75. Bühnenjubiläum
Klezmerkönig Giora Feidman spielt mit 87 Jahren in Passau

27.07.2023 | Stand 13.09.2023, 4:21 Uhr
Philipp Heidepeter

Ein Segen, dass er noch spielt: Giora Feidman. −F.: Sebastian Ambrosius

Giora Feidman kennt kein Renteneintrittsalter: Auch mit 87 Jahren tritt der „King of Klezmer“ noch auf und war auf der Tour zum 75. Bühnenjubiläum mit seinem Programm „Friendship“ auch in Passau zu Gast, wo die Botschaft des Friedens im Mittelpunkt seiner Musik stand.

Die Kirche St. Nikola kommt dem Spiel des jüdischen Klarinettisten entgegen: Die Klänge bleiben noch eine Weile im Raum, überlagern sich, hallen und wirken nach. Begleitet wird Feidman vom litauischen Pianisten Vytis Šakuras, der immer wieder Gedanken der Klarinette in die Mehrstimmigkeit überführt und den Stücken eine wohltuende zusätzliche Tiefe verleiht.

Im Programm haben traditionelle Klezmerweisen natürlich ihren Platz, und Feidman entlockt der Klarinette hier mit feinen Details und Freude am Spiel die charakteristische Mischung aus Munterkeit und Melancholie, aus Klage und Beschwingtheit. Der Geist des Klezmer hält aber auch Einzug in andere Stücke. Sanft und ohne jedes Drängen gestaltet sich Leonard Cohens „Hallelujah“, wo Feidman das Publikum im Refrain mitsingen lässt und die Kirche vom ruhigen Gesang der Besucherinnen und Besucher gefüllt wird. Armstrongs „What a wonderful world“ interpretiert Feidman tastend und weich, leitet von dort aus nahtlos zu einer molligen Klezmerpartie über, die ihrerseits in das Adagio aus Mozarts Klarinettenkonzert A-Dur mündet. Der Stilreigen geht immer noch ohne jedes Absetzen weiter mit Joplins „Entertainer“ und einem Ausflug in den Barock zu Scarlatti.

Den roten Faden des Programms bilden sechs Stücke des Komponisten Majid Montazer, der in Passau auch selbst zugegen war. Wie Feidman im liebenswerten Misch aus Deutsch, Englisch und Jiddisch erklärt, transportieren diese Kompositionen verschiedene Energien: In die Schwermut des „Persian Waltz“ etwa möchte man sich hineinlegen, und das Stück „Happiness“ bleibt in seiner rhythmischen Verspieltheit einmal frei von jenem klezmertypischen Schmerz, der sich wiederum im langsamen „Nostalgia“ voll entfalten darf.

Feidman erzählt, dass sein Arzt ihm rät, um 20 Uhr schlafen zu gehen, und Aufstehen und Gehen fällt ihm bandscheibenbedingt nicht ganz leicht. Dass er dennoch weiterhin musiziert, empfindet das Publikum sichtlich als Segen. Und Feidman selbst stellt am Ende noch einmal klar: „Alt ist die Klamotten, not a human being. Is clear das?“

Philipp Heidepeter