Kirchham
Premiere für Philipp Webers „Power to the Popel“

17.12.2023 | Stand 17.12.2023, 17:00 Uhr
Lorenz Diet

Sein neues Programm „Power to the Popel“ stellte Philipp Weber im Kirchhamer Kartoffelkeller vor. − Foto: Diet

Von Lorenz Diet

Schon des öfteren waren die Besucher der Kleinkunstbühne im Kirchhamer Kartoffelkeller erprobte Versuchskaninchen für ein neues Kabarettprogramm. So auch bei der letzten Kabarettvorstellung 2023 bei vollem Haus. Am Freitagabend stellte der Amorbacher Kabarettist Philipp Weber – es war sein fünfter Auftritt in Kirchham − sein neues Programm „Power to the Popel“ vor. Wieder also eine Weltpremiere in Kirchham. Und die war gelungen. Note: sehr gut.

Kartoffelkeller-Besucher einmal mehr Versuchskaninchen

Popel? Nasendreck? Auf gut Bayerisch Nasenrammel! Jedenfalls verstand es der Franke aus dem äußersten Nordwesten Bayerns, die niederbayerischen Südostbayern von seinen vielfältigen Künsten zu überzeugen. Sein tiefsinniger geistiger Humor, seine profunde Sprachvielfalt und seine sitzenden Pointen: Er zog sie nur so aus der Nase und strapazierte ständig die Lachmuskeln der Zuhörer. Die lächelten auch schön, wenn sie einmal etwas nicht verstanden hatten. Das gab dem Künstler die Gewissheit, dass er mit seinem neuen Programm auf dem richtigen Weg ist.

Und schon ratterte das „Maschinengewehr Philipp Weber“ los. Jeder Schuss ein Treffer. Wie viele Kilometer mag der Unterfranke auf der kleinen Bühne im Kartoffelkeller an diesem Abend zurückgelegt haben? Hin und her, her und hin!

Selbst einmal Biologie- und Chemielehrer, brach er eine Lanze für seine Berufskollegen, indem er sagte: „Ein Volk verdummt, wenn es seine Lehrer nicht ehrt.“ Meinte er das echt? Die jüngste PISA-Studie habe ergeben, das zwei Drittel der Schüler nicht multiplizieren und dividieren können. Seine Meinung dazu: „Scheiß’ auf Latein, Hauptsache sie können Mathe!“ Nur 40 Prozent können etwas vorlesen. Für die anderen bedeutet „Lesen“ Obst sammeln oder Weintrauben ernten. Im Klassenzimmer sind keine dumme Fragen erlaubt, außer beim Elternsprechtag.

Ein Grundkurs in Demokratie und im Lachen

„Ein Drittel der Deutschen ist demokratiemüde und nicht fähig, anstehende Probleme zu lösen. Wir Deutsche verschlafen alle großen Fragen“, konstatiert Weber und empfiehlt allen Demokratiemüden, sich in Saudi Arabien auszuschlafen. Seine dringende Empfehlung: Ein Grundkurs in Demokratie und im Lachen. Und genau das wurde der Abend im Kartoffelkeller.

Weber kommt auf die Zeugen Jehovas zu sprechen, die jeden von ihrem Glauben überzeugen wollen. „Doch ich habe sie beim Kaffee so überzeugt, dass sie mir zwei CDs abkauften.“ Der gewiefte Kabarettist schießt sich auf seinen lieben netten Nachbarn, den „braunen Hans“ ein, der es von der NPD, der DVU bis zur AfD gebracht hat. Für den gilt: „Ist der Ali kriminell, ab in die Heimat, aber schnell“.

Weber nähert sich aus verschiedenen Blickwinkeln dem Begriff „Volk“ an. „Wer ist das Volk? Die Padanier der Lega Nord oder die skifahrenden Südtiroler mit ihren Sturmhauben?“ Weber folgert scharfsinnig: „Wenn Volk eine Frage des Blutes ist, dann haben wir nur vier Völker, weil es vier Blutgruppen gibt.“

Und dann die Globalisierung! Wie viel Spaß macht da eine Bikiniparty in Mallorca, bei der mit viel Spaß beim Sex der Genpool aufgefrischt wird! „Schon der urdeutsche Arminius war eine jämmerliche Promenadenmischung. Und wir Odenwälder, eine zähe Rasse, sind das Ergebnis eines jahrhundertealten Straßenstrichs.“ Doch wer sind wir? Transzendente Obdachlose? Europäer? Weltbürger? Gutbürger? Und der wirbelige Künstler weiter: „Es ist ein Irrtum intensiv zu glauben, denn die Leute glauben jeden Mist. Sogar, dass Putin den Ukrainekrieg nur gegen die westliche Elite führt.“ 40 Prozent der AfD-Wähler würden glauben, dass es in Deutschland kein Volk gibt. „Aber was ist das mit dem gemeinen Volk, dem Glaubensvolk oder dem schlimmsten Volk, dem Weibervolk?“, stellt Weber zynisch in den Raum. Er selbst hat ein Ameisenvolk adoptiert, die wie der Mensch gemäß Platon politische Wesen sind. „Von ihnen habe ich gelernt, dass trotz eines winzigen Hirns es auf ihren Straßen keine Staus und Unfälle gibt und die Richtgeschwindigkeit eingehalten wird. Wie viel Hirn muss da die FDP noch haben, die nicht einmal ein Tempolimit schafft?“

Bittere Wahrheiten humorvoll verpackt

Voller Hinter- und Tiefsinnigkeit tischte der gewandte und vielseitige Kabarettist die Verschwörungstheorien während Corona auf, dass jede Staatsform ohne Vernunft Mist und der Massenmensch infantil und leicht beeinflussbar ist. Weber prangerte den Unsinn von Meerjungfrauenschwimmkursen, die Politik von Kindsköpfen der pubertierenden AfD oder von Windkraftspezialisten an, die sich fragen, wo der Strom herkommen soll, der die Windräder antreibt.

Der fränkische Odenwälder lobte das Heizungsgesetz, das ihn drei Monate als Komiker ernährt hatte.

Philipp Weber hat es einmal mehr verstanden, bittere Wahrheiten abendfüllend und nie langweilend humorvoll zu verpacken. Bravo Philipp!