Osterhofen
Ein Tag der Besinnung

Pfarrerin Barbara Kovarik erklärt Bedeutung des Buß- und Bettages

17.11.2020 | Stand 25.10.2023, 11:22 Uhr

Der Altar ist für den Ewigkeitssonntag mit Kerzen bestückt. Das Lila des Schmucktuches steht für Besinnung und Gebet. −Foto: Vogl

Obwohl der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag abgeschafft worden ist, bleibt er dennoch ein wichtiger kirchlicher Feiertag. Für evangelische Christen stehen an diesem Tag vor allem die persönliche Besinnung und Neuorientierung im Mittelpunkt. Wichtige Aspekte, die in Zeiten von Corona noch mehr an Bedeutung gewinnen.

Pfarrerin Barbara Kovarik leitet die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Osterhofen. Sie wird in dieser Woche gleich zwei wichtige Gottesdienste abhalten . Denn nach dem heutigen Buß- und Bettag wird Ende der Woche auch der Ewigkeitssonntag begangen – die evangelische Entsprechung von Allerseelen.

Für den Buß- und Bettag ist die kirchliche Feier für den Abend angesetzt. Auch um Berufstätigen den Besuch zu erleichtern. "In anderen Gemeinden finden die Gottesdienste am Vormittag statt. Auch hier hat jeder evangelischer Christ die Möglichkeit, teilzunehmen. Der Arbeitgeber gibt für die Ausübung der positiven Religionsfreiheit auf Nachfrage frei", so Kovarik.

Denn seit fast einem Vierteljahrhundert ist der Buß- und Bettag kein gesetzlicher Feiertag mehr. Eine Entscheidung, die aufgrund der damals neuen Pflegeversicherung gefällt wurde. "Man wollte die Mehrbelastung der Arbeitgeber, die durch die Versicherung entstand, durch Mehrarbeit der Arbeitnehmer ausgleichen", erklärt Barbara Kovarik.

Doch das Modell sei laut Pfarrerin nicht aufgegangen. Deshalb bedauere sie, dass es den Feiertag in seiner alten Form nicht mehr gibt. Vor allem, da der Buß- und Bettag auf eine lange Geschichte zurückzuführen ist: Zu Notzeiten, beispielsweise bei drohender Kriegsgefahr, fanden mancherorts einmal monatlich solche Buß- und Bettage statt. "Aus dieser Praxis entwickelten sich die regelmäßig gefeierten Buß- und Bettage. Die Eisenacher Konferenz befasste sich 1853 und 1878 mit der Einführung eines allgemeinen Buß- und Bettages am Mittwoch vor dem letzten Sonntag nach Trinitatis", so Barbara Kovarik.

Im Gegensatz zu heute hatten diese Tage früher einen öffentlichen Charakter. Die Bevölkerung wurde zum Gebet und zur Buße aufgerufen. Dies hat sich im Laufe der Zeit stark verändert: "In den Vordergrund rückte ein auf den einzelnen bezogenes Verständnis von Buße und Bitte. Es wurde Brauch, diesen Tag zum Nachdenken über sich selbst, sein Leben und zur eigenen Gewissensprüfung zu nutzen." Doch oft würde die Wichtigkeit des Feiertages in Vergessenheit geraten. Allerdings nicht nur bei diesem: "Leider verlieren viele kirchliche Feiertage über die Zeit an Bedeutung, was sehr schade ist. Es spiegelt den heutigen Zeitgeist wieder", bedauert Kovarik.

Dabei können solche Tage besonders in Zeiten wie diesen viel geben. Bei großem Stress oder schlimmen Ereignissen sei es hilfreich vertraute Gebete zu sprechen. So sei beispielsweise das "Vater Unser" ein Gebet, das in sämtlichen Situationen passe. In schlimmen Zeiten solle man diese Gebete bewusst sprechen und dabei bedenken, dass man nicht alleine ist. "Gott ist da", sagt die Geistliche.

Das gelte aber nicht nur für evangelische Christen. Denn beide Konventionen würden viel gemeinsam haben. "Es gibt nur zwei Feiertage, die sich unterscheiden. Das sind der heutige Feiertag und der Reformationstag. Wir haben viel mehr gemeinsam als uns trennt. Gerade jetzt leben wir in Zeiten, in denen das Gemeinsame mehr Fokus finden sollte."

In diesem Sinne kann sie allen Menschen insbesondere eines mitgeben: "Wie es immer kommen möge: Gott ist da – im Gottesdienst mit Maske oder in Quarantäne beim Gebet."