift der Kreuzotter sehr stark, aber ihr Vorrat sehr gering“, so Braun. „Ein gesunder Erwachsener müsste von fünf Kreuzottern gebissen werden, damit es tödlich wirkt. Seit 1959 starb in Deutschland nur 2004 eine 81-jährige Frau nach dem Biss einer Kreuzotter. Die Bisswunde schwillt innerhalb einer Stunde sehr stark an, das Gift hat eine lähmende und zersetzende Wirkung. Wer tatsächlich von einer Kreuzotter gebissen wird, sollte sofort einen Notruf absetzten, bevor eine Ohnmacht einsetzen kann.“ Braun höre oft von Menschen, die von einer Schlange gebissen worden sind und außer einem Unwohlsein keine Symptome gehabt hätten.

„Sehr beißfreudig, aber nicht giftig“



Er führt dies auf einen Biss der ähnlichen Schlingnatter zurück, die vor allem im Donautal durchaus häufig ist. „Sie ist sehr beißfreudig, aber nicht giftig. Der Schock über den Biss ist die Ursache für Übelkeit und Schwindel, beides vergeht dann aber wieder, wenn der Biss von der Schlingnatter stammt.“ Die Kreuzotter hingegen gelte als nicht beißfreudig, sie braucht ihr Gift für die Jagd. Offenbar kann es aber auch „trockene Bisse“ ohne Gift geben, ganz geklärt sei der Sachverhalt nicht. Hauptnahrung der Kreuzotter sind Mäuse, für Jungtiere oft kleine Frösche. Auch Eidechsen werden gefressen.

Kreuzotter wird 50 bis 60 Zentimeter lang



Doch wie erkennt man die Kreuzotter? Durchschnittlich wird die Kreuzotter 50 bis 60 Zentimeter lang. Charakteristisch ist das durchgängige schwarze Zick-Zack-Muster am Rücken. Die ähnliche Schlingnatter hat Punkte, die in Reihen angeordnet sind. Die Kreuzotter hat eine schlitzförmige Pupille – „allerdings muss man dazu erst einmal einer Kreuzotter in die Augen schauen können, vielleicht im Zoo“, sagt Braun. Sie ist in den kühleren Gebieten Deutschlands weit verbreitet, wird dort aber immer seltener. In der Region kommt sie im Bayerischen Wald vor, früher fast bis zur Donau, heute nur in den etwas höheren Lagen. „Schwer zu schaffen macht der Giftschlange der Klimawandel, denn sie verträgt es nicht so warm.“

Klimawandel macht Tieren zu schaffen



Sie ist die einzige Schlange, die nördlich des Polarkreises gefunden wird. Als Anpassung daran bringt sie lebende Junge zur Welt, trägt also die Eier bis zum Schlupf in sich. „So kann sie sich und ihre Eier gezielt der Wärme aussetzen und muss nicht für die Eier einen warmen Ort suchen“, so Braun. „Neben dem Klimawandel macht dieser Schlange vor allem zu schaffen, dass Heiden, Moore und extensives Grünland entweder intensiv landwirtschaftlich genutzt oder in Wald umgewandelt werden. Auch die Zerschneidung ihrer Lebensräume durch Straßen ist ein großes Problem, weil diese kaum zu überwinden sind.“ Den kleinen eingeschlossenen Populationen drohe die genetische Verarmung.

So ist die Kreuzotter in Deutschland inzwischen stark gefährdet. „Dokumentiert ist, dass vor 150 Jahren in Deutschland jährlich Prämien für 10000 erschlagene Kreuzottern gezahlt wurden. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei“. so Braun. „Denn diese besondere Schlange braucht unseren Schutz und wurde deshalb zum Reptil des Jahres gewählt.“

− red