Grafenau
202 000 statt 15 000 Euro – ein richtig teurer Anbau

06.05.2022 | Stand 22.09.2023, 2:47 Uhr

Im Laufe der Aprilsitzung des Stadtrates galt es über die Feststellung der Jahresrechnung 2020 abzustimmen. Trotz einiger Kritikpunkte wie etwa der eklatanten Kostensteigerung beim Anbau an das Feuerwehrhaus in Neudorf konnte Rechnungsprüfungsausschussvorsitzender Josef Bauer im Großen und Ganzen die Entlastung empfehlen.
Besonders auffällig waren unter anderem die Überschreitung der Ansätze bei den Energiekosten in mehreren Haushaltsstellen um 20 bis 50 Prozent. Der Ausschuss empfiehlt hier, gerade im Anbetracht der aktuellen Energie-Teuerungswelle die Haushaltsansätze anzupassen.

Bei den als "innere Verrechnungen" bezeichneten Bauhofleistungen musste 2020 eine Kostensteigerung von 175000 Euro und somit etwa acht Prozent verzeichnet werden, was aufgrund des Ausfalls nahezu aller Veranstaltungen für den Ausschuss auf dem ersten Blick nicht schlüssig war. Moderate Mehrkosten konnten hier unter anderem auf die Anbringung baulicher Corona-Schutzmaßnahmen und dem Brandschutz zurückgeführt werden. Extreme Mehrkosten verursachten unter anderem die Abwasserbeseitigung und die Wasserversorgung allgemein.
Die Baumaßnahme zum Bau Anbau der neuen Krippe an den Marienkindergartens blieb erst auf dem zweiten Blick wieder im Rahmen der angesetzten Kosten. Auf dem ersten Blick war die Maßnahme 85000 Euro teurer als angesetzt, so sei in der Gesamtsumme allerdings auch die Neugestaltung des Außenbereichs sowie zahlreiche Ausstattung enthalten, was das Ergebnis durchaus schlüssig macht.

Gerade die Mehrkosten durch die Ausstattung wie etwa das Mobiliar waren eben bei der Kostenberechnung im Jahr 2018 noch nicht absehbar, da Ausstattung in der Regel vom Träger übernommen wird, die Kindergärten aber in städtische Trägerschaft übernommen wurden.

Heizwerk macht Verluste statt Gewinne

Nicht so rosig fällt das Fazit der Prüfer zum Biomasseheizkraftwerk mit dem Nahwärmenetz aus. Ein sechsstelliges Defizit ist hier zu verzeichnen. Nach der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung aus dem Jahr 2016 sollte bei dem in 2020 erreichten Wärmeabsatz allerdings ein Überschuss von 72000 bis 78000 Euro erzielt werden. Der Ausschuss fordert daher, vom Planungsbüro eine Stellungnahme zu den Abweichungen von der Wirtschaftlichkeitsberechnung einzuholen.
Sehr ausführlich wurden die in Anbetracht der ersten Kostenaufstellungen im Jahr 2015 völlig aus dem Ruder gelaufenen Kosten für die Baumaßnahmen am Feuerwehrgerätehaus Neudorf betrachtet. Im Jahr 2015 war seitens der Wehr ein Antrag zum Ausbau des Gerätehauses für das neue Löschfahrzeug sowie der Installation einer neuen Heizung eingegangen. Die Kosten waren mit 70000 Euro für den Neubau und 8000 Euro für die Heizung festgesetzt worden, die Finanzierung wurde vom Stadtrat wie folgt beschlossen: Zuschuss der Regierung 29000 Euro, Eigenleistung 34000 Euro, Anteil der Stadt 15000 Euro. Ende 2016 wurde vom Stadtrat die Erweiterung um die Sanierung des Altbestandes beschlossen. Nach diesem Beschluss lagen die Gesamtkosten bei 177000 Euro, wobei ein Anteil von 62000 Euro auf die Stadt entfiel. Ein Jahr später wurde das Ratsgremium vom zuständigen Kommandanten über Mehrkosten von 32600 Euro für die Stadt in Kenntnis gesetzt. Auch diesen Mehrkosten wurde zugestimmt. Wie sich diese auf die drei Bau- bzw. Sanierungsteile aufteilten, konnte vom Rechnungsprüfungsausschuss ab diesem Zeitpunkt nicht nachvollzogen werden. Im Jahr 2020 stimmte der Stadtrat dem Ankauf eines benachbarten Grundstücks mit Doppelgarage und dessen Ausbau mit zwölf Stellplätzen zu. Die geschätzten Kosten hierfür lagen bei 105000 Euro. Somit entstanden für das Bauprojekt "Feuerwehrhaus Neudorf" mit Stand vom Februar 2022 Gesamtprojektkosten von 364000 Euro, wovon 202000 Euro auf die Stadt entfallen. Kein billiger Schildbürgerstreich in diesem Zusammenhang: Aufgrund des zu geringen Abstands des Feuerwehrhauses zum Nachbargrundstück musste ein erhöhter baulicher Brandschutz am Gebäude ausgeführt werden. Eben jenes Grundstück wurde aber eben im Nachgang gekauft, um Stellplätze zu errichten, was den erhöhten Brandschutz nun eben unnötig machte.
Nach der de facto Steigerung des Anteils der Stadt von ursprünglich 15000 Euro auf 202000 Euro empfiehlt der Rechnungsprüfungsausschuss, Projekte dieser Art und Größe nur noch durch die Stadt im eigenen Wirkungskreis durchzuführen.

Stadtrat war nicht mehr der Herr des Verfahrens

Der Stadtrat sei im Verlauf des Projektes nicht mehr Herr des Verfahrens gewesen und konnte nur noch im Nachgang die neuen Kosten genehmigen. Darüber hinaus fordert der Ausschuss, dass die Kosten für den im Nachhinein unnötigen erhöhten Brandschutz aufzuzeigen sind. Darüber hinaus sind in der Kostenaufstellung keine internen Verrechnungen des städtischen Bauhofes für Mitarbeiter oder Geräte enthalten. Der Ausschuss fordert, durch die Verwaltung prüfen zu lassen, ob solche Leistungen angefallen sind. Diese sind dann gegebenenfalls in die Kostenrechnung aufzunehmen. Zur Abnahme des Gerätehauses durch die Regierung und den zuständigen Kreisbrandinspektor ist es zudem bis heute nicht gekommen, da dazu noch die geplanten zwölf Stellplätze am Haus fehlen. Aufgrund dessen konnte auch bis dato der Zuschuss der Regierung nicht ausbezahlt werden.
Wichtig war es den Rechnungsprüfungsausschussvorsitzenden in aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, dass es bei dieser Prüfung keineswegs um eine Diskreditierung der ehrenamtlichen Leistung geht, sondern um das Aufzeigen der Schwachstellen im Projektverlauf. "Künftig muss einfach klar geregelt sein, wer anschafft!"

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