Plattling
Ritterbund auf der Suche nach einer neuen Burg

09.11.2020 | Stand 18.09.2023, 5:00 Uhr

"Ob im heutigen Plattling unserer Zeit noch Platz für seinen Ritterbund ist, muss sich erst noch zeigen. Die Natternberger Recken haben jedoch ihre Hoffnung noch nicht aufgegeben", unterstreicht Großmeyster Neidhart von Reuental, Otto Rohrmüller (4.v.r.). −Foto: Ritterbund

Vor sechs Jahren waren die Recken des Natternberger Ritterbundes sehr froh, dass sie im Bischofshof ihre neue Burg einweihen konnten. Sie mussten nach einem Pächterwechsel ihre Burg im ehemaligen Apostelkeller im Preysinghof aufgeben und nach 35 Jahren schleifen. Mit der unerwarteten Möglichkeit, im Bischofshof eine neue Burg einzurichten, schöpften die Ritter und Sassen neuen Auftrieb und begannen sogleich mit der Planung und der Umsetzung ihres Burgenbaues. Mit viel Liebe zum Detail und Fleiß richteten sie sich ein und hofften wiederum, für längere Zeit nunmehr im Bischofshof bleiben zu können. Diese Zeit ist aber schon wieder rum.

Otto Rohrmüller, seines Zeichen Großmeyster Neidhart von Reuental, erläutert: "Zur sogenannten Burg eines dem Dachverband des Deutschen Ritterbundes angehörigen Bunde wie dem Natternberger Ritterbund zue Pledelingen gehört zur Einrichtung ein Hochsitz. Auf ihm nehmen der Großmeyster, der Burgpfaff und der Zeremoniar Platz, um das Kapitel, die Zusammenkunft, nach festem Ritual zu gestalten und zu leiten."

Vor dem Hochsitz befindet sich das Remter, hier nehmen die Sassen des Bundes Platz. Auch sie haben zum Teil verschiedene Ämter wie den Burghauptmann, den Herold, den Freigrafen oder den Kellermeyster inne.
Das Verließ wird nur selten benutztBevor man den Kapitelsaal betritt, durchschreitet man die Vorburg. Hier befindet sich der Empfang, das Kapitelbuch sowie das Verließ, das allerdings selten benutzt wird.

"Natürlich kommt beim Ritterbund der Humor nicht zu kurz, doch gleichzeitig streben die Recken nach den zwar althergebrachten, aber immer noch gültigen und werten ritterlichen Idealen wie Treue, Freundschaft, Ehrlichkeit, und Brüderlichkeit", erklärt Rohrmüller.

Dass ein Ritterbund keine von der gegenwärtigen Wirklichkeit abgetrennte Traumkapsel der Glückseeligen sein kann, ist den zugehörigen Recken wohl bewusst. Dennoch stelle das Kapitel für sie eine kleine Auszeit "aus den profanen Zwängen dar, weil es hier keine profanen gesellschaftlichen Unterschiede gibt".

Rohrmüller sagt: "Es klingt paradox, aber bei den Rittern begegnen sich die Menschen wirklich, weil man gerade hier keine feste Rüstung braucht um sich vor seinem Gegenüber zu schützen."

Im Frühjahr wollte der Natternberger Ritterbund sein 125-jähriges Bestandesfest feiern. Hierzu wurden zahlreiche Ritterbünde aus deutschen und österreichischen Gauen mitsamt den Burgfrauen eingeladen. Ein Festgottesdienst, eine Stadtrundfahrt mit einem Nostalgiebus, eine in Gruppen eingeteilte Stadtführung durch Plattling und "das Festkapitel mit Tanzmusik im nachfolgenden Gaudium" waren schon organisiert.

Allerdings machte die "Corona-Geißel", so der Großmeyster, auch dem Natternberger Ritterbund einen Strich durch ihr Vorhaben. Dass der Natternberger Ritterbund vor 125 Jahren durch den Plattlinger Brauereibesitzer Josef Leipold mit zwei Mitbegründern (Johann Nepomuk Weichhart und Josef Nothaft) ins Leben gerufen wurde, konnte also nicht gefeiert, sondern musste auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Auch die Kapitelabende und Treffen konnten nicht mehr begangen oder getätigt werden, als der allgemeine Lockdown beschlossen wurde.

Als die Recken des Natternberger Ritterbundes gerade wieder Schwung holen wollten, traf sie die Nachricht vom Verkauf des Bischofshofes. Ihre schlimmste Befürchtung, dass der Ritterbund wohl erneut seine Burg aufgeben muss, bewahrheitete sich nun, da diese Räumlichkeit vom neuen Besitzer einer anderen Verwendung zugeführt werden soll.
Die verzweifelte Suche nach einem neuen RaumBis Ende des Jahres wird der Natternberger Ritterbund seine Burg geschliffen und an den neuen Besitzer übergeben haben. Nun sucht der Natternberger Ritterbund verzweifelt nach einem neuen Raum. Wie es, oder ob es mit dem Natternberger Ritterbund zue Pledelingen nun weitergeht, ist Rohrmüller zufolge schwer einzuschätzen. Vieles hat dieser Ritterbund schon überdauert: zwei Weltkriege, das Verbot während der NS-Zeit und vielerlei Ortswechsel in Plattling. So war der Ritterbund schon in der Leipold-Brauerei (heute Hefele), in der Alten Post, im Aldersbacher Hof, im Gasthaus zur Alm, im Preysinghof und eben im Bischofshof beheimatet.

Viele Ritterbünde wie auch die "Halser" in Passau oder die "Hilgartsberger" in Osterhofen konnten sich nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wiederfinden und fielen ihrer Zeit zum Opfer. Auch nach dem Zusammenbruch der DDR waren dort nur noch zarte Pflänzchen übrig, da hier noch weitere 40 Jahre stramme Staatsführung überdauert werden mussten.

"Ob im heutigen Plattling unserer Zeit noch Platz für seinen Ritterbund ist, muss sich erst noch zeigen. Die Natternberger Recken haben jedoch ihre Hoffnung noch nicht aufgegeben", unterstreicht der Großmeyster.

− pz