Passau
Wer bekommt einen Platz im Naturkinderhaus?

Junger Vater prangert an: „Keine Chance, wenn man kein Klinikums-Mitarbeiter ist“ – Stadt dementiert

16.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:36 Uhr

Seit 2021 hat das Naturkinderhaus am Klinikum geöffnet. Als städtische Einrichtung sollte es allen Bewerbern offenstehen, ein 34-jähriger Vater aus der Innstraße fühlt sich aber benachteiligt, da er nicht am Klinikum arbeitet. −Foto: Hatz

Von Johannes Munzinger

Eine Einrichtung wie das Naturkinderhaus am Klinikum ist ein Traum für ein Krankenhaus: Kinderbetreuung gleich nebenan, das kann ein großer Standortvorteil sein, wenn man in Zeiten des Fachkräftemangels neue Mitarbeiter locken will. Aber das Naturkinderhaus, das im Sommer 2021 eröffnet hat, ist eine städtische Einrichtung, keine Betriebs-Kita. Also dürften Klinikumsmitarbeiter nicht bevorzugt werden. Das Anmeldeformular, Aussagen der Mitarbeiter und nicht zuletzt die Homepage des Klinikums legen aber nahe, dass genau das geschieht.

Am 10. Dezember 2022 ist ein 34-jähriger Passauer, der in unmittelbarer Nachbarschaft zum Naturkinderhaus in der Innstraße wohnt, Vater geworden (er will anonym bleiben, sein Name ist der Redaktion bekannt). Bereits am 19. Dezember sei er in der Kita vorstellig geworden. „Das wäre natürlich ideal“, sagt er im Gespräch mit der PNP. „Die Einrichtung ist 500 Meter von mir entfernt, besser ginge es nicht.“

Doch seine Hoffnung auf einen Platz im Kitajahr 2024/25 habe schnell einen herben Dämpfer erhalten. „Eine Mitarbeiterin der Kita hat mich sofort abgewimmelt und gesagt, dass ich wohl keine Chance habe, wenn ich kein Klinikums-Mitarbeiter bin.“ Er solle es aber trotzdem per E-Mail versuchen.

Auf seine Anfrage hin antwortete ihm die Kita-Leiterin in einer Mail, die der PNP vorliegt: „Sie müssen wissen, dass Klinikums-Mitarbeiter bei uns berücksichtigt werden und die Krippenplätze in unserem Haus begrenzt sind.“

Anmeldeformular lässt jungen Vater stutzig werden

Richtig stutzig wurde der junge Vater, als er das Anmeldeformular geschickt bekam. Gleich neben „Vorname, Name (Eltern)“ steht „Mitarbeiter Klinikum Abteilung“, beide Informationen sollen in einem einzigen Doppelfeld eingetragen werden.

Der 34-Jährige recherchierte und entdeckte einen Artikel auf der Homepage des Klinikums mit dem Titel „Naturkinderhaus am Klinikum ist fertig“. Im letzten Absatz steht wörtlich: „Im Naturkinderhaus haben Kinder von Klinikums-Mitarbeitern Vorrang.“

„Das kann aber eigentlich nicht sein“, sagt der Innstraßen-Bewohner, der anschließend die Rechtslage im Internet recherchiert habe, mit dem Ergebnis: „Da es sich um einen städtisch betriebenen Kindergarten bzw. Kita handelt, muss diese für alle Bürger gleich zugänglich sein und eine rechtswidrige Vergabe der Plätze darf nicht als Wettbewerbsvorteil für das angrenzende Klinikum genutzt werden.“ Eine solche Bevorteilung sei aber offenbar der Fall.

Am 26. Januar wandte er sich in einem Schreiben an OB Jürgen Dupper. Die Antwort kam am 27. März. Darin schreibt der OB: „Beim Naturkinderhaus am Klinikum haben viele Platzanfragen lagebedingt eine Verbindung zum Klinikum, weshalb weitere Rückfragen dahingehend nicht verwunderlich sind. Eine Vorrangstellung kann daraus jedoch nicht per se abgeleitet werden, zumal es sich nicht um eine Betriebskita handelt. Zudem ist konzeptionell verankert, dass eine heterogene Aufnahme und sozioökologische Vielfalt erreicht werden soll.“

„Ich fühle mich, auf gut Deutsch gesagt, verarscht“

Dazu sagt der 34-Jährige: „Von der Antwort fühle ich mich, auf gut Deutsch gesagt, verarscht.“

Die PNP hat eine Anfrage an Rathaus und Klinikum gestellt, geantwortet hat das OB-Büro. Rathaus-Sprecher Michael Schmitt schreibt: „Das Naturkinderhaus weist eine Nähe zum Klinikum auf. Nicht zuletzt wurde dieser Standort, der dem Klinikum gehört, gewählt, da hier viele für eine Kinderbetreuung anspruchsberechtigte Personen arbeiten. Die Betreuungszeiten wurden so gewählt, dass diese im Einklang mit den Schichtarbeitszeiten sind, damit möglichst viele wieder die Arbeit am Klinikum aufnehmen können.“ Einen reinen Betriebskindergarten habe die Stadt aber nicht bauen wollen, das Naturkinderhaus „sollte auch grundsätzlich für alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Passau offenstehen“.

Habe eine Kita mehr Anmeldungen als verfügbare Plätze, erfolge eine Auswahl „nach festgelegten Kriterien wie unter anderem Berufstätigkeit, Wohnort, Arbeitsplatz“.

Der zentrale Satz des Antwortschreibens: „Kinder von Mitarbeitern des Klinikums haben per se keinen Vorrang. Nur im Rahmen der Auswahlkriterien.“

Das beißt sich allerdings mit dem Artikel auf der Homepage des Klinikums, in dem der Vorrang der Mitarbeiter dezidiert erwähnt wird. Auf abermalige Nachfrage der PNP schreibt das OB-Büro: „Die Klinikums-Homepage wird entsprechend angepasst.“ Wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass diese Behauptung auf der Homepage stand, erklärte das Rathaus jedoch nicht.