Waldkirchen
Der neue Herr der alten Akten

Phillip Salvesen ist seit Januar der Stadtarchivar in Waldkirchen – Ein Besuch im „Keller“

18.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:19 Uhr

Digitalisieren, wenn die Zeit dafür reicht: Mit diesem neuen Gerät kann Phillip Salvesen Zeit sparen, wenn Daten von Papier in pdf-Dateien umgewandelt werden. −Fotos: Löw

Von Doris Löw

Gut 20 Meter Regal hat er noch. Für ein Jahr sollte das wohl reichen. Dann ist der Platz im Stadtarchiv aller Voraussicht nach aber komplett voll. Genug Stoff also für den neuen Stadtarchivar Phillip Salvesen. Der 25-Jährige betreut seit Jahresbeginn als Nachfolger von Natanael Fuchs das Stadtarchiv in Waldkirchen. Genau in diesen Stoff arbeitet er sich im Moment ein. Die PNP hat ihm dabei an einem Vormittag über die Schulter geschaut.

Der Archivduft von Papier und alten gebundenen Büchern liegt schon in beiden – natürlich fensterlosen – Besucherräumen des Stadtarchivs in der Luft. Dahinter, in dem weiteren großen Archivraum mit den Regalen, dem Schreibtisch und Nebenraum mit den ganz besonderen Stücken, ist der Hauptarbeitsbereich von Phillip Salvesen. An diesem Vormittag hat er sich den Handy-Wecker gestellt: „Damit ich Sie nicht vergesse oder überhöre, wenn ich hier hinten bin“, sagt er zur Besucherin, die seine Arbeit kennenlernen möchte.

Und diese Arbeit ist komplex. Eine kilometerlange Aktenstraße von Unterlagen jüngster Sitzungen im Rathaus gehört genauso dazu wie wertvollste Unterlagen aus dem Mittelalter. Jüngeres ist vor allem zu sortieren und für Auskünfte bereit zu halten, das Alte aber ist der Schatz, den es zu sichern gilt – auch indem man es auf moderne Medien transferiert, aber dabei die Originale bewahrt. Genau das ist es, was den jungen Archivar so an seiner Aufgabe reizt: „Das Alte ins Moderne zu überführen.“

Der neue Scanner als wertvolle Hilfe

Eine wertvolle, weil zeitsparende Hilfe ist dabei u.a. ein neuer Scanner. Den hat Salvesens Vorgänger noch beschafft, „zum Glück waren dafür Mittel da“, freut er sich. Und diese 1100 Euro sind gut angelegt. Denn mit dem Scanner können pdf-Dateien von kompletten Büchern Seite für Seite hintereinander digitalisiert und als komplettes Format automatisch in einer Datei gespeichert werden. Es muss nicht jede Seite einzeln zusammengefügt und in einem Ordner verschoben werden. Stunden an Arbeit werden so eingespart.

Aber das Digitalisieren ist ohnehin nur eine „Nebenbaustelle“, immer wenn mal Zeit sein sollte. Ein großes, wichtiges Anliegen sind Phillip Salvesen in diesem Jahr einige wichtige Urkunden, die aktuell in einem feuerfesten Schrank im kleinen Archiv-Nebenraum bei optimaler Luftfeuchtigkeit samt Thermostat in einer Box lagern. Die darf auch möglichst nicht geöffnet werden. Denn die Urkunden stammen aus dem 14. und 15. Jahrhundert und sind aufgrund ihres Alters in schlechtem Zustand: Schimmel hat sich auf ihnen breit gemacht. Dabei sind diese Dokumente Zeitzeugen des Goldenen Steiges und der Handelsgeschichte von anno dazumal. So wird sich der Stadtarchivar um einen fachkundigen Restaurator für die betreffenden historischen Dokumente kümmern. Im aktuellen Haushalt werden für die Restaurierung entsprechende Geldmittel eingeplant, ist aus dem Rathaus zu hören.

Aber es gibt natürlich noch mehr, das Salvesen in Waldkirchen anpacken will. Dass er überhaupt hier gelandet ist, das ist ein glücklicher Zufall, den er selbst noch kaum fassen kann „Ich habe im vergangenen Jahr bei bei meinem Vorgänger an dieser Stelle ein vierwöchiges Praktikum absolviert, das mich sehr begeistert hat“, erinnert sich Salvesen.

Waldkirchen als optimaler Arbeitsort

Eigentlich hatte er danach die Stelle des Archivars in Freyung angestrebt – das Praktikumszeugnis aus Waldkirchen war dafür perfekt. Weil es in Freyung aber nicht geklappt hat, man dort aber ebenfalls von dem jungen Mann überzeugt war, kam schließlich im Herbst aus Freyung die Nachricht, dass man seine Bewerbung nach Waldkirchen weitergeleitet habe, wo die Stelle frei werde. „Zum Jahresende habe ich dann den Vertrag unterschrieben und ich bin schon bestens aufgenommen worden“, freut sich der 25-Jährige und betont die große Unterstützung, die er von allen Seiten aus dem Rathaus und von allen Stellen in Waldkirchen erhalte.

Mitten in der Einarbeitungsphase

Freilich sei er nach ein paar Tagen im Amt aktuell erstmal in der Findungsphase, sagt der neue Archivar. Dass er schon mal während des Praktikums alles kennengelernt hat, das hilft natürlich. Aber nicht nur die Akten, auch der direkte Blick auf die Dinge sei wichtig, weiß Salvesen. Also will er so bald wie möglich auch rausgehen aus den Archivräumen im Bürgerhaus-Untergeschoss und die Stadt genau wie die Dörfer erkunden. Erstes Vorhaben: „Ich will unbedingt an einer Stadtführung teilnehmen, gerade wo ja auch hier das tolle neue Konzept schon im Gang ist“, blickt er auf die nächsten Wochen und überlegt: „Vielleicht kann man das in Kooperationen sogar noch ausweiten.“

Was aktuell ansteht, sei zudem die Weiterentwicklung der Topothek, wo auch Bürger ihre Bilder und Erinnerungen von Waldkirchen einstellen können. Auch das kennt der „Neue“ schon, einarbeiten, weiter katalogisieren und organisieren steht hier ebenfalls an.

Und dann ist da noch das „ganz normale“ Suchen im jüngeren Archivbestand. Denn auch dafür ist Phillip Salvesen zuständig: Wenn jemand frühere Unterlagen von Stadtrats- oder Bauausschusssitzungen benötigt, weil z.B. im Zuge von neuen Vorhaben Unklarheiten ans Licht kommen – auch dann ist der Stadtarchivar übers Rathaus die kompetente Stelle. Er weiß, in welchem Regal er suchen muss.

Das sei ein häufiger Weg, dass die Bürger auf das Stadtarchiv aufmerksam werden. Aber das Archiv steht auch sonst an drei Tagen die Woche offen, jeder ist willkommen, der sich für die Geschichte interessiert. Auch alte Zeitungsbänden werden hier aufbewahrt.

Was Phillip Salvesen zu einem weiteren Anliegen seinerseits bringt: Dass eben noch mehr Menschen auf seine Arbeit aufmerksam werden und auch erfahren, dass diese Vollzeitstelle einiges bewirkt. Auch daran will er arbeiten: „Ich denke und hoffe schon, dass ich die kommenden Jahre hierauf aufbauen kann.“ Der neue Stadtarchivar scheint also bereits bestens angekommen zu sein.


Öffnungszeiten und Ansprechpartner im Waldkirchner Stadtarchiv, Phillip Salvesen, Ringmauerstraße 14, ✆ 08581/20258, E-Mail: stadtarchiv@waldkirchen.de

Geöffnet von Dienstag bis Donnerstag jeweils von 8.30 Uhr bis 12. 00 Uhr und von 13.30 Uhr bis 16.30 Uhr, Montag und Freitag nach Vereinbarung.