Hallenturnier wieder ein großer Erfolg
Torwartverzicht und Dreifinger-Jubel: Der Sonnenland-Cup – die Talentschau in fünf Geschichten

08.01.2024 | Stand 09.01.2024, 8:42 Uhr

Mit drei Fingern im Gesicht ahmt Josef Hamdi den Torjubel seines Vorbilds nach – das allerdings zum Vorbild gar nicht so recht taugen will: Quincy Promes ist zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. − F.: Scherer

Der Sonnenland-Cup 2024 ist Geschichte. Was bei der 23. Austragung aufgefallen ist – vom Generationswechsel über taktische Kniffe bis zum Vorstand, der sich als Kehrmeister verdingt.

Abschlagtor und schneller Abgang

Erstes Spiel, erste Minute des Turniers: und das ging ja gleich gut an für die Auswahl von Slavia Prag und noch dazu kurios. Torwart Ondrej Suchy erkannte die Situation und überwand den Keeper des FC Winterthur mit einer Bogenlampe. Sportlich ging’s aber nicht so erfolgreich weiter. Nach der Vorrunde musste die Mannschaft von Trainer Jakub Glanc mit einem dritten Platz in der Abrechnung schon früh die Segel streichen. Dennoch für ihn eine erfolgreiche Erfahrung. „Wir sind stolz, dass wir uns mit diesen Spitzenteams messen konnten“, resümierte er nach dem seiner Meinung „perfekt organisierte Turnier“.

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Die Verzichtbarkeit eines Torhüters

Eine technisch feine Klinge schlugen die Jungs von Hertha BSC Berlin und überraschten zusätzlich die Zuschauer mit einer offensiven Variante. Einen Torhüter suchte man nämlich größtenteils vergebens im Team der Blau-Weißen aus der Bundeshauptstadt. „Unsere Spieler sind fußballerisch sehr gut ausgebildet und so schaffen wir im Ballbesitz immer Überzahlbedingungen“, begründet Trainer Konstantinos Kotzifakis sein Vertrauen ins Team, das soweit geht, dass er den Torhüter nur im Spiel gegen den Ball einwechselt. „Wir wollen den Gegner locken und dann im letzten Moment unseren Vorteil nutzen“, so der Hertha-Coach.

Der Dreifinger-Jubler vom FC Augsburg

Als es drauf ankam, war er da: Josef „Josi“ Hamdi (14) vom Turniersieger FC Augsburg. Sowohl im Viertelfinale gegen Dortmund, als auch im Halbfinale gegen Utrecht und natürlich auch im Finale gegen Nürnberg netzte der Linksfuß spektakulär ein. Und danach zeigte er mit der linken Hand den Promes-Torjubel: den Daumen auf die linke Wange, den Zeigefinger längs von der Nase auf die Stirn, die restlichen Finger über die rechte Wange. „Das ist neben CR7 einer meiner Vorbilder“, erklärte der junge Augsburger, der eigentlich aus Fürstenfeldbruck stammt und seit Juli 2021 beim -Nachwuchs des schwäbischen Bundesligisten kickt. An der frischen Luft spielt „Josi“ mit seiner Truppe in der U15-Bayernliga und leitet als „Zehner“ die Bälle auf die richtigen Wege – wenn’s sein muss auch ins gegnerische Netz wie beim Sonnenland-Cup. Mit „Josis“ holländischem Vorbild Quincy Promes (32) ist es unterdessen so eine Sache: Der einstige Publikumsliebling von Ajax wurde im Juni dieses Jahres von einem Gericht in Amsterdam wegen schwerer Körperverletzung zu einer Haftstrafe verurteilt. Der Ex-Nationalspieler hatte einem Cousin auf einer Familienfeier nach einem Streit mit einem Messer ins Bein gestochen. Doch der niederländischen Justiz entzieht sich Promes, weil er seit Februar 2021 wieder für Spartak Moskau spielt und laut Algemeen Dagblad auch in Russland bleiben will – doch von all diesen Dingen wusste „Josi“ nichts.

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Der Besenschwinger aus dem Stadtrat

Vereinsvorsitzender von gleich zwei Vereinen, Stadtrat und und und: Wolfgang Wagner (55) steht natürlich auch beim Sonnenland-Cup seinen Mann und hilft, wo er nur kann. Und der Vorsitzende der Ausrichter SV Schalding und der Spvgg Hacklberg war sich auch keineswegs zu fein, eine halbe Stunde vor Mitternacht noch den Besen zu schwingen. Mit einem roten Schäufelchen in der linken Gesäßtasche fegte Wagner die Hinterlassenschaften der Fans auf der Tribüne in der Dreiländerhalle weg. Und dort gab’s jede Menge Müll, speziell von einer amerikanischen Burger-Kette. Aber einer muss den Dreck ja wegmachen. Wagners Stellvertreter beim SVS, Hans-Jürgen Bauer, in Personalunion auch „Dult-Bürgermeister“, ließ es zu dieser Uhrzeit schon etwas ruhiger angehen: Nach einem ganzen Tag in der Küche – Bauer steht bei Heimspielen der Grün-Weißen – ja auch am Reuthinger Weg am Grill, verabschiedete der Funktionär zwei Mainzer Trainer mit einem „Kurzen“ über die Theke – das schmeckte den Rheinhessen.

Das „Meisterwerk“ zu treuen Händen

Nach fünf Tagen in der Halle und insgesamt vielleicht 14 Stunden Schlaf war Manuel Kirchberger gestern dann irgendwann spät nachmittags auf dem Weg nach Hause. Der 26 Jahre alte Industriemechaniker ist das Gesicht des Generationenwechsels beim Hallenfußball-Fest in der Passauer Dreiländerhalle. Bis auf das C-Turnier, bei dem Heinz-Günter Kuhls als „Vater des Sonnenland-Cups“ maßgeblich unterstützend eingriff, stand mit Kirchberger erstmals die neue Generation in der Verantwortung fürs Mammut-Turnier ganz vorn. Auch wenn der Mann vom SV Schalding gestern noch ganz unter den Eindrücken seiner Premiere stand, ist da bei ihm vor allem ein Gefühl der Dankbarkeit: „Ich empfinde es als Anerkennung, dass mich Heinz-Günter auf sein Meisterwerk die Hand draufhalten lässt“, sagte Kirchberger der Heimatzeitung. „Brutal, welche Arbeit er da über die Jahre geleistet hat“, stellt der neue Frontmann fest. 200 Helfer sind schließlich zu koordinieren, Mannschaften durchs Turnier zu lotsen – alles sei einwandfrei gelaufen, sagt Kirchberger zufrieden. Und die auf seine Initiative neu eingeführte Video-Leinwand tat bis auf ein, zwei Mucken auch einwandfrei ihren Dienst. Gute Vorbereitung ist eben die halbe Praxis, gibt Kirchberger zu verstehen. In dem Sinne, so viel ist sicher, werden die Schaldinger und Hacklberger auch den Sonnenland-Cup 2025 angehen.


Text: Michael Oswald, Michael Scherer, Martin J. Freund, Bernhard Wiesmüller