Martin Buch Andersen
Dänen-Power bei Fortuna Passau: Tritte gegen die Wand, Video-Arbeit und ein Olympia-Traum

06.12.2023 | Stand 06.12.2023, 10:19 Uhr

Martin Buch Andersen in Aktion für den TTC Fortuna Passau. Über die deutsche 2. Bundesliga will der junge Däne den Sprung zu Olympia schaffen. − Foto: Mike Sigl

Der dänische Fortuna-Neuzugang Martin Buch Andersen (23) hat sich beim Tischtennis- Zweitligisten in Passau gut eingelebt. Manchmal denkt er aber auch an Paris und Los Angeles.

Martin Buch Andersen kommt gerade vom Training. Er strahlt jene nordische Ruhe aus, die vielen seiner Landsleute nachgesagt wird. Sobald der Däne an der Tischtennisplatte steht, ist es allerdings mit der Ruhe vorbei. „Ich würde mich schon eher als emotionalen Spieler bezeichnen“, stellt der junge Däne fest. „Wenn ich so richtig wütend bin, kann es auch mal passieren, dass die Wand einen Tritt abbekommt. Aber dabei bleibt es auch“, lacht er. Sachlichkeit bekommen Niederlagen bei ihm erst durch die Video-Analyse nach dem Spiel: „Oftmals hat man schon ein Gefühl, warum man verloren hat, aber dann sieht man vielleicht doch nochmal etwas anderes.“

Seit Anfang dieser Saison spielt Martin Buch Andersen für die Passauer Fortuna, und so richtig viel Grund für Tritte gegen die Wand hat es für ihn nur selten gegeben. Mit einer Ausbeute von fünf Siegen bei fünf Niederlagen weist er zusammen mit Daniel Rinderer (4:4) bislang die beste persönliche Bilanz im Fortunen-Team auf. Ihn zeichnet dieser Wille aus, an sich selbst zu arbeiten. Andersen scheut sich nicht, sich auf den Videos mit seinen Fehlern auseinanderzusetzen. „Ich war nicht wirklich gut und wollte besser werden“, sagt er schon über die Anfänge seiner Tischtennis-Karriere. Zunächst spielt er noch Fußball, mit 14 Jahren fasst er dann den Entschluss, sich auf Tischtennis zu fokussieren. Seither arbeitet Andersen an diesem Immer-besser-Werden. Vergangene Saison spielte er beim hessischen Drittligisten TTC Lampertheim. „In der ersten Saisonhälfte kassierte ich noch sechs Niederlagen. In der zweiten lief es besser und 12 Siegen standen nur drei Niederlagen gegenüber“, blickt der junge Däne zufrieden zurück. Nach dieser starken Rückrunde kam der Anruf aus der Dreiflüssestadt. „Der Moment, in dem ich das Angebot bekam, war voller Freude und Stolz. Definitiv ein Highlight meiner Karriere“, erinnert sich der Rechtshänder aus dem Norden gern zurück. Die Möglichkeit, sich eine Etage höher zu beweisen, ist für ihn sowohl Bestätigung als auch Ansporn. Im Verein ist man sich einig, dass er diesen Übergang bis dato gut gemeistert hat. Bei der Fortuna schätzen sie ihren Neuzugang aus dem Norden aber auch in menschlicher Hinsicht und für seine Zuverlässigkeit.

An den Spielwochenenden tritt er die Reise von Karlsruhe nach Passau an. „Dort habe ich momentan meinen Lebensmittelpunkt und finde optimale Trainingsbedingungen vor“, erklärt er die Vorteile seines Wohnorts und fügt an: „Im Tischtennis ist es nicht ungewöhnlich, dass man getrennt voneinander trainiert.“ Diese Beobachtung lässt sich auch bei den Fortunen machen. Seine Kollegen trainieren in Saarbrücken, Porto und Bratislava. Am Wochenende finden dann alle zum Abschlusstraining in Passau wieder zusammen. Gerade deshalb spielt der Zusammenhalt innerhalb des Teams eine wichtige Rolle. „Aktuell liegen die Teams in der Liga eng beieinander. Jeder kann jeden schlagen und deshalb kommt es am Ende auf Kleinigkeiten an. Wenn die Teamchemie stimmt und man füreinander kämpft, entscheidet man die engen Spiele eher für sich“, ist sich Andersen sicher.

Um in Bestform zu sein, arbeitet er hart an sich. An jedem Tag stehen mit seiner Trainingsgruppe in Grünwettersbach zwei Einheiten an, die jeweils zweieinhalb Stunden dauern. Abwechslung im Training bekommt er durch die Einheiten im Fitnessstudio mit Personaltrainer Pablo. „Das Training mit ihm tut mir richtig gut. Früher hatte ich manchmal Schmerzen in der Schulter. Seit ich ins Fitnessstudio gehe, habe ich damit keine Probleme mehr. Allgemein fühle ich mich nun stabiler während des Spiels.“ Verletzungen vorzubeugen ist für ihn sehr wichtig geworden. Trotz seines jungen Alters hatte Andersen vor drei Jahren bereits einen Bandscheibenvorfall. Er hat sich zurückgekämpft. „Ich spüre es heute noch, aber es ist jetzt nicht so, dass es mich am Spielen hindert“, stellt Andersen fest. Geholfen hat ihm in dieser Zeit auch sein Nebenjob, dem er sich in dieser Zwangspause vermehrt widmen konnte. Andersen arbeitet für einen dänischen Gartenmöbelhersteller und pflegt dessen Produkte auf der Webseite des Unternehmens ein. „Schon während der Corona-Pandemie habe ich damit angefangen und kann mir so ein gutes Nebeneinkommen verdienen“, zeigt er sich dankbar. Im Normalfall arbeitet er zwischen acht und zehn Stunden in der Woche. Mehr ist aufgrund des durchgetakteten Trainingsplans nicht möglich. Nach der Karriere will er sich aber ohnehin in einem anderen Job verwirklichen und stellt dafür schon einmal die Weichen: „Nächstes Jahr würde ich gerne ein Online-Studium im Bereich Baukonstruktion beginnen.“ Irgendwann möchte er eine eigene Firma für Gebäudeinstandhaltung leiten. Jetzt beherrscht freilich der Tischtennis-Sport den Alltag. „Kurzfristig gesehen hat der Klassenerhalt mit Passau oberste Priorität“, beantwortet er die Frage nach seinen sportlichen Zielen.

Aber da ist auch der ganz große Traum von Olympia. Die ersten beiden Spieler für Dänemark sind gesetzt. Um den dritten und letzten Platz konkurriert Andersen mit zwei weiteren Spielern. „Falls es nächstes Jahr nicht klappen sollte, peile ich 2028 in Los Angeles an. Olympia ist ein Kindheitstraum“, gibt er sich entschlossen. Die Zeit mit dem Nationalteam ist für ihn nicht nur sportlich wichtig: „Natürlich vermisse ich manchmal Dänemark. Dann freue ich mich umso mehr, wenn ich mal wieder zuhause bin und zur Ruhe komme.“ Wenn es die Zeit zulässt, geht es für ihn immer mal wieder in die Heimat. „Ein paar Tage mit Familie und Freunden tun einfach gut und reichen schon aus. Dann brauche ich auch wieder meinen Tischtennis-Alltag“, stellt er lächelnd fest. Neben seiner Familie findet Andersen auch bei seiner Freundin viel Rückhalt. Sie lebt in England und macht dort ihren Master in Sportpsychologie. Kennengelernt haben sich die beiden bei einem Tischtennis-Turnier.