Festival Young Classic Europe
Passauer Meisterpianist Alexej Gorlatch herzlich gefeiert

18.11.2022 | Stand 19.09.2023, 5:06 Uhr

Bot im Passauer Rathaussaal eine große Leistung: Alexej Gorlatch (2. von links, hier auf der Bühne mit dem Vogler Quartett). −Foto: Raimund Meisenberger

Aus dem Buben, der mit sieben Jahren an der Musikschule in Passau Klavierspielen gelernt hat, ist ein Solist von internationalem Format gewachsen. Seine Vita ist die eines Mannes, der es geschafft hat: Preisträger von ARD-Musikwettbewerb bis Rubinstein, Auftritte in Carnegie Hall New York und Suntory Hall Tokio, 34 Jahre alt und seit zehn Jahren Professor in Frankfurt, Wien, Mannheim. Mit zwölf Jahren spielte der in Passau aufgewachsene Alexej Gorlatch zum ersten Mal beim Nachwuchsfestival Young Classic Europe in seiner Heimatstadt – zum 25. Jubiläum hat er dort am Donnerstagabend im Rathaus seinen fünften gefeierten Auftritt absolviert. Der Pianist ist nicht nur ein Könner, er ist ein Meister – und das ist ein Unterschied.

Gorlatch spielt Chopin, solo und begleitet vom seit 1985 zur Einheit verwachsenen Vogler Quartett, das in Chopins Klavierkonzert Nr. 2 mit vier Personen und mit betont üppig-warmem Legatostrich das Sinfonieorchester ersetzt – ein Virtuosenstück, das Gorlatch in poetische Tiefen führt. Ganz anders klingt das Ensemble ohne den Pianisten und befreit von der dienenden Funktion in den Quartetten op. 13 a-Moll von Mendelssohn Bartholdy und Mozarts Nr. 9 in A-Dur: faszinierend klar, wenig Vibrato, Tim Voglers erste Geige dringlich scharf, wohltuend nüchtern, selbst im Presto ist der Charakter nicht rasender, sondern dichter. Mendelssohn wird nicht süßer und prächtiger als nötig, Mozartverehrer dürften schlucken, wie unverspielt, untänzerisch gar ein Menuett klingen kann. Sehr eigen ist das und sehr willens, einen eigenen Stempel aufzudrücken.

Dieser Impuls, diese Absicht, der gängigen Aufführungstradition einen eigenen Standpunkt entgegenzusetzen, zeichnen das Vogler Quartett wie auch den Pianisten Alexej Gorlatch aus. Hier sind Künstlerpersönlichkeiten mit Mut zur subjektiven Deutung am Werk – das ist es, worin sich der Meister vom bloßen Könner unterscheidet.

Wie Gorlatch in Chopins Nocturne in Es-Dur Nr. 2 Motive neu denkt und entwickelt, statt sie zu wiederholen, wie selbstverständlich und organisch er sich Freiheiten im Tempo nimmt, wie er der Polonaise op. 53 „Heroique“ das Heroische austreibt und dem Helden Zweifel und Nöte auf den Weg mitgibt, das Monumentale zum Menschlichen formt, wie leicht und energetisch er in der Zugabe in Wellenbewegungen durch die Oktaven der Etüde Nr. 1 läuft – das ist große Meisterschaft am Klavier. Passau darf ein bisschen stolz sein auf diesen in Kiew geborenen „Sohn der Stadt“. Und auf ein Musikfestival, das ihn an so herzlich an diese Stadt bindet.

Raimund Meisenberger


Young Classic geht ins Finale mit zwei Konzerten: 24.11., 19.30 Uhr, Amaris Trio, Heiliggeistkirche. 27.11., 18 Uhr, sinfonisches Abschlusskonzert, Rathaus, Karten: young-classic.eu