Auflösung droht
Gartenbauverein Hengersberg braucht neuen „Chef“

18.10.2023 | Stand 18.10.2023, 5:00 Uhr
Robert Fuchs

Zum Thema „Alte Gemüsesorten – neuer Geschmack“ referierte Bärbel Steinberger beim Gartenbauverein Hengersberg, wofür sich Winfried Wandinger (links) bedankte.  − Foto: Robert Fuchs

Nach dem altersbedingten Rücktritt von Winfried Wandinger und der sich anschließenden längeren Suche war im April 2022 mit Michael Schropp aus Niederalteich ein Nachfolger als Vorsitzender des Gartenbauvereins Hengersberg gefunden. Nach nicht mal einem Jahr ist Schropp im Frühjahr 2023 aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt zurückgetreten. Insgesamt gestaltet sich die Suche nach einem Nachfolger schwierig. Das ist das Ergebnis der Jahreshauptversammlung am Sonntag.

Die kommissarische Leitung des 335 Mitglieder zählenden Vereins hatte Winfried Wandinger übernommen, der sich 2022 bereiterklärt hatte, eine Wahlperiode von vier Jahren als stellvertretender Vorsitzender weiterzumachen. Bei der Jahreshauptversammlung fand sich auch trotz des eindringlichen Appells von Wahlleiter Bürgermeister Christian Mayer kein neuer Vorsitzender. Sollte sich bis zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung kein Vorsitzender hervortun, wäre der nächste Schritt die Auflösung des Vereins.

Die weiteren Vorstandsposten sind vergeben



Die weiteren Vorstandsposten standen nicht zur Wahl und sind bis 2026 in festen Händen, was es einem Vorsitzenden deutlich leichter machen würde, meinte Winfried Wandinger, darauf verweisend, dass die Wahlperiode des Vorsitzenden bis zu den Neuwahlen nicht wie üblich vier, sondern nur gut zweieinhalb Jahre betragen würde. Wandinger wird die Amtsgeschäfte bzw. die Vereinsführung kommissarisch bis zur Auflösung weiterführen, was sehr traurig wäre, war der Gartenbauverein Hengersberg in den über 100 Jahren seines Bestehens immer ein fester Bestandteil des Gesellschaftslebens im Markt Hengersberg. Wandinger hofft, doch noch einen Vorsitzenden „aus dem Ärmel schütteln zu können“.

Bei der Jahreshauptversammlung im Niederalteicher Hof stand neben den Berichten von Vorstand und Kassier ein Vortrag von Bärbel Steinberger aus Leiblfing zum Thema „Alte Gemüsesorten – neuer Geschmack“ auf der Tagesordnung.

Winfried Wandinger blickte auf das Jahresgeschehen mit dem Schwerpunkt der 100-Jahrfeier im Oktober 2022 und einem Referat von ihm zur Geschichte des 1922 gegründeten Vereins zurück. Daneben standen ein Baumschneidekurs, der Pflanzenflohmarkt, der Besuch der Landesgartenschau in Freyung und die Teilnahme am Trauergottesdienst des ehemaligen Vorsitzenden und Ehrenvorsitzenden Erich Ketzer im Rampenlicht der Vereinsaktivitäten. Als Termin nannte Wandinger die Abhaltung eines Gedenkgottesdienstes für die verstorbenen Mitglieder am 26. November. Ob man sich wie zuletzt mit einem Stand am Christkindlmarkt in Hengersberg beteiligen wird, stehe und falle mit der Wahl eines Vorsitzenden.

Vortrag über Gemüsesorten aus fremden Ländern



Dass die Kassengeschäfte bei Silke Schmidt-Rohrmeier in besten Händen sind, bestätigte Gotthard Zacher, der mit Maren Lex die Prüfung vornahm, bei der es nichts zu beanstanden gab.

Versammlungshöhepunkt war der Vortrag von Bärbel Steinberger, die zu verstehen gab, dass viele alte Gemüsesorten durch Völkerwanderungen, Entdeckungsreisen und den Handel in die Heimat mitgebracht und dort weiterentwickelt wurden. Daraus sind regionale Sorten entstanden, die mit den jeweiligen Boden- und Klimabedingungen zurechtkamen und Grundlage regionaltypischer Spezialitäten wurden. Die Einführung neuer, ertragsoptimierter Kulturarten verdrängte die bis dahin zum Überleben wichtigen Nutzpflanzen. Beispielsweise mussten Gartenmelde und „Guter Heinrich“ dem Spinat weichen. Alte Sorten sind bestens an das regionale Klima und die Böden angepasst und oftmals resistenter gegenüber Pflanzenkrankheiten, Schädlingsbefall sowie Kälte- und Trockenperioden. Laut Steinberger sind die Samen dieser Pflanzen ein wertvolles Kulturgut. Die alten Gemüse überraschen mit einer Vielfalt von Formen, Farben und Aromen, die intensive Geschmackserlebnisse ermöglichen. Traditionelle Sorten wie Mangold, Baumspinat und Portulak kehren in heimische Gärten zurück, meinte Steinberger, die in ihrem 2017 herausgegebene Ratgeber „Traditionelle & regionale Gemüsesorten neu entdecken“ über 60 Gemüsesorten vorstellt, von der Mairübe über Ampfer und Melde, der Wassernuss, Spargelerbse und Topinambur bis hin zur Pastinake, dem Bamberger Hörnchen und Tomaten. Die Gemüsesorten werden mit Informationen zu Geschichte, typischen Eigenschaften und Erhaltung sowie Tipps zum Anbau, zu Ernte und Lagerung vertieft. Außerdem werden Verwendungsmöglichkeiten in der Küche aufgezeigt, mit Rezepten unterlegt.

„Gärten machen eine Gemeinde lebenswert“



Bärbel Steinberger lebt mit ihrer Familie auf einem Einödhof in Niederbayern. Sie studierte Gartenbau an der FH Weihenstephan und ist als selbstständige Gartenplanerin tätig. Ihr Gemüse-Ratgeber kann über den BLV-Buchverlag München unter der ISBN 978-3-8354-1703-8 erworben werden.

Christian Mayer verwies in seinem Grußwort auf die lange Geschichte des Gartenbauvereins Hengersberg und die immer gute Zusammenarbeit mit dem Markt Hengersberg. Gärten und deren sinnvolle Gestaltung machten eine Gemeinde aus und lebenswert, so Mayer, wozu der Gartenbauverein seinen Teil beitrage. Er forderte die Verantwortlichen auf, alles Erdenkliche zu unternehmen, den Gartenbauverein in gewohnter Weise auch ins nächste Jahrzehnt zu führen.