Neureichenau
Historisch und modern zugleich: Schutzhaus am Dreisessel ist wie neu

01.08.2023 | Stand 13.09.2023, 1:54 Uhr

Die beiden Landräte Sebastian Gruber und Raimund Kneidinger (8. und 9.v.l.), MdB Thomas Erndl (7.v.l.), MdL Alexander Muthmann (6.v.l.) und Bezirksrat Josef Heisl (10.v.r.) waren unter den Ehrengästen, die Waldvereinsvorsitzender Walter Bermann (8.v.r.) zur Einweihung begrüßte. Gerne gekommen waren auch Bürgermeister der umliegenden Gemeinden wie Jürgen Schano (Grainet, 2.v.l.), Heinz Scheibenzuber (Haidmühle, r.), Helmut Knaus (Philippsreut, 2.v.r) und Stefan Thür (Neureichenau, als Vertreter von Kristina Urmann, 6.v.r.). Pfarrer Emil Dragula (4.v.l.) spendete den kirchlichen Segen. −Fotos: Poth

„Ja, es ist vollbracht“ – voller Stolz hat Waldvereinssektions-Vorsitzender Walter Bermann Vollzug gemeldet bei einem der ehrgeizigsten Projekte, die der Verein bislang in Angriff genommen hat – der grundlegenden Sanierung des Schutzhauses am Dreisessel.



Bermann nahm die Gäste bei der offiziellen Einweihung im Berggasthof mit auf eine Zeitreise, in der er über Haus und Historie informierte. Im Jahre 1888 etwa wurde die Waldvereinssektion Dreisessel gegründet und bereits 1889 das erste Schutzhaus feierlich seiner Bestimmung übergeben. 1913 erfolgte die Eröffnung des neuen Gebäudes, 1946 fand erstmals das Jakobitreffen statt, das Heimattreffen der vertriebenen Böhmerwäldler. 1967 entstand der längste Schlepplift Deutschlands mit einer Länge von 1,8 Kilometern. Der Gemeinderat Neureichenau führte 1972 die Dreisesselsitzungen im Schutzhaus ein.

1889 wurde das erste Schutzhaus eröffnet

2017 übernahm Bermann den Vorsitz, nachdem sein Vorgänger Max Stadler aus Waldkirchen verstorben war – und gleich darauf machte sich der Neureichenauer Altbürgermeister daran, ein Konzept zu entwickeln, wie der Berggasthof zukunftsfähig gemacht werden kann − eine Herzensangelegenheit. „Mein Vater ist viele Jahre von Lackenhäuser aus heraufgegangen, um die österreichische Grenze zu kontrollieren, meine Mutter hat hier oben viele Jahre bedient und mein Zwillingsbruder und ich haben hier wunderschöne Ferientage bei der Familie Ebner verbringen dürfen.“ Nun galt es, den Verfall des Gebäudes zu stoppen. „Unser Ziel war es, Tradition mit Moderne zu verbinden und dieses Gebäude nicht nur stückweise zu renovieren, sondern es generalzusanieren.“

Zu diesem Zweck wurde 2019 der „Förderverein Dreisessel 2025“ gegründet, mit dem Ziel, spätestens 2025 mit den Arbeiten fertig zu sein. Positiven Umständen sei es zu verdanken, dass zwei Jahre früher schon Einweihung gefeiert werde könne. Der Vorsitzende hob in diesem Zusammenhang insbesondere Vorstandsmitglied Josef Strobl hervor, der straff Regie führte und zu den bauausführenden Firmen, die zum Großteil aus der Region kamen, engen Kontakt hielt. Respekt gelte auch Bauleiter Klaus Binder, der penibel auf den Zeitplan achtete sowie einem fleißigen und umtriebigen Förderverein, bei dem vor allem Helmut Schmöller die Region, Niederbayern und halb Bayern für das Bauprojekt begeistern konnte.

Auch der Pächter packte mit an



Nicht unerwähnt ließ Bermann Landrat Sebastian Gruber, der zugleich Präsident des Bayerischen Waldvereins ist und dieses Projekt von Anfang an unterstützt hat. Der Vorsitzende dankte auch Bürgermeisterin Kristina Urmann, der Chefin der Arge Dreiländereck, für ihr „großartiges Engagement“. Unterstützung erfuhr die Sektion zudem von Bürgermeisterin Gudrun Donaubauer, die an der Spitze der ILE Abteiland Kleinförderanträge ermöglichte.

Pächter Philipp Schmöller war bei den zu verrichtenden Arbeiten mit an Bord, wie Bermann würdigte. Ebenso wie die vielen Helfer, die Hand- und Spanndienste leisteten. Erfreulich sei, so der Vorsitzende, dass die rund 250 Geld- und Sachspender an die 300.000 Euro gaben. Lobend erwähnte er die „sehr aufgeschlossene Vorstandschaft“, die geschlossen hinter ihm gestanden sei.

300.000 Euro an Spenden

In Rekordzeit wurden das Dach erneuert, neue Fenster im Obergeschoss eingebaut, sieben Fremdenzimmer mit berggerechter Übernachtungsmöglichkeit ausgestattet, Etagenduschen und Toiletten im Obergeschoss geschaffen und eine Wohnung für den Pächter eingerichtet. Die weiteren Maßnahmen: eine neue Küche mit Durchreiche, neue Entlüftungsanlage mit energetischer Rückgewinnung, Neugestaltung des Gastraumes, Erweiterung der Terrasse mit Carport für Pächter, neue Pelletsheizung, neue Stromverteilung, Toilettenerneuerung im Untergeschoss, Erneuerung der Ver- und Entsorgungsleitungen und Erfüllung der Brandschutzvorgaben mit drei Fluchtwegen.

Auch wurde an die Integration und Inklusion von Menschen mit Behinderung gedacht. Ein rollstuhlgerechter Zugang zum Haus und eine Toilette im Erdgeschoss ermöglichen Menschen mit Handicap, den grandiosen Ausblick im Gasthof zu genießen.

Landrat Gruber spricht von mutiger Investition



Bermann hofft, dass dieses mit den Steinen des Bayerischen Waldes gemauerte Haus wieder viele Jahre Wind und Wetter trotzen wird und Wanderer, Radler, Tourenski- oder Schneeschuhgeher gut versorgt und sicher beherbergt werden. „Aber unsere Reise ist noch nicht ganz zu Ende, denn die Wasserversorgung mit Quellschüttung, Wasserlagerung und frostsichere Zuleitung zum Haus stehen noch auf der Agenda. Die Frostsicherung muss noch vor dem Winter erledigt werden. Den Rest verschieben wir je nach finanzieller Ausstattung auf die kommenden Jahre“, informierte Bermann abschließend.

Landrat Sebastian Gruber sprach von einer mutigen Investition, an die sich die Sektion herangewagt habe und würdigte die große Gemeinschaftsleistung. Nur wenige der 59 Sektionen in Bayern könnten ein eigenes Schutzhaus ihr Eigen nennen.

In Vertretung von Neureichenaus Bürgermeisterin Kristina Urmann stellte 3. Bürgermeister Stefan Thür die Leistung all derer heraus, die bei der Realisierung mitgeholfen haben, besonders würdigte er den persönlichen Einsatz von Walter Bermann, der viel Herzblut in dieses Projekt gesteckt habe und es in der kürzesten Zeit auch verwirklichen konnte.

Pfarrer Emil Dragula gab dem neuen Haus den Segen, die Gäste hatten dann die Gelegenheit, das Schutzhaus in Augenschein zu nehmen. Bei musikalischer Begleitung durch Hans Binder auf der Harmonika wurden die Gäste anschließend ans Buffet geladen.