Plattling
Stimmung: Will der Stadtrat digital an Sitzungen teilnehmen?

Junge Liste spricht sich klar dafür aus – Bayernpartei lehnt strikt ab – Freie Wähler zeigen sich verhalten

07.04.2021 | Stand 18.09.2023, 5:23 Uhr

Via Webcam zur Stadtratssitzung zuschalten? Rechtlich ist dies möglich. Doch der Stadtrat müsste dieser Variante zustimmen. −Foto: Häusler

Damit Ausschuss- oder Stadtratssitzungen via Videokonferenz stattfinden können, bedarf es einer Zweidrittelmehrheit. Gesetzlich besteht die Möglichkeit einer Hybridsitzung nun auch in Bayern: Ein Teil der Räte könnte vor Ort teilnehmen, während der andere Teil der Sitzung digital beiwohnt. Die Junge Liste (JL) hatte zuletzt gefordert, diesen Weg einzuschlagen. Doch wie halten es die Fraktionen und Gruppierungen im Plattlinger Stadtrat mit dieser Idee?

Mit den beiden Stimmen der Bayernpartei (BP) ist jedenfalls nicht zu rechnen, wie die PZ auf Nachfrage von Roland Unholzer erfährt. "Wir lehnen diese Art von Hybrid-Sitzungen strikt ab!", antwortet er. Losgelöst davon wollte die PZ auch wissen, wie die Fraktionen und Gruppierungen zu einem Livestream für Bürger stehen. Auch hier ist Unholzer deutlich: "Es gibt öffentliche Sitzungen und wer sich dafür interessiert, kann gerne zu den Sitzungen kommen."

Im Namen der Freien Wähler sagt Reinhold Leuschner: "Solange es rechtlich möglich ist und alle Hygienemaßnahmen wie bisher immer eingehalten werden, tendiere ich dazu, Stadtrats- und Ausschusssitzungen als Präsenzsitzungen durchzuführen. Fraktionssitzungen könnten dagegen ohne Weiteres als Videokonferenz durchgeführt werden." Er führt an, dass "das Gespräch mit direktem Blickkontakt gegenüber den Bürgermeistern, den anwesenden verantwortlichen Leitern der Verwaltung und den erforderlichen eingeladenen Referenten persönlicher und direkter" sei. Außerdem lebe die Demokratie von sofortigen Fragen und Antworten. Er bezeichnet sich selbst als "Befürworter" der reinen Präsenssitzungen, würde notfalls aber auf die digitale Alternative zurückgreifen. "Wir müssen vorbereitet sein, notfalls auf die Möglichkeit der hybriden Sitzung ansatzlos umsteigen zu können. Dieses sollten wir im Stadtrat auch schnellstens beschließen und die technischen Voraussetzungen installieren." Einen Livestream anzubieten, über den "interessierte Bürger" die öffentlichen Sitzungen verfolgen können, befürwortet FW-Sprecher Leuschner.

Dass Andreas Bergmann und Thomas Emberger (beide JL) den Hybrid-Sitzungen zustimmen werden, steht außer Frage. Sie betonen aber: "Wir weisen darauf hin, dass diese Form der Sitzung natürlich die Präsenzteilhabe nicht ersetzen, aber hoffentlich ergänzen soll!" Es wäre ein Meilenstein in der Vereinbarkeit von politischem Ehrenamt und Familie, Ausbildung oder Studium. "Somit kann man auf längere Sicht auch wieder mehreren Bevölkerungsgruppen ein Mandat ermöglichen", heben die beiden hervor.

Verständnis für verärgerte Bürger

Des Weiteren sei die digitale Teilhabe vor allem in der jetzigen Pandemie-Situation umso erstrebenswerter, um "Kontakte zu reduzieren und trotzdem bei Entscheidungen in voller Besetzung präsent zu sein und kompetent mitzuwirken". Der Schalter dafür lasse sich nicht von heute auf morgen umlegen. "Allerdings haben wir bereits von Geschäftsleiter Josef Hofmeister die ersten Ideen und Umsetzungsmöglichkeiten erhalten", so Bergmann und Emberger. Der digitale Weg sollte zeitnah in einer Ausschusssitzung getestet werden.

Natürlich würden sie selbst diese Variante gerne in Anspruch nehmen, vor allem während der Pandemie. "Kontakte sollen reduziert, aber Gremiumssitzungen in voller Besetzung via Präsenzteilhabe abgehalten werden, da verstehen wir jeden Bürger, der sich ärgert", antworten die JL-Stadträte auf PZ-Nachfrage. "Wir tragen Verantwortung und sollten mit gutem Beispiel vorangehen." Aber nicht nur auf die Pandemie bezogen, sondern auch bezüglich der nächsten Jahre sei dies ein wunderbares Angebot, wenn der Job eine Präsenzteilnahme nicht zulassen würde, aber eine digitale Teilhabe schon. Und Livestreams? "Warum sollte ein Livestream für den öffentlichen Teil der Sitzungen nicht zur Verfügung gestellt werden?", fragt die Junge Liste rhetorisch. Vielleicht könne man somit alle Generationen für Kommunalpolitik begeistern und die Menschen so zur Beteiligung an den Geschehnissen in Plattling anregen.

Von Markus Schmid, Fraktionssprecher der CSU, hat die PZ eine um Geduld bittende Antwort erhalten: "Wir werden in der nächsten Fraktionssitzung dieses Thema ausführlich diskutieren." Ähnlich antwortete auch Herbert Petrilak-Weissfeld, der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende. Seine Fraktion will das Thema vor der nächsten Stadtratssitzung am Montag, 19. April, besprechen.

Angesichts dieser Antworten lässt sich keine Prognose zum Abstimmungsverhalten des Stadtrats abgeben: Von Abneigung über verhaltene Zustimmung bis hin zu einem deutlichen Ja ist alles dabei.