Ruhstorf
Josef Bertl brachte mit Singen die Seelen zum Klingen

Nach 50-jährigem Wirken: Pfarrchorleiter während der Probe zur neuen Weihnachtsmesse zusammengebrochen

26.12.2022 | Stand 17.09.2023, 6:49 Uhr
Hans Nöbauer

Feierliche Gottesdienst-Gestaltung: Wie bereits vor rund zehn Jahren während einer „Live-Übertragung“ (Bild) des Deutschlandfunks in alle Welt verlieh Pfarrchorleiter Josef Bertl (vorne l.) über ein halbes Jahrhundert hinweg zahlreichen Messfeiern eine besonders „harmonische Note“. Rechts daneben Bertls gleichfalls bereits verstorbener Lehrer-Kollege Klaus Wiedmann (langjähriger Leiter der Ruhstorfer Bläser) mit Pfarrorganist Wilhelm Spitzenberger (sitzend rechts am Orgelpult) samt seinerzeitigen Chor- und Ensemblemitgliedern. −Foto: Nöbauer

Von Hans Nöbauer

Musik zur Ehre Gottes und Freude zahlreicher jüngerer bis betagterer Menschen“: Schicksalshafter, vor allem aber symbolträchtiger hätte sich der Lebensweg des begnadeten Kirchenmusikers Rektor a.D. Josef Bertl nicht schließen können. Zwei Tage vor der „Heiligsten Nacht“ brach der Ruhstorfer Pfarrchorleiter während der Generalprobe für die neu einstudierte Weihnachts-Pastoralmesse zum bevorstehenden „Hochfest der Geburt des Herrn“ urplötzlich inmitten der Sangesschar direkt am Dirigentenpult zusammen.

Trotz sofortiger Erstversorgung durch erfahrene Notfallsanitäter der Chorgemeinschaft und Feuerwehr sowie nachfolgender Intensiv-Betreuung im Passauer Klinikum wurde der Pfarrchorleiter am frühen Morgen danach vom Heiland und Erlöser, dem das feierliche Christamt am ersten Weihnachts-Feiertag gelten sollte, heim in den himmlischen Frieden berufen.

Beerdigung ist am morgigen Mittwoch

Der „Auferstehungs-Gottesdienst“ für Josef Bertl findet bereits am morgigen Mittwoch, 28. Dezember, um 14 Uhr in der Christkönigskirche mit nachfolgender Beerdigung am kirchlichen Friedhof unmittelbar neben dem altehrwürdigen Marien-Gotteshaus statt – letzteres gleichfalls seit einem halben Jahrhundert kirchenmusikalische Wirkungsstätte des verstorbenen Pfarrchorleiters.

„Vielen Dank – schön, dass es Sie gibt“: Mit dieser „persönlichen Gratulation“ würdigte Pfarrvikar Clement Rockey am Kirchweih-Sonntag erst vor rund drei Monaten unter dem lang anhaltenden Beifall der Gläubigen nicht nur das „herausragende kirchenmusikalische Schaffen und Wirken von Rektor a.D. Josef Bertl seit exakt einem halben Jahrhundert zur Ehre Gottes und Freude Menschen“, sondern bekundete auch im Namen von Monsignore Dekan Josef Tiefenböck samt dessen Seelsorge-Team seine „hohe Wertschätzung für den Ruhstorfer (Vor-)Sänger, Organisten plus Pfarrchorleiter aus Leib und Seele“.

Bertl war ein früherer Regensburger Domspatz

Weil nämlich der „ganze Kanon höchster kirchlicher Ehrungs-Bezeugungen samt entsprechenden Bischofs-Briefen für den musikalischen Gold-Jubilar schon längst ausgereizt“ sei, zollte Pater Clement dem ehrenamtlichen Kirchenmusiker passend zum 60-jährigen Weihefest der Christkönigskirche ein „aufrichtiges Vergelt’s Gott für die wunderbar-harmonische Bereicherung und zugleich würdige Gestaltung unzähliger liturgischer Feierlichkeiten auch im altehrwürdigen Marien-Gotteshaus“.

„Gottseidank kam der frühere Regensburger Domspatz Josef Bertl der hiesigen Volksschule als musikalisch bestens ausgebildeter Jungpädagoge 1970 durch die Heirat mit seiner Gattin Traudi (geborene Niedernhuber) quasi direkt zugeflogen“, betrachtete der Pfarrvikar den „Griesbacher Zuzugs-Ruhstorfer“ als einen „ausgesprochenen Glücksfall für die hiesige Bildungseinrichtung, die unter Bertls Regie zur ersten bayerischen Musikhauptschule avanciert“ sei. Darüber hinaus würdigte Pater Clement ganz speziell „Bertls mittlerweile 50-jährige mustergültige Einsatzbereitschaft für sämtliche kirchenmusikalische Belange der Ruhstorfer Pfarrgemeinde – und dies auf weitum anerkanntem hohem Leistungsniveau“.

Bertl machte Schule zu Bayerns erster Musikhauptschule

In seiner detaillierten Laudatio über das „umfangreiche klerikale Engagement Bertls“ nahm der Ruhstorfer Pfarrvikar die „breitgefächerten Tätigkeits- und Wirkungsbereiche Bertls differenziert“ unter die Lupe. Schon im Schüler- und Jugendalter geprägt durch eine „profunde sängerische und kirchenmusikalische Ausbildung“ durch den schon legendären Domkapellmeister (und Papst-Bruder) Georg Ratzinger bei den Regensburger Domspatzen, kenne Josef Bertl die Belange der kirchlichen Liturgie ebenso wie vielfältige musikalische Schätze zu deren maßgeblichen Bereicherung, wisse Traditionelles zu bewahren und wage darüber hinaus Neues – „und dies alles mit keineswegs mehr selbstverständlichem Respekt und persönlicher Liebe zum Glauben“.

Pater Clement charakterisierte den einstigen Junglehrer Bertl sowohl als „Chorleiter und Sänger aus Leidenschaft wie auch als Bass-Solist zur wertvollen Chorstütze“. Bereits kurze Zeit nach seinem Ruhstorfer Dienstantritt habe der damalige „Lehramts-Anwärter“ die von Kollegen Klaus Wiedmann initiierte „Advents-Musik“ mit dem Volksschul-Vokal- sowie -Instrumental-Ensemble in der bewussten Absicht wesentlich bereichert, dass die „Pflege von Chormusik bereits in der (Grund-)Schule beginnen“ müsse.

Erst vor wenigen Wochen 75. Geburtstag gefeiert

Schon ein weiteres Jahr später habe Bertl 1973 nach Aussage von Pater Clement bei der Ruhstorfer Erstaufführung der sogenannten „Cruzifixion“, einer zeitgenössisch-rhythmischen Passionsmusik, die im Christkönigs-Gotteshaus erklungen sei, die Vorsängerrolle übernommen. Als weitere „Dirigats-Meilensteine“ bezeichnete der Pfarrvikar Bertls Choreinstudierung für das Bayerische Staatsorchester 1982 beim Bad Füssinger „Josef-Haydn-Zyklus“ sowie die „Co-Regie und -Realisierung umfangreicher Chorsätze beim 200-jährigen Weihejubiläum der Ruhstorfer Marienkirche“ (1988).

Buchstäblich seine „Domspatzen-geschulte Stimme eingebracht“ habe Josef Bertl nicht minder in den „Ruhstorfer Männerdreigesang“ mit Wilhelm Spitzenberger und Pfarrkantor Karl Auer, während Pater Clement dem „goldenen Kirchenmusik-Jubilar“ gleichermaßen auch eine „Starthilfe für den Maria-Himmelfahrts-Chor“ bescheinigte. Ausdrücklich erwähnte der indische Ordens-Seelsorger nicht zuletzt auch Bertls Chorleitung bei der hervorragend gelungenen Wiedergabe der anspruchsvollen „Deutschen Christkönigs-Messe“ (1999) des Pfarrkirchner Professors Kremhöller aus dem Nachlass von Dekan Alois Müller (Ruhstorf) und Generalmusikdirektor Hermann von Moreau (Passau).

„Mit großer Liebe und Sorgfalt bewegt und verwandelt der Musiker Josef Bertl die Herzen der Menschen, erfreut und stiftet Gemeinschaft, tröstet und verbindet, befreit und heilt – selbst dort, wo Worte versagen“, bescheinigte Monsignore Dekan Josef Tiefenböck dem Pfarrchorleiter erst vor wenigen Wochen zu dessen 75. Geburtstag im Kreise der Sangesschar ein ganz besonders ausgeprägtes Gespür für die Klangfarben des Lebens“ sowohl beim Orgelspiel wie speziell auch im Ruhstorfer Pfarrchor, wo der Verstorbene durch „Singen die Seelen der Menschen zum Klingen“ gebracht habe.

Auszeichnungen für sein musisches Engagement

Seit fast 25 Jahren Vorsitzender des Passauer Dreiflüsse-Sängerkreises sowie langjähriger Dirigent der Karpfhamer Sängerrunde, darüber hinaus Gründungsvorstand des Ruhstorfer Schulfördervereins und ab 1978 drei Wahlperioden lang Ruhstorfer Gemeinderatsmitglied: Für „außergewöhnliches musisches Engagement“ wurde Josef Bertl bereits 2017 vom Markt Ruhstorf mit dessen „Bürgermedaille“ geehrt und ein Jahr später durch den Landkreis Passau für „herausragende gesellschaftliche Verdienste mit der Baptist-Kitzlinger-Medaille in Gold“ ausgezeichnet.

Statt Kränzen und Trauer-Gebinden erbittet die Familie Bertl Spenden an den Caritas-Ortsverband Ruhstorf (IBAN: DE 98 7406 7000 0400 300 748) oder den Förderverein Musik-Grund- und -Mittelschule Ruhstorf (IBAN: DE 52 7406 7000 0000 322 270).