Pocking
Wegkommen von Einweg – kein leichter Weg

Gastronomie muss jetzt Mehrwegverpackungen anbieten

10.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:51 Uhr

Gerichte zum Mitnehmen werden im Restaurant bzw. in der Metzgerei Pflieger schon seit eineinhalb Jahren in Mehrwegbehältern angeboten. Marcel Käferböck bewirbt die umweltfreundliche Verpackung aktiv. Mit Erfolg. Mittlerweile nutzen 25 bis 30 Prozent seiner Take-away-Kunden das Mehrweg-Pfandsystem: 80 Boxen sind aktuell im Umlauf, zehn Privatkunden haben fest gebucht, auch im Tagesgeschäft sind die Kunststoff-Boxen gefragt. Dazu kommt der Lieferservice für einen Pflegedienst. „Ich hoffe, dass mit der neuen gesetzlichen Regelung mehr Leute motiviert werden“, sagt Käferböck. −Foto: Keller

Von Carmen Keller

Gaststätten und Cafés, die Essen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen, sind seit Jahresbeginn dazu verpflichtet, ihre Produkte auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. Laut Bundesumweltministerium sollen insbesondere Einwegverpackungen aus Kunststoff ersetzt werden.

Eine Initiative zur Vermeidung von Verpackungsmüll im Gastro-Bereich gibt es in Pocking schon seit dem Sommer 2021. CSU-Ortsvorsitzender Christoph Putz hatte angesichts der gestiegenen Nachfrage nach Take-away-Angeboten in Zeiten von Corona ein Mehrwegsystem für die regionale Gastronomie initiiert: „BoMo“ (Box für Morgen), ein Nachhaltigkeitskonzept, das bereits in mehreren bayerischen Landkreisen eingeführt war. Auch Landrat Raimund Kneidinger unterstützte die „Landkreisbox“, für die ein Pfand in Höhe von zehn Euro fällig wird und die bei allen beteiligten Betrieben abgegeben werden kann.

Putz’ große Hoffnung, dass möglichst viele Gastronomen und Metzgereien mitmachen, hat sich bisher nicht erfüllt. Nicht einmal eine Handvoll Pockinger Gastro-Betriebe ist dabei. Dennoch lässt sich Christoph Putz nicht entmutigen. Er ist weiter mit den Wirten im Austausch und hofft, dass die geänderte Gesetzeslage dem Umweltschutz-Engagement einen neuen Schub gibt.

„Man muss schon für die Sache werben, sonst rührt sich nichts“, sagt Marcel Käferböck vom Restaurant Pflieger. Das Gasthaus mit angegliederter Metzgerei war gleich mit im Boot, als das BoMo-System startete. Mittlerweile setzt Pflieger-Chef Käferböck auf eine andere Marke. Peu à peu stellt er auf die Pfandschalen einer anderen Marke um – nicht nur, weil das Pfandsystem günstiger ist, sondern auch, weil die Boxen Trennwände haben und sich damit als die praktikablere Lösung erwiesen haben. „Bei uns hat sich das Mehrwegsystem sehr gut etabliert“, bekundet Marcel Käferböck nicht ohne Stolz. 25 bis 30 Prozent der Take-away-Kunden haben sich von der Einweg-Verpackung verabschiedet. 80 Boxen sind im Umlauf. Käferböck bedauert, dass es einem Betrieb seiner Größe nicht erlaubt ist, von Kunden mitgebrachte Behältnisse zu befüllen. „Das würde der Sache einen Push geben“, ist er überzeugt.

Für die meisten Pockinger Anbieter von Essen zum Abholen hat das Thema Mehrwegverpackung bisher keine große Rolle gespielt. Die Mehrwegbehälter sind jetzt da, aber keiner verlangt sie. „Noch kein einziger Kunde hat nachgefragt“, lässt Hans Höchtl junior von der gleichnamigen Metzgerei wissen. Aus seiner Sicht kann bei Mehrweg die Hygiene schnell mal auf der Strecke bleiben. „Es besteht keine Verpflichtung, dass die Behälter gespült zurückgegeben werden müssen. Das ist doch unhygienisch“, meint Hans Höchtl junior.

Auch bei Angelina Karlstetter von der Klosterbäckerei Karlstetter herrscht eine gewisse Skepsis. Schon seit längerer Zeit gibt es in der Bäckerei Coffee-to-go-Becher, für die ein Pfand in Höhe von zwei Euro erhoben wird. „Die meisten Leute wählen den Pappbecher“, sagt Angelina Karlstetter. Wie sich das Kundenverhalten nach der Gesetzesnovelle entwickelt, wagt sie nicht zu prognostizieren. „Fragen Sie in ein paar Monaten nach, dann gibt es sicher Erfahrungswerte“, meint Angelina Karlstetter. Sie verweist darauf, dass der Abholservice für Speisen in ihrem Betrieb ohnehin keine sehr große Rolle spielt. Der Großteil der Gäste speise im Lokal.

Pizzen in Mehrwegboxen abzugeben, kann sich Gordana Malaspina vom italienischen Restaurant Il Localino bisher nicht vorstellen. „Wie soll das gehen, wenn die Leute zu Stoßzeiten im Minutentakt anrufen?“, gibt sie unumwunden zu, dass die Mehrwegbehälter in ihrem Lokal nur bereitstehen, weil es das Gesetz vorschreibt. Noch kein Gast oder Kunde habe danach verlangt.

Wie in allen rund 1450 Fastfood-Restaurants von McDonald’s Deutschland werden die Gäste in der Pockinger Filiale nun deutlich sichtbar darüber informiert, „dass für bestimmte Produkte eine Mehrwegalternative ausgewählt werden kann“, teilt die Pressestelle von McDonald’s Deutschland in München auf Anfrage mit. Bereits seit 2019 werde ein Fahrplan verfolgt, um nach und nach Plastik- und Verpackungsmüll zu verringern. Über zwei Jahre sei ein Mehrweg-Pfandsystem getestet worden. Seit Dezember 2022 werden bei McDonald’s deutschlandweit Kalt- und Heißgetränke sowie Eissorten beim In-Haus- oder Außer-Haus-Verkauf auch in einer Mehrwegverpackung angeboten. Zusätzlich zum Produktpreis müssen zwei Euro Pfand gezahlt werden.

Das neue Gesetz

Eine Novelle des VerpackG schreibt erstmals vor, dass Letztvertreiber von Einweg-Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff und von Einweg-Getränkebechern aller Materialien ab dem 1. Januar 2023 Lebensmittel und Getränke im „To-go-Bereich“ auch in einer Mehrwegverpackung anzubieten haben. Diese darf nicht teurer als die Einwegverpackung sein, aber die Erhebung eines angemessenen Pfandes auf die Mehrwegverpackungen bleibt möglich. Verbraucherinnen und Verbraucher haben damit in Zukunft die Wahl zwischen Einweg- und Mehrweg-to-go-Verpackung und können aktiv dazu beitragen, den Verbrauch von Einwegverpackungen zu reduzieren. Kleine Verkaufsstellen wie Imbisse und Kioske mit höchstens fünf Beschäftigten und einer Ladenfläche von nicht mehr als 80 Quadratmetern sind von der Pflicht ausgenommen. Sie müssen jedoch ermöglichen, selbst mitgebrachte Mehrwegbehältnisse zu befüllen. Die Letztvertreiber müssen auf das jeweilige Mehrwegangebot durch deutlich sicht- und lesbare Informationstafeln hinweisen.