Nix Halbherziges in Buchet
„Dreiviertelblut“ begeistern bei den Stadlklängen

07.04.2024 | Stand 07.04.2024, 15:04 Uhr
Josefine Eichwald

Da kletterte das Stimmungsbarometer auf „Hoch“: „Dreiviertelblut“ im Kulturstadl. − Foto: Eichwald

Mehr an ebenso makabrem wie morbidem und überwiegend volltönendem Sound-Mix geht nicht. Mehr Besucher passten auch kaum rein in den Kulturstadl vom Gstettenbauer, als am Freitagabend „Dreiviertelblut“ zum dritten Mal in Buchet Station machte. Das ist das Verdienst von Maria Bruckbauer; die Landshuter Kulturagentin, die sich mittlerweile in den Ruhestand zurückgezogen hat, aber für „den Thomas“ (Gstettenbauer) weiterhin die Stadlklänge und den Stubnsound managt, hat die Band schon engagiert, als „Dreiviertelblut“ noch nicht mal in München bekannt war.

Über 300 Zuhörer, darunter Landrat Bernd Sibler mit Frau Michaela und Graf Arco-Brauereidirektor Georg Reichert feierten die Musiker um Sänger Sebastian Horn und Gitarrist und Sänger Gerd Baumann, die erst nach drei Stunden mit dem „Deifedanz“ ihr „Gemma hoam“ einleiteten. Da hatte die Band, die das Publikum gar nicht entlassen wollte und lauthals und mit viel Applaus feierte, nicht nur über die „Ewige Wolke“ philosophiert oder das „Liedeslied“ dargeboten, sondern auch die launige Zugabe von „Im Mai“ gespielt, in der es heißt: „ ... wennst mi fragst kannt ois weida geh bis auf die Zeit...“

Halbherzige Sachen sind nicht das Ding der sieben Musiker: Mit Horn und Baumann bescherten Dominik Glöbl (Trompete), Benny Schäfer (Kontrabass und Tuba), Florian Riedl (Klarinette) Flurin Mück (Schlagzeug) und Luke Cyrus Goetze (Lapsteel-Gitarre) einen Abend der Superlative und der guten Stimmung; die ging mit ausgelassen-fröhlichem Treiben der Protagonisten einher, auch mit poetischen und fiktiven Erzählungen und mündete darin, dass am Ende des Konzerts etliche Paare vor der Bühne tanzten.

Sprachliche und szenische Akrobatik



Das Programm dominierten Titel aus dem vierten Album, „Plié“, 2022 erschienen, mit vielschichtigeren, auch ernsteren und kritischeren Inhalten wie „Das Lied vom unbekannten Soldaten“ mit den Textzeilen „Es hod mi wer daschossen, aber es hod eam ned vui bracht, hat fünf Minutn länger glebt, jetz werd a nimmer wach“ oder „Ast vom Baam“, das umgekehrt entfernte Assoziationen zu „Drunt in der greana Au“ zulässt. Freilich sind die Geschichten, die die Künstler musikalisch aufbereiten, oft furchterregend, bieten aber dank skurriler Anklänge und verquerer Gedankensprünge allen Traurigkeiten dieser Welt ordentlich Paroli.

Musikalisch eingebettet sind sprachliche und szenische Akrobatik, wie etwa die unvergleichlichen „Verrenkungen“ Glöbls samt der Trompete, in eine Mischung aus Jazz und Polka, aus Swing und Klängen, die einem Begräbnis angemessen sind. Die dichte Klangmischung kam gut an.

Nicht zu vergessen, die zu Hauf verqueren und düsteren Gedankengänge auf Bairisch, auf die Baumann und Horn ihr Publikum mitnahmen und den ebenso süffisanten („Wer Wahrheit spricht, braucht ein schnelles Pferd“) wie sarkastischen Plaudereien des Duos: „Gut, dass du Shakespeare kennst“, sagt Baumann zu Horn, nachdem dieser aus Macbeth zitiert hat: „Der Kummer, der nicht spricht, nagt an deinem Herzen, bis es bricht“, bevor Baumann seine Schafsgedichte zitierte: „Ein Schäfer zählte seine Schafe und stellte fest, dass eines fehlte, das stand hinter ihm ganz brav, weil es nämlich Schäfer zählte.“ Diese Kombination aus dichtem Sound, etlichen phantastischen Soli, Interpreten mit einer diabolischen Freude am Herumalbern oder den gezielt eingesetzten lakonischen Äußerungen Baumanns, lässt diesen dreistündigen Abend nicht so schnell vergessen.