Galerie am Stein
Kunst aus der Tiefe der Seele: Art-Brut-Künstler Josef Hofer in Reichersberg

01.08.2023 | Stand 13.09.2023, 1:42 Uhr

Ausdrucksstarke Porträts und freizügige Darstellungen des menschlichen Körpers sind Sujets des Künstlers Josef Hofer. Sein unverkennbares Markenzeichen sind die orange-gelben Rahmen, seine Bilder schützend umschließen. −Fotos: Hans Würdinger

Diese Kunstausstellung in der Galerie am Stein in Reichersberg fällt in jeder Hinsicht aus dem Rahmen. Monika Perzl zeigt die neuesten Werke von Josef Hofer, dem weltweit bekanntesten österreichischen Art-Brut-Künstler.

Art Brut, das ist autodidaktische Kunst von Menschen mit psychischer Erkrankung oder geistiger Beeinträchtigung, Kunst im „Rohzustand“, jenseits etablierter Strömungen und Formen.

Er stellte auf mehreren Kontinenten aus

Josef Hofer – liebevoll „Pepi“ genannt – ist eine der großen Entdeckungen dieser im besten Sinn unangepassten, Grenzen überschreitenden Kunst, die aus der Tiefe der menschlichen Seele kommt. Seine Bilder hängen inzwischen in vielen Museen, etwa in Paris, Lille, Montpellier und Lausanne, und wurden auf Ausstellungen in ganz Europa, in den USA, in Japan und Brasilien gezeigt.

Josef Hofer wurde 18. März 1945 im Krankenhaus Wegscheid geboren. Seine Eltern lebten im nahen oberösterreichischen Mühlviertel. Die Mutter wollte eigentlich in die Landesfrauenklinik nach Linz zur Entbindung gehen, aber Linz war bereits am nahen Kriegsende bombardiert. Dieser Umstand rettete Josef Hofer wohl das Leben, denn in Linz wäre er wegen seiner offensichtlichen Beeinträchtigung Opfer der nationalsozialistischen Erbgesundheitsgesetze geworden.

Zusammen mit seinem ebenfalls geistig beeinträchtigten Bruder wuchs Josef Hofer auf einem kleinen Bauernhof im Mühlviertel auf. Josef besuchte nie eine Schule, war häufig krank und viel auf sich allein gestellt. Durch seine krankheitsbedingte Taubheit hat er nie die Sprache als Kommunikationsmittel erlernt. Er drückt sich durch Laute und eine ausgeprägte Gestensprache aus. Schon früh zeigte er ein starkes Zeichentalent und verwendete dafür Buntstiftreste und Zeitungspapier.

Nach dem Tod des Vaters 1977 zog die Familie nach Kirchschlag bei Linz. Seit 1992 ist die Lebenshilfe in Ried im Innkreis seine Heimat geworden. Da fand er in der Kunstpädagogin Elisabeth Telsnig in deren Atelier der Lebenshilfe seine Mentorin, die schnell das außergewöhnliche Zeichentalent Hofers entdeckte, seine Zeichnungen sammelte und ihm einen großen Freiraum für eine eigenständige künstlerische Entwicklung ermöglichte. Gefördert und begleitet wurde Josef Hofer in seinem künstlerischen Schaffen vor allem auch durch den Maler Arnulf Rainer, der inzwischen eine große Sammlung von Bildern Hofers besitzt. Monika Perzl zeigte erstmals 2005 frühe Werke von Josef Hofer, es folgten Ausstellungen in ihrer Galerie am Stein, damals noch in Schärding, 2008, 2011, 2014 und 2018. Josef Hofer entwickelte im Lauf von mehr als 20 Jahren einen unverkennbaren eigenen Stil: Die meisten seiner Bilder waren von einem sehr strengen Rahmen in leuchtendem Orange und Gelb eingefasst, in dessen Schutz er seiner eigenen Lebenswelt künstlerische Entfaltung gibt. Es entstanden ausdrucksstarke Porträtzeichnungen, Darstellungen des menschlichen Körpers, torsohaft, häufig freizügig-nackt und ineinander verdreht und verschlungen.

Krankenhaus prägt das späte Werk

Im Jahr 2000 bekam Josef Hofer einen Spiegel, in dem stundenlang sein eigenes Ich und seinen Körper wahrnehmen konnte. Seine Selbstporträts zeigten jetzt ein starkes Selbst-Bewusstsein, aber auch die Vergitterung seiner Seele, eine Isolation, die sich wie durch einen Blick durch den „Fenster-Rahmen“ öffnet.

Die neueren Werke des 78-Jährigen haben sich vielfach aus dem Rahmen gelöst. Die Zeichnungen werden jetzt umgeben von den Buchstaben des Kosenamens „Pepi“, mit dem Hofer auch seine Bilder und Kataloge signiert. Sehr stark geprägt haben ihn in diesem seinen Spätwerk die Eindrücke aus einem Krankenhausaufenthalt: Krankenwagen, medizinische Geräte, die Untersuchungen.

Hans Würdinger


Ausstellung Josef Hofer bis 30. September in der Galerie am Stein, Monika Perzl, Stift Reichersberg, geöffnet Donnerstag und Freitag 15-18 Uhr, Samstag 10-12 Uhr, Telefon 0043/664/4352268