Landestheater in Passau
„Coleman’s Twelve“: Gute-Laune-Pille gegen den Post-Corona-Blues

12.02.2023 | Stand 17.09.2023, 3:15 Uhr

Mit Charme und herrlichem Timbre: Tobias Ulrich als Solist bei „Coleman’s Twelve“. −Foto: Peter Litvai

Wenn was köstlich schmeckt, ändert man nicht das Rezept. Das niederbayerische Publikum war entzückt vor fünf Jahren, als das Landestheater Niederbayern die Swing-Revue „Coleman’s Eleven“ – in Anlehnung an den Clooney-Film „Ocean’s Eleven“ – auf die Bühne brachte: Konzert statt Theater, Swing-Orchester statt Sinfonieorchester, glamouröse Musik im 60er-Jahre-Stil von Frank Sinatra, Sammy Davis Jr., Dean Martin, Lauren Bacall, Judy Garland und Shirley MacLaine.

Seit diesem Wochenende läuft in Passau nach demselben Strickmuster die Neuauflage „Coleman’s Twelve“. Die Premiere wurde zum bejubelten Erfolg – und das ist nicht so selbstverständlich, denn das Landestheater macht sich das Leben unnötig schwer.

Die Show ist eine Gute-Laune-Pille gegen den Post-Corona-Blues: Goldener Vorhang, beleuchtete Showtreppe, tribünenartig gestapelt füllt die Band die von Beata Kornatowska entworfene Bühne, davor der Flügel des Generalmusikdirektors Basil Coleman, der hier einmal mehr zum Bandleader eines Tanzorchesters wird: Saxofone (im Wechsel mit Flöte und Klarinette), Posaunen, Trompeten, ergänzt mit Streichern und angetrieben von der wunderbar swingenden Rhythmus-Section mit Schlagzeug, Bass, Gitarre und Piano. Die Musiker genießen es sichtlich, zu grooven und zu schwelgen und sich zu zeigen. Es ist ein Vergnügen, eine erste Geigerin wie Violetta Koroleva mal mit einer Jazz-Improvisation zu erleben. So hat die Show das Zeug zum Dauerbrenner am Haus.

Nostalgie kommt nicht nur wegen der Rat-Pack-Musik auf, sondern auch wegen der drei Solisten, die schon „Coleman’s Eleven“ geprägt haben: Jeffrey Nardone, seit 2010 Operntenor am Landestheater. Nadine German, die sich 2014 als Anita in der „West Side Story“ in die Passauer Herzen gesungen und getanzt hat. Und Tobias Ulrich, von 2009 bis 2014 als Schauspieler fest am Haus engagiert, zum Musicaldarsteller gewandelt und als Tony in der „West Side Story“ gefeiert.

Ulrich hatte Fieber in den Tagen vor der Premiere, umso erstaunlicher, wie er sich nach einem matten Einstieg freisingt und „Bésame mucho“, „Strangers in the Night“ und „Kick in the Head“ nicht nur mit Charisma, sondern mit herrlichem Timbre jugendlich hell und erotisch glimmen lässt. Obendrein hat er Stil und Talent für Stand-up-Comedy-Geschäker.

Nadine Germann glänzt neben der Stimme mit Eros und einem Sonnenschein-Strahlen im Gesicht, Jeffrey Nardone mit viel Sentiment und dem Mut, „My Way“ als imposante Heldentenor-Arie umzudeuten. Solo, im Duett oder im Trio tragen sie mit den tanzenden Statisten Valentin Brunner und Paul Färber und den elegant-gewitzten Choreografien von Ursula Geef den Abend.

Leider fehlt gerade im ersten Teil jene Coolness, die behauptet wird. Der Abend funktioniert sofort, wenn er auf die Energie der Songs vertraut, die nicht umsonst Klassiker geworden sind. Und der Abend leidet, wenn mittelschlechte Gags und Szenen eingebaut werden, die den Schwung ausbremsen. Hier bimmelt das Telefon, eine Torte wird herbeigeschafft, es hat aber gar keiner Geburtstag.

Am problematischsten ist, dass sich Regisseurin Margit Gilch erneut in diese Show hineininszeniert hat als Bardame Meggy, die Unruhe verbreitet und sich fuchtelnd permanent ins Bild drängt. Es lässt sich diplomatischer nicht sagen: Die Figur Meggy ist unnötig und zieht als Störfaktor die Aufmerksamkeit von den Sängern ab, die gut selber moderieren könnten. Vor allem läuft sie dem Geist der Revue zuwider: Las Vegas würde alles dafür tun, dass einzig und allein die Künstler im Fokus stehen.

Raimund Meisenberger


Wieder am 16., 21.2., 19.3., 14., 15., 16.4., 11., 12., 29.5.; Karten auf landestheater-niederbayern.de