Vilshofen
Endlich wieder Gemeinschaft erleben

Erleichterung und zugleich Sorge um Kinder, die in der Pandemie sehr gelitten haben

17.11.2022 | Stand 19.09.2023, 5:09 Uhr

Das Leben wieder genießen – ohne Maske und Abstand: Darauf haben Kinder und Jugendliche sehnsüchtig gewartet. −Fotos: Hirtler-Rieger

Von Gesine Hirtler-Rieger

Hier kommt die gute Nachricht: Das Leben findet wieder statt. Kinder und Jugendliche dürfen sich ohne Masken und Ermahnungen treffen, Veranstaltungen besuchen und sich von vielfältigen Freizeit- und Hilfsangeboten anregen lassen. Das ist auch bitter nötig, stellten elf Fachkräfte fest, die alle in der offenen Kinder- und Jugendarbeit und in der Sozialen Arbeit in Vilshofen tätig sind. Sie tauschen sich regelmäßig aus und waren sich jetzt im Jugendtreff Zoom einig: Die psychischen Belastungen bei Kindern und Jugendlichen sind während der Pandemie massiv angestiegen.

Täglich konfrontiert mit Depressionen und Ängsten

Diese Feststellung der Stadtjugendpflegerin Nina Raab bestätigten alle. Große Sorgen machen sich die sechs Jugendsozialarbeiterinnen an Schulen (JaS), die an Grund- und Mittelschulen, im Förderzentrum und in der Berufsschule die Probleme hautnah miterleben. Mit Depressionen und Ängsten der Kids werden sie täglich konfrontiert: „Fälle von Magersucht haben bis zu 50 Prozent zugenommen, das spiegelt sich bei uns wieder“, sagten Stella Glück und Tanja Niedermayer von der Berufsschule.
Diese besorgniserregende Aussage bejahte auch 4. Bürgermeisterin Silvia Ragaller, die als Verwaltungsfachkraft in der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Bezirkskrankenhauses Passau arbeitet. Während der Pandemie nahm sie oft mehrmals täglich dringliche Anrufe entgegen, in denen suizidale Gedanken und Absichten geäußert wurden.
Auffällig ist zugleich, wie sehr viele Kinder Körperkontakt suchen: „Sie brauchen mehr Beziehung und soziale Wärme“, sagt Julia Urner, JaS an der Ritter-Tuschl-Schule Vilshofen. Wie unter einem Brennglas hätte die Pandemie die privaten Probleme der Eltern verschärft. Wenn dies bei manchen zu Trennung und Scheidung führte, verunsichert das die Kinder extrem.

Stundenlanges Zocken, übermäßiger Handykonsum

Übermäßiger Handykonsum, stundenlanges Zocken und Streamen – auch das wird von den Fachleuten mit Sorge gesehen. Im Bayern-Lab, dem Zentrum für digitale Wissensbildung, stranden oft Kinder, die kaum vom Bildschirm wegzukriegen sind, so Lab-Mitarbeiter Toni Scholz, der Medienkompetenz an den Schulen vermittelt. Zahlreiche Angebote der anwesenden Fachfrauen versuchen da gegenzusteuern. Angelika Burger von der Umweltakademie Cum Natura hat mit ihren gut besuchten Veranstaltungen in der Natur wie im Klassenzimmer beste Erfahrungen gemacht. „Die Kinder kommen gerne wieder, es tut ihnen gut“, stellte sie fest.
Auch Brigitte Pollok-Will vom Netzwerk FamilienLeben zeigte sich erleichtert, dass der Babytreff im Familienzentrum wieder stattfinden kann. Lisa Matschiner von der Lebenshilfe Passau, die regelmäßig im Jugendtreff Zoom integrative Angebote für Kinder mit und ohne Handicap anbietet, stellte sowohl bei Eltern wie bei Kindern einen enormen Bedarf fest.

Besonders unter Isolation gelitten

Egal ob Kirchliches Jugendbüro Passau (Konstanze Götz) oder Pleintinger Netz für Kinder (Silvia Ragaller) – das Fazit war eindeutig: Die Pandemie war bitter, Kinder und Jugendliche haben besonders unter der Isolation gelitten. Mit vereinten Kräften versuchen die Fachkräfte nun, die Dinge wieder zum Besseren zu wenden.